Frage an Bernhard Seidenath von Christoph R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Seidenath,
in der von Ihrer Staatsregierung erlassenen Coronaverordnung heißt es "Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist, sind von der Trageverpflichtung befreit; die Glaubhaftmachung erfolgt bei gesundheitlichen Gründen insbesondere durch eine ärztliche Bescheinigung, die die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie den Grund, warum sich hieraus eine Befreiung der Tragepflicht ergibt, enthält."
Ich besitze eine solche Bescheinigung, da ich unter einer Panikstörung leide, die das Tragen einer Maske fast unmöglich macht. So wie mir, geht es vielen Menschen. Wir machen das nicht aus Ungehorsamkeit oder aus Spaß, sondern weil es uns nicht anders möglich ist.
Trotz meines Attests, wurde ich nun zum wiederholten Male vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Mir wurde der Zutritt zum Supermarkt verweigert und das nicht nur einmal. Ich arbeite an einer Schule und werde dazu gezwungen, unter Anwendung des Hausrechts, die Maske zu tragen obwohl es meiner Gesundheit schadet. Ich wurde vor die Wahl gestellt, entweder Maske tragen oder die Schule verlassen und damit meinen Beruf (Schulbegleitung) aufgeben! Ich frag
frage mich die ganze Zeit, warum Sie so etwas zu lassen? Warum dürfen Menschen, die es eh schon schwerer haben als andere, so diskriminiert und vom täglichen Leben ausgeschlossen werden? Warum ist die Maskenbefreiung nicht bindend? Warum darf jedes einzelne Unternehmen /Einrichtungen sein eigenes Süppchen kochen und selbst entscheiden ob Sie das Attest akzeptieren oder nicht?
Bitte schützen Sie in Zukunft auch die Menschen, für die die Maske eine gesundheitliche Gefahr ist! Wir sind im Moment scheinbar der hinzunehmende Kollateralschaden.
Die Anforderungen an ein solches Attest sind bereits hoch!
Sehr geehrter Herr R.,
für Ihre Frage danke ich Ihnen. Die aktuell gültige 11. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ordnet für bestimmte Bereiche des öffentlichen Lebens, unter anderem zum Beispiel in geöffneten Ladengeschäften, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung an. Diese Maßnahme erfolgt vor dem Hintergrund der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, welche die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellt. Das neue Virus ist hochansteckend. In Bayern, in Deutschland, ja in ganz Europa gestaltet sich das Infektionsgeschehen überaus dynamisch. Ungebremst würde sich das Virus exponentiell ausbreiten. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung ist aufgrund der hohen Infektiosität des Virus überaus hoch. Besonders ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsverläufen betroffen und können an der Krankheit versterben. Da eine Impfung erst kurz bevorsteht und zudem noch keine spezifische Therapie zur Verfügung steht, müssen alle Maßnahmen ergriffen werden, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verzögern. Auf Grundlage der Ermächtigung in § 28 Abs. 1 i. V. m. § 32 des Infektionsschutzgesetzes des Bundes hat die Staatsregierung daher neben anderen Maßnahmen auch entsprechende bereichsspezifische Verpflichtungen zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung angeordnet. Gleichzeitig wurden unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Ausnahmeregelungen in die Verordnung aufgenommen. Eine Ausnahme greift etwa für Kinder unter 6 Jahren, bei Glaubhaftmachung der Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund einer Behinderung und zu Identifikations- oder Kommunikationszwecken, solange erforderlich. Die Bußgeldtatbestände greifen nur zu Lasten desjenigen, der unter Missachtung der Maskenpflicht – ohne Vorliegen eines Befreiungstatbestands – eine solche nicht trägt. Über die geltenden Regelungen wurde seitens des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und anderer Stellen der Staatsregierung vielfach informiert.
Die Frage, ob der Betreiber eines öffentlich zugänglichen Geschäfts Kunden, die keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen, Zutritt gewährt, ist allerdings eine solche des Hausrechts. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Hausverbots kommt es entscheidend auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Nun gab es in diesem Zusammenhang einmal den Vorschlag, dass Personen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können, einen Brustausweis tragen, um jedermann auf ihre Situation hinzuweisen. Davon halte ich nichts, weil dies gegen den Daten- und Persönlichkeitsschutz verstoßen würde. Betroffene würden damit gezwungen, eine Erkrankung oder Behinderung gegenüber jedermann erkennbar zu machen.
Letztlich besteht hier ein Spannungsfeld verschiedener – häufig gegenläufiger – Interessen unter Abwägung der Rechtsgüter zueinander. Wer keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt bzw. tragen kann, kann andere leichter mit dem Sars-CoV-2-Virus anstecken. Es geht deshalb nicht nur um die Diskriminierung von Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung imstande sind, sondern auch um den Schutz der Gesundheit der Menschen in deren Umgebung. Eine Lösung könnte deshalb darin bestehen, bereits im Vorfeld mit dem Inhaber des Hausrechts Kontakt aufzunehmen und abzusprechen, zu welchem Zeitpunkt ein Einkauf ohne Mund-Nasen-Bedeckung am ehesten möglich wäre, wann also weitere Kunden am wenigsten irritiert werden. Möglicherweise kann der Einkauf auch nach Hause geliefert werden, ohne dass also derjenige, dem das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht zumutbar ist, den Laden betreten muss.
Mit allen guten Wünschen für Sie – auch für eine frohe Weihnachtszeit – grüße ich Sie freundlich
Bernhard Seidenath