Frage an Birgit Reinemund von Erik W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Reinemund,
es gibt einen Twitter-Tweet, in welchem Sie die Aussage treffen "automatischen Informationsaustausch gibt es mit keinem Staat. Laut OECD-Abkommen müssen konkrete Anfragen gestellt werden." [1]
Laut Ihrem Twitter-Profil sind Sie die Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags [2].
Nach vielfachen Presseberichten ist innerhalb der EU der automatische Informationsaustausch vereinbart, mit Ausnahme Österreichs und Luxemburg wird dieser auch umgesetzt. Österreich und Luxemburg müssen den automatischen Informationsaustausch umsetzen, sobald die Schweiz und andere Drittländer diesen mit den EU-Staaten vereinbart haben [3].
Fragen:
-Habe ich die Angelegenheit korrekt dargestellt?
-Hat Deutschland mit verschiedenen Ländern einen automatischen Informationsaustausch vereinbart?
- Wie erklären Sie es sich, dass Sie als Vorsitzende des Finanzausschuss des Bundestags das Gegenteil behauptet haben?
- Denken Sie, es ist ein besonderer Leistungsausweis für eine Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestags, wenn diese ganz offensichtlich keine Ahnung in grundlegenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen, welche die Besteuerung betreffen, hat?
-Würden Sie mir widersprechen, wenn ich feststelle, dass die Schweizer Bankiervereinigung das geplante Steuerabkommen aus dem Grund entworfen hat, den automatischen Informationsaustausch mit Deutschland und anderen EU-Staaten zu verhindern [4]?
- Was denken Sie eigentlich, weshalb die Schweizer Bankiervereinigung auch in Zukunft Ausländern das Geschäftsmodell Bankgeheimnis anbieten und hohe Bankgebühren abverlangen können will und welchen Vorteil die Ausländer davon haben sollten, die das ja bezahlen müssten?
[1] http://tinyurl.com/9ha9kf9
[2] http://tinyurl.com/9edvrwr
[3] http://tinyurl.com/9uyx4dw
[4] http://tinyurl.com/9jr7tka
Mit freundlichen Grüßen Erik Wille
Sehr geehrter Herr Wille,
danke für Ihre Nachfrage, die mir die Gelegenheit gibt, ihr offensichtliches Missverständnisses über den Inhalt eines einzelnen Twitter-Tweeds aufzuklären. Es liegt in der Natur von Twitter, dass aufgrund der Zeichenbegrenzung Diskussionen nur sehr verkürzt geführt werden können. Die angesprochene Diskussion betraf das Doppelbesteuerungsabkommen und Zusatzabkommen Deutschlands mit der Schweiz. Selbstverständlich ist mir die EU-Zinsrichtlinie bestens bekannt, was der Autor und Sie wohl mit "automatischen Informationsaustausch" meinen. Diese wird bisher lediglich von 24 der 27 EU-Staaten umgesetzt und von keinem Nicht-EU-Staat. Die Schweiz ist bekannterweise kein EU-Mitglied. So ist auch mein von ihnen zitierte Twitter-Tweed im Zusammenhang der Gesamtdiskussion zu lesen: Wir haben mit keinem Staat einen automatischen Informationsausgleich in einem Doppelbesteuerungsabkommen oder Zusatzabkommen geschlossen, kein Nicht-EU-Staat setzt die EU-Zinsrichtlinie um. Diese kann auch nur begrenzt als automatischer Informationsausgleich bezeichnet werden, da sie nur natürliche Personen einbezieht und nur Zinsen betrifft - nicht anderen Kapitaleinkünfte wie Dividenden, die im Abkommen mit der Schweiz ebenfalls pauschal besteuert würden.
Dass die Schweizer Bankiervereinigung eigene Interessen vertritt, ist kein Geheimnis. An Vermutungen über deren Hintergedanken und Gebühren möchte ich mich nicht beteiligen. Mit dem Steuerabkommen mit der Schweiz werden in Zukunft Kapitaleinkünfte aus Konten deutscher Steuerzahler in der Schweiz in gleicher Höhe besteuert wie in Deutschland, so dass Steuerflucht künftig nicht mehr attraktiv sein wird. Diese Lösung ist realistisch umsetzbar. Zu erzwingen, dass die Schweiz als Nicht-EU-Staat und souveränen Rechtsstaat die EU-Zinsrichtlinie umsetzt, halte ich für unrealistisch.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Birgit Reinemund