Wie kann man die Bildung und Erziehung verbessern was denken sie
Bitte alles aufzählen was sie denken
PS: Sie waren echt gut bei der Podiumsdiskussion in Hamm
Lieber Herr P.
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre netten Worte zur Podiumsdiskussion in Hamm.
Gerne möchte ich Ihre Anfrage wie folgt beantworten. Es ist von entscheidender Bedeutung, weiterhin auf soziale Gerechtigkeit durch Bildung zu drängen und sicherzustellen, dass alle Lernenden Zugang zu qualitativ hochwertiger, öffentlich finanzierter Bildung und zu Möglichkeiten des lebenslangen Lernens haben. Darüber hinaus zeigen die beunruhigenden Zahlen des OECD-Programms zur internationalen Schülerbewertung (PISA), dass die Leistungen der Schüler in der EU deutlich zurückgehen. Es ist daher höchste Zeit, dass Bildung als Investition in die Zukunft und nicht als Kostenfaktor betrachtet wird. Wenn wir wollen, dass die EU im Bereich der Innovation führend ist, müssen wir Bildung und den Zugang zu Bildungsmöglichkeiten für alle in allen ihren Aspekten und in allen Lebensphasen ganz oben auf unsere politischen Prioritäten setzen.
Zu diesem Zweck sollten wir
- eine Strategie fordern, die den Europäischen Kulturraum, den Europäischen Hochschulraum, den Europäischen Forschungs- und Innovationsraum und den Europäischen Bildungsraum miteinander verknüpft, um den sozialen Nutzen für die gesamte EU zu maximieren. Dies ist eine Grundlage für die weitere Entwicklung hin zu einer wissensbasierten, sozial gerechten und nachhaltigen Gesellschaft, deren Zusammenleben vor allem durch die Nutzung aller zukünftigen technologischen Möglichkeiten der Digitalisierung geprägt sein wird.
- Weiterhin darauf drängen, dass EU-weit mindestens 10 % des BIP der Mitgliedstaaten in Bildung investiert werden. Dies sollte sich deutlich in der Berichterstattung der Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-Semesters widerspiegeln.
- Vollendung des Europäischen Bildungsraums über 2025 hinaus: Dies sollte nicht nur die rechtzeitige Erreichung des nachhaltigen Entwicklungsziels in der Bildung bis 2030 sicherstellen, sondern auch den wachsenden Bedarf an hoch qualifizierten Arbeitskräften in allen Einkommensgruppen und Berufen decken. Wir legen Wert auf einen ganzheitlichen Bildungsansatz, der formale und nicht-formale Aspekte gleichermaßen anerkennt und fördert.
- Wir wollen den Wert und die gesellschaftliche Bedeutung von Bildung in den Bereichen Kunst, Sport und Medien hervorheben, damit alle Menschen (selbstkritisch) und kreativ an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben können.
- Die Aufwertung des Lehr- und Bildungspersonals weiter vorantreiben, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken und den Beruf wieder attraktiver zu machen, um den Abwärtstrend zu stoppen und umzukehren.
- Ehrgeizigere und umfassendere Anstrengungen zur Förderung von Integration und Vielfalt und zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder aus anderen Gründen. Wir wollen proaktive Maßnahmen, um mehr Mädchen und Frauen für STEAM und Spitzenleistungen zu gewinnen. Menschen mit Migrationshintergrund sollten nicht diskriminiert, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten und ihres Potenzials geschätzt werden, was einen echten EU-Aktionsplan für Integration durch Bildung erfordert. Diese Ziele sollten sich auch im System der europäischen Schulen widerspiegeln.
- Den derzeitigen Schwerpunkt der Bildungspolitik, klar auf Hochschulbildung fokussiert, neu ausrichten. Die Hochschulbildung ist von entscheidender Bedeutung, aber die Maßnahmen der EU müssen der beruflichen Bildung und dem lebenslangen Lernen einen höheren Stellenwert einräumen. Insbesondere die Erwachsenenbildung ist für den Aufbau und die Bindung eines EU-Talentpools von entscheidender Bedeutung. Wir wollen die Durchlässigkeit der Bildungswege verbessern, damit jeder seine Berufung verwirklichen kann.
