Frage an Birgit Reinemund von Heike R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Reinemund,
zu den beschlossenen Einsparungen hab ich nur einige kleine Fragen, die Sie mir sicher leicht beantworten können?
1. Keine Rentenversicherung von 40,80€ mehr für Harz4. Wie wird die Rentenkasse mit diesem Einnahmeausfall umgehen? Duch Anhebung der Bemessungsgrenze für die Leistungsträger, durch höhere Abgaben, oder konkret wie?
2. Belastungen für Flugpassagiere, Banken, Industrie, Bahn. Wie stellt die FDP sicher, dass es kein Etiklettenschwindel wird und die Besagten diese Belastungen umgehend 1:1 auch noch an den Bürger weiterreichen?
3. Wo bleiben die Beschlüsse zum Subventionsabbau?
4. Welche konkreten Sofortmaßnahmen werden getroffen, die Zeitbombe der Pensionslasten zu entschärfen?
5. Wieso haben wir kein Geld und über "unsere Verhältnisse gelebt", wo Deutschland doch der Zahlmeister Europas ist?
Und, für mich ganz wichtig:
Weshalb werden nicht endlich, wie es in der globalisierten Welt üblich ist, Sonn-Nacht- u. Feiertagsarbeit zumindest anteilig besteuert, was ich von der FDP erhofft habe? Eine anteilige Besteuerung ist mehr als gerecht, weil überall in der Welt usus. Dieses Geld sollte dann zur Sanierung der gesetzlichen KV dienen.
Es kann doch nicht sein, dass die 20% Leistungsträger, die schon jetzt 80% der Lasten tragen, immer weiter belastet werden sollen. Wundert es da wirklich jemanden, wenn diese Leistungsträger alle Register ziehen, ihr Vermögen zu sichern und sich dem Zugriff des Staates zuehmend zu entziehen? Meine Eltern erwägen jetzt auch, Deutschland zu verlassen und ihr Vermögen mitzunehmen.
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
für Ihre Fragen danke ich Ihnen und entschuldige mich gleichzeitig für deren späte Beantwortung.
1) Derzeit verfügt die gesetzliche Rentenversicherung über ein ausreichendes finanzielles Polster, um Beitragserhöhungen auszuschließen. Die FDP hat seit jeher die Auffassung vertreten, dass wir in der Zukunft die Rentenformel konsequent anwenden und „manipulieren an der Rentenformel“ unterbunden werden muss.
2) Wir haben im Sparpaket sichergestellt, dass alle Bereiche zur Sanierung der Staatsfinanzen beitragen. Die Beschlüsse zum Sparpaket sind gekennzeichnet durch Subventionsabbau z.B. im Bereich der Energiebesteuerung, Ausgabensenkungen z.B. in der Verwaltung und Strukturverbesserungen z.B. im Arbeitsmarktbereich. Subventionsabbau bedeutet in vielen Fällen Abbau von Steuervergünstigungen. Der starke Wettbewerbsdruck wird nicht erlauben, diese Zusatzbelastungen für die Wirtschaft komplett an den Kunden weiterzugeben. Eine teilweise Weitergabe ausschließen kann niemand.
3) Bei Beamten sind die Bruttogehälter während der aktiven Dienstzeit im Hinblick auf die spätere Versorgung niedriger bemessen als bei vergleichbaren Beschäftigten. Pensionäre haben, anders als Rentner, keinen Anspruch auf Betriebs- oder Zusatzrenten, wie sie bei gesetzlich Versicherten üblich sind. Hinzu kommt, dass die Beamtenversorgung noch bis 2040 deutlich höher versteuert wird als Renten. Die Beamtenpensionen sind von Sparmaßnahmen nicht verschont geblieben, die im Hinblick auf die demographische Entwicklung zur Stabilisierung der Alterssicherungssysteme erforderlich geworden sind. Auch beim aktuellen Gesetzentwurf zur Besoldungs- und Versorgungsanpassung 2010/2011 werden die Pensionäre einen Sparbeitrag leisten. Sie erhalten nicht die eigentlich auch für sie vorgesehene Einmalzahlung. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass auch in Zukunft die Bezahlung, betrachtet auf das Lebenseinkommen, von Beamten und Angestellten vergleichbar bleibt.
4) Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass bereits heute, die Gruppe der Leistungsträger einen Großteil der Belastungen schultern muss. Während im unteren Einkommensbereich die Freibeträge erhöht und der Steuersatz gesenkt wurden, fanden an dem oberen Rand der Skala kaum Veränderungen statt. Leistung muss sich nicht lohnen, Leistung soll vor allen Dingen zahlen, schien über lange Jahre die Devise der Finanzminister zu sein. Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Volker Wissing hat eine interessante Rechnung angestellt: Überträgt man die Einkommensgrenzen der Einkommensbesteuerung des Jahres 1958 inflationsbereinigt auf das Jahr 2010, kommt man zu einem spannenden Ergebnis. Die untere Grenze für die Einkommensbesteuerung müsste bei einem Einkommen in Höhe von knapp 2400 Euro einsetzen, tatsächlich tut sie dies erst über 8000 Euro. Außerdem wurde der Eingangssteuersatz von 20 auf 14 Prozent gesenkt. Beides sind durchaus positive Errungenschaften und eine deutliche Besserstellung kleinerer Einkommen. Beide führen aber selbstverständlich auch zu einer Mehrbelastung der verbleibenden Steuerzahler. Das obere Viertel der Einkommensteuerzahler trägt rund 80 Prozent des Einkommensteueraufkommens. Nun mag manchem das immer noch nicht genug sein, aber es zeigt auf jeden Fall, dass starke Schultern in Deutschland viel tragen. Ziel ist und bleibt, vor allem den mittleren Einkommensbereich steuerlich zu entlasten, die kalte Progression abzuflachen. Wenn kurzfristig ein Stufentarif nicht durchsetzbar, weil nicht gegenzufinanzieren ist, dann durch Tarifänderung im derzeitigen System.
Über die Besteuerung der Sonn-und Feiertagsarbeit lohnt es sich, im Rahmen einer Diskussion über eine Steuerstrukturreform und weiteren Subventionsabbau nachzudenken. Inwieweit hier eine Mehrheit zu erzielen ist, bleibt abzuwarten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Birgit Reinemund