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Bettina Müller
SPD
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Frage von Brigitte G. •

Frage an Bettina Müller von Brigitte G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Müller,
mit großer Besorgnis sehen wir die Pläne der Bundesregierung zur Reform des EEG, da wir durch sie ein Scheitern der Energiewende befürchten. Da dies ausdrücklich nicht das Ziel Ihrer Partei ist, stellen sich uns im Besonderen folgende drei Fragen:

1. Warum soll die Bioenergie durch den extrem niedrigen Zubaukorridor faktisch zerstört werden?

Bioenergie liefert derzeit die kostengünstigste (unter Beachtung der externen Kosten fossiler Backup-Kraftwerke!) Regelenergie. Sie baut die Abhängigkeit von ausländischem Gas ab und erspart die Kosten und Gefahren des Fracking. Sie könnte ausgebaut werden o h n e zusätzlichen Maisanbau bei Erhöhung des Gülle- und Reststoffpotentials. Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion bestünde auch nicht, wenn die Futtermittelproduktion für steigenden Fleischexport nicht bevorzugt würde.

2. Wieso soll Eigenverbrauch belastet werden?

Eigenverbraucher erhalten keine Vergütung durch das EEG, sie schonen die Netzstruktur und tragen zum Ausbau ökologisch sinnvoller dezentraler Strukturen bei. Nach der Logik des Regierungsentwurfs müssten Fahrradfahrer für den Ausfall an Mineralölsteuer bestraft werden.

3. Wieso sollen zwingende Ausschreibungsverfahren durchgesetzt werden?

Diese Ausschreibungsverfahren haben sich in anderen Ländern als kosten s t e i g e r n d erwiesen. Sie können nur von Großanbietern gestemmt werden, so dass kleine und mittlere Unternehmen sowie Energiegenossenschaften nicht mithalten können und auch auf diese Weise dezentrale Str5ukturen verhindert werden.

Vielen Dank im Voraus!

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Gottwald
Hans-Joachim Karalus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Gottwald, sehr geehrter Herr Karalus,

gerne beantworte ich Ihre Fragen zur Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.

Zu 1. Bioenergie

Der Zubaupfad für neue Biomasseanlagen beträgt 100 MW. Diese recht niedrige Größe trägt dem Umstand Rechnung, dass es in den letzten Jahren, auch durch eine teilweise Überförderung des EEG, zu einem regelrechten Zubauboom gekommen ist. Mittlerweile stehen in Deutschland über 7.000 Biogasanlagen, die mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben werden. Hierdurch sind in manchen Regionen (oftmals in Viehhaltungsregionen) Nutzungskonkurrenzen zur konventionellen Landwirtschaft entstanden. Mittlerweile sind die Flächenpotenziale für neue Anlagen weitgehend ausgeschöpft.

Zudem ist Biogas neben der Offshore-Windenergie die teuerste Form der Erneuerbaren. Biogasstrom kostet im Durchschnitt 20 Cent pro Kilowattstunde - im Vergleich zu Wind an Land mit rund 5-8 Cent ein hoher Preis. Zudem haben wir bislang die Potenziale der Bioenergie zur flexiblen Stromeinspeisung nicht ausreichend ausgeschöpft.
Daher sieht die EEG-Novelle folgende Regelungen vor:

- Wir fördern bei neuen Biogasanlagen nur noch den Einsatz von Abfall- und Reststoffen, um so nicht noch mehr Flächen für nachwachsende Rohstoffe zu verwenden
- Kleine Hofanlagen, die zu einem hohen Anteil Gülle einsetzen, sollen aufgrund des hohen Beitrags zum Klimaschutz auch weiterhin vermehrt zugebaut werden
- Ein Schwerpunkt der Förderung liegt auf der Modernisierung, Erweiterung und Flexibilisierung von Bestandsanlagen, um den Vorteil von Biogas, der einzig regelbaren erneuerbaren Energieform, Rechnung zu tragen. Daher sieht das Gesetz vor, bis zu 1,350 MW an solchen Leistungssteigerungen auch noch zu den alten, höheren Sätzen zu fördern ("Flexibilitätsbonus")

Für Biogas- und Gasaufbereitungsanlagen enthält das Gesetz umfangreiche Regelungen zum Vertrauens- und Bestandsschutz. Bei der Übergangsregelung für Biogasanlagen, die in der Vergangenheit erweitert wurden, wird die förderfähige Strommenge auf 95 Prozent der am 31. Juli 2014 bestehenden installierten Leistung festgelegt. Blockheizkraftwerke (BHKW), die bisher Erdgas nutzten, können auch künftig zu den alten, das heißt höheren, Fördersätzen auf Biomethan umsteigen, wenn sie ausschließlich Biomethan aus bestehenden Gasaufbereitungsanlagen nutzen und für jedes "neue" BHKW ein "altes" BHKW außer Betrieb geht.

