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Birgit Reinemund
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Frage von Frank N. •

Frage an Birgit Reinemund von Frank N. bezüglich Finanzen

Werte Frau Dr. Birgit Reinemund,

nach dem die Affäre Ulli Höness ans Licht gekommen ist, frage ich mich, ist den die Selbstanzeige so noch vertretbar? Ist denn die Selbstanzeige nicht ein moderner Ablasshandel?
Sind Sie nicht auch der Meinung, das eine kriminelle Tat, wie die Steuerhinterziehung nicht hart bestraft werden muss, egal, wer sie begeht.
Muss man nicht die Strafen für Steuerhinterziehung zur Abschreckung erhöhen?
Es darf niemand straffrei ausgehen, wenn jemand Millionen hinterzieht, vielleicht über Jahre, dann sind die Strafandrohungen bei Selbstanzeige doch nur ein Taschengeld für diese Herren und Damen. Es bleibt dann immer noch genügend übrig.

Ich hoffe Sie setzen sich dafür ein, das solche Menschen härter bestraft werden,

Danke
Frank Neumann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Neumann,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Steuerhinterziehung und Steuerbetrug sind kein Kavaliersdelikt und werden je nach Schwere des Vergehens auch mit Gefängnisstrafen geahndet. Die Höhe der Strafe wird von den Gerichten festgelegt.

Die strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht ist eine wichtige Brücke zurück zur Rechtstreue. Nach dem Steuerrecht gibt es eine Mitwirkungspflicht der Bürgerinnen und Bürger. Danach muss der Bürger dem Staat bezüglich seiner Einkünfte die Wahrheit sagen. Gleichzeitig gilt im deutschen Recht dass sich niemand selbst belasten muss, wenn er eine Straftat begangen hat. Diese Lücke wird durch die strafbefreiende Selbstanzeige geschlossen. Ein Bürger, der eine Steuerhinterziehung begangen hat, muss jederzeit die Brücke zur Ehrlichkeit nutzen können, um seiner Verpflichtung zur Mitwirkung nach dem Steuerrecht, der Wahrheitspflicht , nachkommen zu können. Und dies betrifft nicht nur die spektakulären Fälle: denn selbst eine versehentlich unvollständig ausgefüllte, verspätet abgegebene oder eine nachträglich korrigierte Steuererklärung gilt formal bereits als Steuerhinterziehung und diese sollte doch unbürokratisch korrigieren werden können.

Wir haben 2011 die Bedingungen zur strafbefreienden Selbstanzeige deutlich verschärft: diese ist heute nur noch möglich, wenn der Finanzverwaltung noch keine Hinweise vorliegen und die Selbstanzeige vollständig erfolgt, d.h. eine Teilanzeige ist nicht mehr möglich. Übersteigen Steuernachzahlung und Zinsen die Höhe 50.000 Euro, werden zusätzliche Strafzuschläge fällig.

Auch die Selbstanzeige in Steuersachen unterliegt übrigens dem Steuergeheimnis, was bei prominenten Fällen oft ´übersehen´ wird. Selbstverständlich sollte man geltendes Recht immer wieder auf seine Wirksamkeit prüfen. Von politisch motivierten Schnellschüssen halte ich jedoch wenig.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Birgit Reinemund