Frage an Birgit Sippel von Gerhard D. bezüglich Energie
Sehr geehrte Frau Sippel,
Wie erklären Sie Ihre Ablehnung von Nordstream 2 und Ihre Zustimmung zum Green Deal ?
Warum ist preiswerte, umweltfreundliche, verbraucherfreundliche Energie aus russischem Erdgas schlecht für Europa ? Warum wollen Sie ein fast fertiges Projekt kippen ? Halten Sie alternative Kraftstoffe für unwichtig, wenn es um zukünftige Mobilität geht ?
Sehr geehrter Herr Dochow,
vielen Dank für Ihre Frage bezüglich meiner Stimmabgabe zu den zwei Themen Nordstream 2 und Green Deal.
In den Abstimmungen am 17. September 2020 zur Lage in Russland, dem Giftanschlag auf Alexei Nawalny, am 10. Februar 2021 zum Bericht über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine sowie am 29. April 2021 zu Russland: der Fall Alexei Nawalny, der Aufmarsch von Streitkräften an der ukrainischen Grenze und russische Übergriffe in der Tschechischen Republik habe ich den Stopp von Nordstream 2 nicht unterstützt.
Ich begrüße, dass die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Ukraine auf politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, kulturellen und anderen Ebenen verbessert werden soll. Allerdings wird im Bericht der Stopp von Nordstream 2 gefordert, weswegen ich im Bericht über die Umsetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine am 10. Februar 2021 gegen den Baustopp von Nord Stream 2 gestimmt habe.
Unabhängig hiervon habe ich im Rahmen des Green Deals, der eine ganze Sammlung an Gesetzen enthält, am Donnerstag, 24. Juni 2021 für eines der wichtigsten Gesetze in diesem Rahmen - dem EU-Klimagesetz - gestimmt. Damit wird das Ziel der Treibhausgas-Neutralität bis 2050, die Einführung eines EU-Treibhausgasbudgets und eines neuen wissenschaftlichen EU-Klimabeirats gesetzlich festgeschrieben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Birgit Sippel
Anhang:
Der Vollständigkeit halber möchte ich Ihnen hier noch eine kurze Begründung für die Fortführung von Nordstream 2 hinzufügen: Aus sozialdemokratischer Sicht ist es nicht zielführend, die vertiefte Kooperation mit der Ukraine und Nordstream 2 miteinander zu verbinden. Um mögliche Nachteile für die Ukraine bei der Gaslieferung abzufedern, gibt es eine russisch-ukrainische Vereinbarung, die der Ukraine für weitere fünf Jahre Einnahmen aus dem Gastransport garantiert. Eine Investitionsruine in der Ostsee würde der Ukraine nichts nützen. Zudem würde Russland aufgrund eines Stopps von Nordstream 2 seine Ukrainepolitik nicht ändern. Lediglich würden die Transit- und Ausfallrisiken höher, wenn auf eine moderne und effiziente Leitung verzichtet würde. Eine normative Begründung für den Stopp von Nordstream 2 bleibt in der europäischen Energiepolitik inkonsistent. Nach wie vor bezieht die EU Öl und Gas von autoritären Regimen.
Deshalb ist langfristig nur eine funktionierende wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland geeignet, eine kooperative Sicherheitsarchitektur in Europa zu schaffen, die den Frieden sichert und die zivilgesellschaftlichen Kräfte für Demokratie und Bürger*innenrechte stärkt. Das ist eine wichtige Erfahrung aus der Entspannungspolitik von Willy Brandt.