- Die Förderung durch Erasmus+ erhöhen, damit alle junge Menschen, die dies wünschen, unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Hintergrund zumindest einmal an dem Programm teilnehmen können. Die soziale Inklusion muss dringend besser in die Programmumsetzung integriert werden, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten abzudecken. Wir fordern eine Nachhaltigkeitsstrategie für Erasmus+, um sicherzustellen, dass Kooperationen, Einrichtungen, Projekte oder Initiativen, die ursprünglich durch das Programm ins Leben gerufen wurden, nach dem Auslaufen der Förderung durch Erasmus+ problemlos weitergeführt werden können, insbesondere für Hochschulallianzen, Lehrerakademien und Exzellenzzentren in der Berufsbildung, und weitere Exzellenz in der Vernetzung und Zusammenarbeit zu fördern. Generell wünschen wir uns weitere Fortschritte bei den Zielen der Inklusion und der Ökologisierung des Programms.
- Die Bildungsmobilität in allen Altersgruppenerleichtern, damit alle Menschen, unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund, Chancen im Ausland wahrnehmen können. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Mitgliedstaaten die gegenseitige automatische Anerkennung von Qualifikationen und Lernzeiten im Ausland erreichen, um die Mobilität in allen Bereichen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern und zu unterstützen.
- Frühkindliche Bildung und Betreuung neu denken: In einer zunehmend dynamischen Welt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Einrichtungen der frühkindlichen Bildung, beginnend mit den Kindergärten und Vorschulen, den Kindern den Sinn und die Grundkenntnisse vermitteln, die sie zur Bewältigung des Wandels benötigen. Einrichtungen in der gesamten EU sollten gesetzlich verpflichtet werden, dafür zu sorgen, dass jedes Kind bis zum Eintritt in die Grundschule zumindest die Sprache des Mitgliedstaates, in dem es lebt, beherrscht, lernen kann und soziale Fähigkeiten entwickelt hat. Die finanziellen Mittel zur Erfüllung dieser Verpflichtung sind sicherzustellen.
- Interkulturelles Verständnis und humanistische Werte systematischer vermitteln. Dies erfordert eine europäische Strategie für die politische Bildung in Europa, um die Zugänglichkeit und Qualität der politischen Bildung in den Lehrplänen aller Mitgliedstaaten für alle Altersgruppen zu verbessern. Eine solche Strategie würde zur Entwicklung eines Zugehörigkeitsgefühls beitragen und junge Menschen in die Lage versetzen, eine aktive Rolle beim Aufbau friedlicherer, gerechterer und umweltfreundlicherer Gesellschaften zu spielen. Auch der Geschichtsunterricht sollte als wesentlich für das gegenseitige Verständnis, das historische Gedenken und die Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft angesehen werden. Eine solche Strategie sollte auf die Einführung systematischer Maßnahmen abzielen, wie z.B. die Aufnahme eines Moduls zur europäischen Bürgerschaft in alle EU-Mobilitätsprogramme, insbesondere Erasmus+.
- Wir wünschen uns eine direktere Verbindung zwischen Sozialpolitik und Bildung, Ausbildung und lebenslangem Lernen. Dies erfordert eine Aufwertung des Lehrens und Lernens von Soft Skills wie kritischem Denken, Medienkompetenz und sozialer Medienkompetenz, die alle zu aktiver Bürgerschaft und demokratischer Debatte beitragen. Die Bildungssysteme sollten auch der musischen und sportlichen Erziehung einen höheren Stellenwert einräumen. Die Bildungspolitik muss der psychischen Belastung und Belästigung junger Menschen, einschließlich Mobbing und Ghosting in der Schule, mehr Aufmerksamkeit widmen.
- Wir müssen der Qualität und Zugänglichkeit der digitalen Bildung mehr Priorität einräumen, um die fortbestehenden regionalen, sozialen, geschlechts- und altersspezifischen Unterschiede zu beseitigen. Darüber hinaus sollte ihr Potenzial, den Unterricht an die Bedürfnisse der Lernenden anzupassen, besser in die Eingliederungspolitik integriert werden, um Lernschwierigkeiten zu überwinden.
- Nicht zuletzt müssen wir sicherstellen, dass der EU-Rechtsrahmen für künstliche Intelligenz (KI) die hohen Risiken im Bildungsbereich berücksichtigt, um ein Bildungssystem zu schaffen, das frei von unangemessener Überwachung oder willkürlichen Entscheidungen ist.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Klarheit verschaffen.
Mit besten Grüßen
Birgit Sippel