Frage an Bettina Müller von Brigitte G. bezüglich Wirtschaft
Im Auftrag der amnesty international Gruppe 1408 Gelnhausen wende ich mich an Sie mit den beiden folgenden Anliegen:
1) Seit Jahren verfolgen wir mit wachsender Besorgnis die Zunahme massiver Menschenrechtsverletzungen als Folge von land grabbing. Wir gehen davon aus, dass Ihnen die Auswirkungen von Kauf und/oder Pacht großer Landflächen in Schwellen-und Entwicklungsländern auf die dortige örtliche Bevölkerung bekannt sind(z.B. die Vertreibungen in Uganda durch ein Tochterunternehmen der Neumann Kaffee Gruppe). Daher bitten wir Sie um Stellungnahme zu folgender Frage: Welche Schritte gedenken Sie bzw. Ihre Partei zu unternehmen, um die vor einem Jahr verabschiedeten "UN Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern" a k t i v umzusetzen?
2) Wir befürchten, dass es in Folge des erst vor kurzem verabschiedeten Assoziierungsabkommens mit Zentralamerika zur Expansion landwirtschaftlicher Monokulturen und zu Repressionen gegen Kleinbauern vor Ort kommen wird. Das Abkommen enthält keine menschenrechtliche Folgenabschätzung, keine bindenden Überprüfungsmechanismen, keinen Beschwerdemechanismus.
Wie kann Ihres Erachtens diesem Mangel begegnet werden?
Wir danken Ihnen in Voraus für Ihre Mühe !
Sehr geehrte Frau Gottwald, liebes Team von Amnesty International Gelnhausen,
bezüglich Ihrer Fragen habe ich mich mit dem Bundestagsabgeordneten Dr. Sascha Raabe kurzgeschlossen. Mir ist dabei bewusst geworden, welch massives Problem das Thema Landgrabbing in vielen Entwicklungsländern mittlerweile ist. Insbesondere in Afrika ist die Situation in einigen Staaten dramatisch, die großflächige Landnahme durch ausländische Investoren an der Tagesordnung. Hier werden lokale Kleinbauern immer mehr an den Rand gedrängt. Die Existenzen von Familien werden zerstört, weil sich kapitalstarke Investoren mit und auf ihrem Land die Taschen füllen.
Die freiwilligen Leitlinien der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) für den Zugang zu Land und Wasser, die Sie erwähnen, waren ein erster wichtiger Schritt, um dem Problem zu begegnen. Aber das sind eben leider „nur“ freiwillige Leitlinien. Deswegen muss es in bindendes internationales Recht überführt und umgesetzt werden. Außerdem müssen gerechte Landreformen gefördert werden, die den Schutz Indigener berücksichtigen und der armen Bevölkerung in Entwicklungsländern ausreichende eigene Landnutzungsrechte einräumen. Die Länder müssen wir bei dem Aufbau von verlässlichen Katasterwesen unterstützt und die Justiz gestärkt werden, damit die von Landraub Betroffenen überhaupt in die Lage versetzt werden, ihre Rechte durchzusetzen. Ausländische Direktinvestitionen dürfen meiner Meinung nach niemals das Recht auf Nahrung in Entwicklungsländern gefährden. Um dies besser kontrollieren zu können, brauchen wir eine internationale Anzeigepflicht, welche die Transparenz großflächiger Landkäufe durch staatliche oder private Fremdinvestoren verbessert.
Aus meinem Gespräch mit Sascha Raabe weiß ich außerdem, dass Ihre Befürchtungen bezüglich des Assoziierungsabkommen mit Zentralamerika von der SPD-Fraktion im Bundestag geteilt werden. Aus diesem Grund wurde das Abkommen im Bundestag auch von der SPD abgelehnt. Im März 2013 wurde zudem ein Entschließungsantrag, allerdings bezogen auf das Abkommen mit Peru und Kolumbien, von der SPD eingebracht, der leider aufgrund der schwarz-gelben Mehrheit abgelehnt wurde.
Der SPD-Antrag lautet nach wie vor: „Der deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich innerhalb der EU für Nachverhandlungen einzusetzen mit dem Ziel, unter Beteiligung der Zivilgesellschaft der beteiligten Staaten das Freihandelsabkommen um ein Nachhaltigkeitskapitel zu ergänzen, in dem menschenrechtliche, soziale und ökologische Standards sowie entsprechende Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen in dem allgemeinen Streitbeteiligungsmechanismus verankert sind. Ohne derartige vertragliche Vereinbarungen und Überprüfungs- und Beteiligungsmechanismen kann der Deutsche Bundestag dem Abkommen nicht zustimmen.“
Den entsprechenden Antrag wie auch einen Antrag der SPD-Fraktion zur ländlichen Entwicklung sende ich Ihnen bei Interesse gerne noch zu. Kontaktieren Sie mich hierzu einfach über kontakt@muellerbettina.de
Ich muss zugeben, dass ich durch Ihre Frage viel Interessantes und Dringendes dazu lernen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Müller