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Frage von Steffen R. •

Frage an Birgit Reinemund von Steffen R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Dr. Reinemund,

ich nutze im Rahmen meiner wissenschaftliche Tätigkeit einen Dokumentlieferdienst. Dieser Dienst liefert gegen Entgelt Kopien von wissenschaftlichen Veröffentlichungen per Post aber auch in elektronischer Form z.B. als PDF-Datei. Nun haben sich in letzter Zeit die Bezugsbedingungen deutlich verschlechtert, was das Lieferunternehmen mit §53a UrhG begründet. Hier ein Auszug aus den Lieferbedingungen:

" Der Kunde darf das Dokument zehnmal ansehen und einmal ausdrucken. Ein zweiter Ausdruck ist erlaubt, wenn der erste fehlgeschlagen ist. Nach Ablauf eines Monats nach dem Versand der E-Mail kann das Dokument nicht mehr angesehen und nicht mehr gedruckt werden."

"Sowohl zur Ansicht als auch zum Drucken ist eine aktive Internetverbindung notwendig."

Frau Dr. Reinemund, ich sage Ihnen hiermit, daß ich diese Regelung, sollte sie wirklich so zutreffen, für absurd halte und schädlich für den wissenschaftlichen Betrieb im allgemeinen. Diese Regelung zwingt mich, die PDF-Datei auszudrucken und den Ausdruck wie in grauer Vorzeit in einem Archiv zu speichern. Undenkbar im Zeitalter der Informationstechnologie. Ich möchte das elektronische Dokument, für das ich ja schließlich das Entgelt entrichtet habe, zu jeder Zeit, wenn es sein muß auch noch in 10 Jahren, und unbegrenzte Male öffnen, und wenn notwendig, auch ausdrucken können.

Ich fordere, daß ein Gesetz, das solch einen Unsinn beinhaltet, umgehend geändert wird und bitte Sie um Ihre Stellungnahme zum oben geschilderten Sachverhalt.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Steffen Roth

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Dr. Roth,

bitte entschuldigen Sie die späte Antwort.

Ich kann Ihnen an dieser Stelle keine Rechtsberatung geben, aber ich will dennoch kurz den rechtlichen Rahmen des Kopienversandes umreißen.

Die Vorschrift des § 53a wurde 2007 in das Urheberrechtsgesetz eingefügt und diente der Umsetzung eines Urteils des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1999. Mit dem Urteil war damals die begrenzte Zulässigkeit des Versandes von Kopien durch Bibliotheken festgelegt worden. Während nach dem Urteil nur per Post und auf Papier versandt werden durfte, erlaubt die Gesetzesvorschrift auch den Versand in elektronischer Form (solange dies für nicht-gewerbliche Forschungszwecke geschieht). Zulässig ist allein der Versand als grafisches Faksimile; PDF-Dateien dürfen also nur genutzt werden, wenn man aus ihnen keinen Text extrahieren kann (unbeachtet der Möglichkeit elektronischer Schrifterkennung). Der elektronische Kopienversand ist gar nicht zulässig, wenn der Verlag ein eigenes Versandangebot bereithält, damit die Interessen von Autor und Verleger an angemessener Verwertung des Textes nicht untergraben werden.

Was Sie nach Erhalt des Dokuments damit in Ihrem privaten Forschungsarchiv anfangen, ist gesetzlich nicht festgelegt. Sie können das PDF privat verwenden, wie Sie wollen.

Verwendungsregeln, wie sie von Ihnen beschrieben werden, weichen von der Rechtslage ab. Dies ist zulässig, da der Kern der Vorschrift (Zulässigkeit des Versandes elektronischer Kopien) nicht in Frage gestellt wird, sondern nur bestimmte Bedingungen festgelegt werden. Die Anforderung der Internetverbindung und die zehnmalige Ansichtbeschränkung klingen in der Tat unsinnig. Letztlich ist dies eine Frage der Kontrollmöglichkeiten durch den Versender (wie will dieser etwa den Ausdruck in eine andere PDF-Datei verhindern ?). Zur Not müssen Sie den Anbieter wechseln.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Birgit Reinemund