Mit den beschriebenen Instrumenten stellen wir sicher, dass Biomasse auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Bereitstellung von erneuerbarer Energie leisten.

Zu 2. Eigenverbrauch

Der Eigenverbrauch wird bei Neuanlagen zur Finanzierung der Förderung von Erneuerbaren Energien grundsätzlich herangezogen. Hiervon sind Bestands- und Kleinanlagen ausgenommen. Dies tun wir, weil der finanzielle Vorteil der Eigenversorgung mit steigender EEG-Umlage immer attraktiver wurde. Der Anreiz für die Industrie, aber auch für PV-Anlagenbesitzer ist mit mittlerweile beinahe 20 Cent pro Kilowattstunde (Einsparung der EEG-Umlage, Netzentgelte, Konzessionsabgabe, Stromsteuer) so hoch, dass sich immer mehr Erzeuger der öffentlichen Finanzierung des EEG entziehen, die Stadtwerke mehr und mehr Probleme bekommen, und die EEG-Umlage von denjenigen allein geschultert werden muss, die sich keine PV-Anlage oder industrielle Eigenversorgung leisten können.

Aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion musste diesem wenig solidarischen Trend Einhalt geboten werden. Ab dem 1.8.2014 bezahlen Betreiber von neuen Anlagen nun einen Anteil an der EEG-Umlage. Wir verteilen somit die Kosten des EEG wieder auf mehr Schultern: In drei Schritten wird die Eigenverbrauchsbelastung von Erneuerbaren Energien und hocheffizienten KWK-Anlagen mit der EEG-Umlage von 30 Prozent in 2015, 35 Prozent in 2016 auf 40 Prozent 2017 belastet. Damit PV-Anlagen trotz der Eigenverbrauchsbelastung weiterhin wirtschaftlich betrieben werden können, wurde die Vergütung um 0,3 Cent pro Kilowattstunde angehoben.

Ein weiterer, wichtiger Punkt ist, dass wir im Rahmen der parlamentarischen Beratungen durchsetzen konnten, die Bagatellgrenze für kleine Anlagen bis zu 10 kW und 10 MWh im Gesetzentwurf zu behalten - entgegen den Vorstellungen der Union. Damit haben wir ein "bürokratisches Monster" verhindert! Die Vergütungsanpassung und die Bagatellgrenze ermöglichen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb von PV-Anlagen und somit der gewünschte Zubau weitergeht.

Zu 3. Ausschreibung

Die Festlegung des Regierungsentwurfs, wonach ein Systemwechsel auf eine Ausschreibung von Erneuerbarem Strom spätestens in 2017 kommen wird, ist so auch vom Bundestag verabschiedet worden. Wir sind uns bewusst, dass das Design von künftigen Ausschreibungsmodellen so gestaltet werden muss, dass auch kleine Akteure wie Bürgergenossenschaften eine gleichberechtigte Chance der Beteiligung erhalten müssen. Ebenso nehmen wir zur Kenntnis, dass alle bisher bekannten international durchgeführten Ausschreibungsmodelle teils erhebliche Mängel aufweisen und nicht zu Kostensenkungen geführt haben, was letztlich auch zu vorgenommenen Risikoaufschlägen bei der Finanzierung geführt hat.

Aus unserer Sicht muss vor der grundsätzlichen Einführung eines Ausschreibungsmodells sichergestellt werden, dass die Kosteneffizienz tatsächlich höher ist als bei dem bisherigen EEG-System der Einspeisevergütung bzw. der Direktvermarktung. Zweitens muss die Akteursvielfalt des jetzigen Systems erhalten bleiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird noch in 2015 ein Ausschreibungskonzept erarbeiten, welches die vorgenannten Kriterien berücksichtigt. Eine grundsätzliche Umstellung des Förderregimes auf andere Erneuerbare-Energien-Technologien wird im Rahmen eines "Ausschreibungsgesetzes" erneut im Bundestag beraten und von ihm verabschiedet werden. Ein Automatismus ist somit ausgeschlossen, denn der Erfolg der Energiewende und damit der Rückhalt in der Bevölkerung sind maßgeblich abhängig von den Kosten und den Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Müller

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