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Birgit Reinemund
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Frage von Kathrin H. •

Frage an Birgit Reinemund von Kathrin H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Dr. Reinemund,

laut Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt wird in der industriellen Tierhaltung das Tierschutzgesetz regelmäßig gebrochen, weil bei Hühnern, Puten, Schweinen und Rindern routinemäßig Amputationen durchgeführt werden, die eigentlich nur in Ausnahmefällen erlaubt wären. Unerlaubt sind auch die Anbindehaltung bei Kühen bzw. Auffälligkeiten bei Langstreckentransporten (z.B. ungeeignete Transporter, Nichteinhalten von Fütter-, Tränk- und Ruhezeiten), wobei Amtstierärzte da gerne mal wegsehen und somit das Tierschutzgesetz brechen. Wir haben zwar eines, aber es wird nun mal immer wieder umgangen, und sehr streng ist es ebenfalls nicht - da haben unsere Nachbarn in Österreich und der Schweiz schon einiges mehr auf den Weg gebracht.

Ganz zu schweigen von derzeit noch erlaubten Praktiken wie die Kastration von Ferkeln ohne Betäubung - eine Barbarei sondersgleichen, für deren Abschaffung man sich stark machen sollte.

Ich finde es wichtig, dass Abgeordnete auf allen Ebenen genau hinsehen und sich für eine einigermaßen humane Nutztierhaltung einsetzen.

Was unternehmen Sie, um Gesetzesbrüche abzustellen bzw. um den Tierschutz voranzutreiben?

Mit freundlichen Grüßen
Kathrin Hentzschel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Hentzschel,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwach.de. Die von Ihnen angesprochenen Probleme mit den nicht-kurativen Eingriffen an Nutztieren, die nach dem Tierschutzgesetz nur im Ausnahmefall mit einer Erlaubnis durchgeführt werden dürfen, werden im Rahmen der Charta für Landwirtschaft und Verbraucher behandelt. Die Debatte muss aber sachlich geführt werden und wir können nicht einfach Amputationen verbieten, weil es für sie auch gute Gründe gibt. Sehr oft sind es Maßnahmen zur besseren Tiergesundheit, wie das zum Beispiel im Fall vom Kürzen der Schnabelspitzen beim Geflügel ist. Wenn die Schnäbel nicht kupiert sind, kann es vermehrt zum Federpricken und Kannibalismus kommen. Für diese Verhaltensstörungen gibt es verschiedene Ursachen und bis jetzt wurden keine sicheren Gegenmaßnahmen gefunden. Hier ist vor allem die Wissenschaft gefragt. Klar für uns ist, dass nicht Tiere den Haltungssystemen angepasst werden sollen, sondern umgekehrt. Im Zuge des Charta-Prozesses werden derzeitig gültige gesetzliche Vorgaben geprüft und sollten sie sich als änderungsbedürftig erwiesen haben, werden wir gesetzgeberisch eingreifen müssen. Der hohe Stellenwert des Tierschutzes in der Landwirtschaft und das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte kommen auch beim Thema der Ferkelkastration zum Tragen. Die betäubungslose Ferkelkastration steht schon seit einigen Jahren auf der politischen Agenda und nach einer langen Debatte unterzeichneten Vertreter der europäischen Land- und Ernährungswirtschaft sowie von Wissenschaft und Tierschutz eine Erklärung, nach der ab 2018 keine Ferkel mehr kastriert werden. Als Zwischenschritt ist vereinbart, dass die Kastration bereits ab 2012 nur unter Betäubung durchgeführt wird. Wie Sie sicherlich wissen, hat die FDP bereits 1992 in der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat vorgeschlagen, den Tierschutz verfassungsrechtlich als Staatsziel zu verankern. Unser Vorschlag fand zwar bei den Beratungen eine absolute Mehrheit, scheiterte jedoch am Widerstand von CDU/CSU. Im Jahre 2002 konnte endlich die Änderung der Verfassung auf der Grundlage eines Gesetzesentwurfes der FDP erfolgen. Auf diesen Meilenstein zur Verbesserung des Tierschutzes in Deutschland und das erfolgreiche Engagement der Liberalen sind wir sehr stolz. Konsequenter Einsatz für das Wohlergehen unserer Mitgeschöpfe ist Daueraufgabe für die FDP-Fraktion und mich persönlich. Grundsätzlich ist zu bemerken, dass der Tierschutz in Deutschland, im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten in Europa und außerhalb Europas, ein besonders hohes Niveau erreicht hat. Auch wenn der Tierschutz einem ständigen Überprüfen und Anpassen an neue gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse unterworfen werden muss, sollten die Leistungen der heimischen Landwirte zur Verbesserung des Tierschutzes in Deutschland anerkannt werden. Die deutschen Landwirte sind dem Tierschutzgedanken verpflichtet, denn das ist doch eine ganz einfach Rechnung: Die Tiere sind das Kapital der Betriebe. Dieses zu hegen und zu pflegen, vernünftig und gut zu behandeln, vor Krankheit zu schützen und ausgewogen zu ernähren, das ist doch nicht außergewöhnlich, sondern die Regel. Die deutschen Landwirte haben bereits in der Vergangenheit große Anstrengungen und Investitionen unternommen, um die tiergerechte Haltung der Nutztiere sicherzustellen. Die FDP anerkennt diese Leistungen. Zugleich dürfen überzogene Tierschutzanforderungen aber nicht den Menschen die Lebensgrundlage entziehen, die in der Land- und Ernährungswirtschaft tätig sind. Den Tieren ist im Übrigen auch nicht geholfen, wenn die Produktion aus Deutschland verschwindet in Länder, in denen die Standards nicht so hoch sind und auch nicht kontrolliert werden. Verantwortungsbewusste Politik für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Tiere gleichermaßen muss daher immer mit Augenmaß zwischen Tierschutz und Wirtschaftlichkeit einen Weg finden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Birgit Reinemund