Frage an Bettina Hagedorn von Gerhard R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
im Bekanntenkreis wird über Folgendes gesprochen:
Ein von der Bundesregierung eingesetztes Expertengremium empfiehlt, die Nachrüstung alter Dieselfahrzeuge aus öffentlichen Geldern zu begleichen und die SPD erwägt tatsächlich, diesen Ratschlag zu befolgen.
Trifft das zu?
Falls ja: Ist die SPD nicht dafür, dass die Kosten für Umweltverschmutzungen dem Verursacher angelastet werden?
Mit freundlichen Grüßen
G. R.
Sehr geehrter Herr R.,
vielen Dank für Ihre nunmehr 11. Anfrage (zu den verschiedensten Themen in den letzten Jahren), bei abgeordnetenwatch vom 25. Februar 2018 an mich, die ich natürlich – wie immer – beantworten werde. Allerdings sei mir – wie auch in meiner vorherigen Antwort schon – der Hinweis gestattet, dass Sie nur 3 km von meinem Heimatort entfernt wohnen, aber leider in den letzten 15 Jahren meiner Abgeordnetentätigkeit noch nie die Chance genutzt haben, eine meiner zahlreichen Veranstaltungen in Ostholstein vor Ort zu besuchen und mich dort oder über mein Bürgerbüro in Eutin persönlich anzusprechen. Das finde ich – immer noch – schade.
Sie fragen mich zu den Nachrüstungen alter Dieselfahrzeuge. Das „Expertengremium“ auf das Sie sich beziehen, sind - nehme ich stark an - die Kommissionen, die im Zuge des Nationalen Forums Diesel am 2. August 2017 von der Bundesregierung gegründet worden sind. Die vier Expertengruppen heißen:
I. Emissionsreduzierung in den im Verkehr befindlichen Fahrzeugflotten
II. Verkehrslenkung, Digitalisierung und Vernetzung
III. Umstieg öffentlicher Fahrzeugflotten auf emissionsarme Mobilität
IV. Optimierung von Antriebstechnologien und alternative Kraftstoffe.
Das Bundesministerium für Verkehr hat die Kommission I einberufen. Die Sitzungsarbeit dieser Gruppe, die sich dann in zwei Unterarbeitsgruppen gegliedert hat, ist derzeit noch nicht beendet. Ein weiteres Treffen fand noch am 19. Januar 2018 statt. Ein Bericht der Kommission liegt derzeit noch nicht vor, weshalb ich Ihre Aussage nicht nachvollziehen kann, dass das Expertengremium angeblich etwas „empfiehlt“.
Sollte die Kommission ihren Bericht vorlegen, wird dieser sicherlich in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages kritisch debattiert werden. In diesem Zusammenhang wird dann sicherlich auch über die Finanzierung einer möglichen Umrüstung oder Nachrüstung alter Dieselfahrzeuge diskutiert und entschieden.
Klar ist: Die Automobilhersteller dürfen hier gemäß dem für mich und die SPD verbindlichen „Verursacherprinzip“ nicht aus der Verantwortung entlassen werden!
Bereits im Sommer, am 5. September 2017, wurde auf Druck der SPD eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses einberufen, in der ich als zuständige Berichterstatterin im Haushaltsausschuss für Verkehr dem damaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sehr kritische Fragen gestellt habe, denn zu dem Zeitpunkt war die Finanzierung noch gar nicht geklärt (anders als von ihm und Frau Merkel kurz vor der Bundestagswahl behauptet…).
Die Automobilindustrie hat sich verpflichtet, sich mit 250 Millionen Euro an dem Programm „Saubere Luft“ zu beteiligen – das MUSS ein Minimalbeitrag sein, der aus meiner Sicht NICHT ausreichend ist. Der Bund würde dann nämlich einen überproportionalen Löwenanteil in Höhe von 750 Millionen Euro übernehmen – womit insgesamt 1 Milliarde Euro im Bundeshaushalt bereit stehen sollen, um Maßnahmen für eine NOx-Reduzierung und eine Verbesserung der Luftqualität in den Städten und betroffenen Gebieten zu erzielen. Die Bundesfinanzierung dieses Programms haben wir bereits in Teilen am 21. Februar 2018 im Haushaltsaus-schuss beschlossen, sodass die Bundesregierung zügig mit der Umsetzung des Programms starten kann.
Aber der Kern des Problems betrifft natürlich – neben einem „Software-Update“ der Hersteller - vor allem eine „Hardware-Nachrüstung“. Der ADAC und das Land Baden-Württemberg haben jüngst bewiesen, dass eine solche Hardware-Nachrüstung bei allen gängigen Diesel-Modellen technisch für einen relativ überschaubaren Betrag realisierbar wäre und damit das Problem effektiv „an der Wurzel packen“ würde mit echten Luftverbesserungen für die Menschen in den betroffenen Ballungsgebieten.
Nach meinem Rechtsverständnis und dem der SPD-Bundestagsfraktion dürfte eine solche verpflichtende Hardware-Nachrüstung allerding NICHT zu Lasten der Steuerzahler finanziert werden und schon gar NICHT zu Lasten der Besitzer dieser Dieselfahrzeuge, die Opfer krimineller Machenschaften der Automobilhersteller geworden sind. Im Sinne dieser Auffassung werde ich mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion einsetzen, gerade falls es im Sinne eines positiven Mitgliederentscheides der SPD-Mitglieder am 4. März 2018 zur Bildung einer Großen Koalition kommen sollte.
Dennoch sei mir nach langjähriger Erfahrung in Koalitionen in Bund und Land mit verschiedensten Koalitionspartnern der Hinweis gestattet, dass man niemals den Koalitionspartner gegen seinen erklärten Willen zu gesetzlichen Festlegungen zwingen kann, die dieser absolut nicht will – das gilt natürlich umso mehr, wenn (wie in diesem Fall!) der Koalitionspartner (in diesem Fall die CSU!) mit der Verantwortung für das entscheidende Ressort – in diesem Fall das Verkehrsministerium – betraut ist. Nach den CSU-Verkehrsministern Ramsauer (2009-2013) und Dobrindt/Schmidt (2013-2018) erwarte ich mit dem neuen CSU-Verkehrsminister in dieser Frage leider keinen progressiven Kurswechsel.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bettina Hagedorn