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Bettina Hagedorn
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Frage von Jens H. •

Frage an Bettina Hagedorn von Jens H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Frau Hagedorn,
ich habe eine Frage zu Ihrer Enthaltung, als es um Gentechnik ging.

Wenn man weiß, dass der größte Teil der Bevölkerung gegen den Einsatz von Gentechnik ist, dann verstehe ich nicht, warum Sie nicht gegen Gentechnik gestimmt haben.
Dass Gentechnik nicht sicher ist, dass sollte bekannt sein:
Siehe z.B. hier:
http://www.keine-gentechnik.de/bibliothek/zulassungen/dossier-nk-603-mais.html

Dass die Gentechnik nicht ausgereift ist, liegt vielleicht auch daran, dass die Gen-Technik-Produkte nur 90 Tage an z.B. Ratten geprüft werden.
Wenn man die Ratten länger mit diesem Zeug füttert, verändern sich die Ratten unnormal, was aber nicht mehr beachtet wird, weil es das Gesetz nicht verlangt.

Was mag Sie bewogen haben, sich nicht klar gegen die Gentechnik auszusprechen?

MFG
Jens Helmcke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Helmcke,

vielen Dank für Ihre beiden Fragen vom 12. Februar 2014 an mich über "abgeordnetenwatch.de" - ich beantworte diese beiden Fragen erneut gern - wie schon die anderen fünf der letzten 2 Jahre zuvor. Sie fragen nach dem Grund für meine Enthaltung zu dem Grünen-Antrag zur Zulassung der Genmais-Linie 1507 - die Regel in jedem Parlamentsbetrieb ist, dass Oppositionsanträge üblicherweise - in jeder Koalition - gemeinsam abgelehnt werden. Um es vorweg zu sagen: Ich liege inhaltlich im Hinblick auf die Grüne Gentechnik und die Forderung nach Gentechnik-freien Lebensmitteln auf einer Linie mit den Grünen. In Schleswig-Holstein habe ich in den 90er Jahren aktiv an Demonstrationen gegen den Anbau von Gen-Raps nahe Oldenburg/Ostholstein teilgenommen und mich öffentlich für die SPD entsprechend positioniert. Die SPD-Schleswig-Holstein, deren stellv. Landesvorsitzende ich seit 2007 bin, ist traditionell seit den 90er Jahren ein Landesverband, der Gentechnik-kritische Positionen innerhalb der Bundespartei immer wieder voran treibt. Wir wissen: Gentechnisch verändertes Saatgut bringt ein unkontrollierbares und nicht ausreichend erforschtes Risiko mit sich. Auf unserem SPD-Bundesparteitag am 26. Januar 2014 haben wir deshalb einen ganz klaren Beschluss gegen die Zulassung der Maislinie 1507 gefasst: für Interessierte zum
Nachlesen .
Insofern kann ich Ihnen versichern, dass auch ich sehr unzufrieden bin mit dem Verlauf der Debatte und der unklaren Position, die die Bundesregierung insgesamt im Moment auf europäischer Ebene dazu einnimmt. Als der Grünen-Antrag allerdings am 30. Januar 2014 zur namentlichen Abstimmung im Bundestag stand, habe ich noch darauf vertraut, dass die Bundesregierung den erkennbaren Dissens unter den verschiedenen Ressorts noch beseitigen und sich auf eine Linie einigen kann – nämlich auf die Ablehnung der Genmais-Zulassung.
Denn im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wurde folgende Stellungnahme zur Gentechnik in der Landwirtschaft vereinbart: „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an. Wir treten für eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit genveränderten Pflanzen gefüttert wurden, ein. An der Nulltoleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest – ebenso wie an der Saatgutreinheit.“ Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir auf dieser Grundlage darauf vertraut, dass die deutsche Bundesregierung sich auf europäischer Ebene gegen die Zulassung von zusätzlichem gentechnisch veränderten Saatgut aussprechen würde.
Aus diesem Grund habe ich mich bei der Abstimmung auch nicht nur enthalten, sondern zusammen mit 61 anderen SPD-Bundestagsabgeordneten eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgegeben, die Sie
hier nachlesen können. In dieser Erklärung machen wir deutlich, dass wir das Anliegen der Grünen teilen und ihrem Antrag nur aus Gründen der Koalitionsraison nicht zustimmen konnten. Jeder Koalitionsvertrag, den mehrere Parteien zur gemeinsamen Bildung einer Regierung eingehen, enthält schließlich eine Klausel, die ein einheitliches Abstimmungsverhalten der Koalitionsfraktionen vorsieht. Wenn unser Koalitionspartner – wie beim Thema Gentechnik – eine andere Position vertritt als die SPD, führt diese Vereinbarung manchmal zu unangenehmen Kompromissen. Fakt ist: Schon meine Enthaltung war eine Abweichung von der mehrheitlich vereinbarten Fraktionslinie – neben mir haben sich nur 14 weitere SPD-Bundestagsabgeordneten der Stimme enthalten.
Anschließend haben in der Bundesregierung nicht nur die SPD-geführten Ministerien für Wirtschaft, Umwelt und Justiz - die an der Entscheidung beteiligt waren - für eine Ablehnung der Einführung der Genmais-Linie 1507 votiert - auch das federführende Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (CSU) hat für ein Nein plädiert. Allerdings: Die CDU-Ministerien für Forschung (!) und Gesundheit (!) sowie das Kanzleramt (!) haben die Genmais-Zulassung befürwortet und somit quasi "automatisch" nach den Regeln eines jeden Koalitionsvertrages bei fehlender gemeinsamer Linie der sie bildenden Parteien die Enthaltung der Regierung in Brüssel herbeigeführt. Ich hoffe aber, dass ich Ihnen mit dieser Antwort deutlich machen konnte, dass ich mit diesem Ergebnis genauso unzufrieden bin wie Sie.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bettina Hagedorn

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