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Bettina Bähr-Losse
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Frage von Andrea S. •

Frage an Bettina Bähr-Losse von Andrea S. bezüglich Gesundheit

Hallo Frau Bähr-Losse,

ich arbeite hier in einer großen Klinik in der Pflege und was sich dort abspielt, ist schlimm!
Viele sind am Ende ihrer Kräfte, in fast jeder Schicht fehlt mindestens ein qualifizierter Kollege? Von "Spaß" an der Arbeit redet ja schon lange niemand mehr...
Wie wollen sie die Pflegeberufe wieder attraktiv machen und uns, und den Kranken helfen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift. Sie haben Recht mit Ihren mahnenden Zeilen. Ich weiß, dass die Bedingungen für Pflegepersonal in vielen Einrichtungen nicht gut sind und dass in diesem Bereich mehr Mittel bereitgestellt werden müssen.
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen wird in den nächsten Jahren absolut steigen. Vor allem aber mit Blick auf die sogenannte „Babyboomer-Generation“ wird in absehbarer Zeit der Anteil pflegebedürftiger Menschen an der Gesamtbevölkerung deutlich zunehmen. Deswegen müssen wir bei der Pflege an vielen Stellschrauben drehen und auch neue Wege ausprobieren.
Die SPD hat in den vergangenen vier Jahren im Bundestag viele Hebel in Bewegung gesetzt, um die Pflege besser zu machen. Wir haben Pflegestärkungsgesetze verabschiedet und einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt. Sowohl in der häuslichen als auch in der stationären Pflege konnten wir finanzielle Verbesserungen erzielen. Niemand aber behauptet, dass die Arbeit damit getan ist.
Für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegepersonal im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen haben wir uns an vielen Stellen eingesetzt. Auf Druck der SPD werden Personaluntergrenzen in Krankenhausabteilungen eingeführt, damit Mindeststandards künftig nicht mehr unterschritten werden – mit dem Ziel, den Patientenschutz zu stärken und das Pflegepersonal zu entlasten. In der kommenden Wahlperiode wollen wir noch weiter gehen und ein umfassendes Personalbemessungssystem einführen, welches alle Bereiche der Krankenhäuser erfasst: Der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) im Benehmen mit der Privaten Krankenversicherung (PKV) erhalten von uns den gesetzlichen Auftrag, zu definieren, welche Stationen und Bereiche im Krankenhaus sogenannte pflegesensitive Bereiche sind. Sie sollen geeignete Pflegepersonaluntergrenzen definieren.
In stationären Pflegeeinrichtungen haben wir ein Urteil des Bundessozialgerichts umgesetzt, damit Träger von Pflegeheimen sanktioniert werden können, die geltende Personalstandards nicht einhalten. Wir haben damit ein klares Signal gesetzt, dass die Nichteinhaltung der vorgegebenen Standards kein kleiner Verstoß ist, sondern dem Ziel einer guten Gesundheitsversorgung klar zuwiderläuft.
Mit den Pflegestärkungsgesetzen haben wir sichergestellt, dass tatsächlich gezahlte Tarifentgelte in den Vergütungsverhandlungen für die ambulante und die stationäre Pflege nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden dürfen. Auch für die Vergütungsverhandlungen im Bereich der häuslichen Krankenpflege wird es zukünftig Pflichten zum Nachweis tatsächlich gezahlter Tariflöhne oder Arbeitsentgelte geben. Die Krankenhäuser erhalten einen Ausgleich für den Fall, dass Tarifabschlüsse die Obergrenze für die Preiszuwächse der Krankenhäuser übersteigen. Wer Tariflohn zahlt, darf dafür nicht bestraft werden.
Ein großer Teil der Pflege findet zu Hause statt. Wir haben das Pflegeunterstützungsgeld geschaffen, mit dem Arbeitnehmer ihre Angehörigen in einer akut auftretenden Pflegesituation unterstützen können. Sie erhalten dann für einen Zeitraum von zehn Arbeitstagen eine Ausgleichsleistung für den entgangenen Lohn. Wir wollen zusätzlich in der kommenden Legislaturperiode die Freistellung mit Lohnersatz einführen. Hierdurch wird es für Angehörige möglich sein, ihre Arbeit für bis zu drei Monate zu reduzieren oder zu pausieren und hierfür eine Lohnersatzleistung (in Anlehnung an das Elterngeld) zu erhalten. Zusätzlich wollen wir die Familienarbeitszeit schaffen: Sie unterstützt Pflegende über einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten. Wer zur Pflege von Angehörigen seine Arbeit auf Teilzeit (26 bis 36 Stunden pro Woche) reduzieren möchte, erhält für diesen Zeitraum einen Betrag von 150 Euro monatlich als Unterstützungsleistung. Wir hoffen, dass wir hierdurch Familien in ihrer Pflegeleistung unterstützen können und zudem die ambulante und stationäre Pflege spürbar entlastet wird.
Wieviel Pflegebedarf in einer Kommune besteht, das kann am besten vor Ort eingeschätzt werden. Daher wollen wir Pflegestützpunkte einrichten und unterstützen, die neue Beratungsstrukturen erproben und so dazu beitragen, kommunale Pflege besser zu vernetzen und effizienter zu machen.
Es wird in den nächsten Jahren wichtig werden, Fachkräfte in der Pflege zu gewinnen. Wir sind davon überzeugt, dass die Reform der Pflegeausbildung einen Teil dazu beitragen wird, auch wenn bei der Neuausrichtung – wie immer in der Politik – Kompromisse eingegangen werden mussten. Wichtig ist: Der Besuch der Pflegeschulen wird künftig bundeseinheitlich gebührenfrei sein. Letztlich ist aber sind andere Faktoren wirklich entscheidend für die Aufnahme eines Pflegeberufes: Ob ein anständiger Lohn gezahlt wird und ob die Arbeitsbedingungen annehmbar sind. Hieran müssen wir weiter arbeiten. Die SPD meint es hiermit deutlich ernster als beispielsweise die CDU, in deren Wahlprogramm nichts von höheren Löhnen für Pflegekräfte zu lesen ist.

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Bähr-Losse