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Bernhard Seidenath
CSU
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Frage von Jakob B. •

Frage an Bernhard Seidenath von Jakob B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Seidenath,

Bei der Straßenausbausatzung hat sich aus meiner Sicht nichts zum Positiven für uns Bürger geändert. Im Gegenteil immer noch mehr Durcheinander ist entstanden. Es kann doch nicht richtig sein, wenn Städte wie München, Berlin usw. das ignorieren können u. kleinere Orte den Bewohnern die Kosten aufs Auge drücken.
Dazu noch Sonderregelungen wie bei uns die Gartenstr.: mit einer Straßenlänge – unter 25% kostenloser Ausbau, ein Straßenteil der gleichen Straße war vorher schon saniert –also auch kostenfrei usw..Als nächstes geplant die Krenmoosstr.: von der Münchnerstr. bis Rathausstr. keine Kosten (da gabs noch lt. Gemeinde noch keine STRABS) Rest der Krenmoosstr. bis zum Kreisel Falkenstr. muß zahlen. In Karlsfeld wurde erst eine Straße zum Teil saniert u. schon jetzt all die Sonderregelungen. Mich ärgert ganz gewaltig daß immer Teilstücke eines Straßenzugs aus mir nicht immer nachvollziehbaren Gründen von den Kosten befreit sind, während alle andern zahlen müssen.
Es ist kein Gemeinderat in der Lage auch nur die ungefähren Kosten zu nennen, alles zu kompliziert das muß eine externe Kanzlei irgenwann machen. Modelle die in anderen Bundesländern funktionieren sind bei uns nicht zu machen da für die Gemeinde zu komplex u. schwierig. Frage mich was das Alles soll.
Meine Frage will die CSU noch vor den Landtagswahlen über die STRABS noch verhandeln um zu Ergebnissen zu kommen die nachvollziehbar sind. Bitte Sie um ein klares ja oder nein.

Mit freundlichen Grüßen
J. B.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr B.,

herzlich danke ich Ihnen für Ihre Mail zum Thema „Straßenausbaubeitragssatzung“. Zum 1. April 2016 sind Rechtsänderungen auf diesem Gebiet wirksam geworden, durch die das Straßenausbaubeitragsrecht nun sehr viel flexibler als früher gehandhabt werden kann. Durch zeitliche Grenzen gibt es nun mehr Rechtssicherheit. Insgesamt wird vor Ort eine auf die jeweiligen Bedürfnisse und Verhältnisse zugeschnittene Lösung ermöglicht. Die Kommunen haben nun einen deutlich ausgeweiteten Spielraum, den sie je nach den Gegebenheiten vor Ort nutzen können. Näheres geht aus dem Infotext hervor, den ich an diese Mail unten anhänge. Darüber hinausgehende Rechtsänderungen sind aktuell nicht geplant und meines Erachtens - aus den in dieser Mail genannten Gründen - auch nicht erforderlich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine viel beachtete Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 9. November 2016 (Az. 6 B 15.2732 - "Hohenbrunn" – noch nicht rechtskräftig). Der BayVGH hat hier seine bisherige Rechtsprechung geschärft und nähere Ausführungen zur "Soll"-Regelung gemacht. Es verbleibe nur ein sehr begrenzter Bereich, innerhalb dessen eine Gemeinde auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung verzichten könne. Es genüge nicht, dass eine Gemeinde "haushaltsmäßig" mehr oder weniger gut dastehe und sich den Beitragsausfall "finanziell leisten" könne. Eine atypische Situation komme nur in Betracht, wenn die Gemeinde die Reihenfolge der Einnahmequellen einhalte und trotz des Beitragsverzichts sowohl die stetige Aufgabenerfüllung als auch die dauernde Leistungsfähigkeit sichergestellt seien. Das sei im jeweiligen Einzelfall zu würdigen. In Betracht zu ziehen sei eine atypische Situation ferner, wenn der Verwaltungsaufwand für die Beitragserhebung die Beitragseinnahmen so wesentlich übersteige, dass durch den Verzicht auf die Beitragserhebung die Einsparung von Kosten möglich sei. Letztlich geht es um mehr Gerechtigkeit innerhalb Bayerns auch auf diesem Gebiet. Ich denke, dass dies seit 1. April durch die Änderung des Kommunalabgabenrechts erreicht werden konnte.

Ich hoffe, Ihnen dadurch etwas weitergeholfen zu haben, stehe Ihnen für Fragen selbstredend gerne zur Verfügung und grüße Sie - mit allen guten Wünschen – freundlich

Bernhard Seidenath

Und hier der versprochene Info-Text der CSU-Landtagsfraktion zum Straßenausbaubeitragsrecht:

1. Wie ist der aktuelle Sachstand?
Der Bayerische Landtag hat am 25.02.2016 den Gesetzentwurf der CSU zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschlossen. Das Gesetz konnte damit wie geplant zum 01.04.2016 in Kraft treten.

2. Warum wird das Straßenausbaubeitragsrecht geändert?
Um die finanzielle Belastung der Grundstückseigentümer zu reduzieren, hat der Bayerische Landtag im Sommer 2014 eine neue Regelung in das Kommunalabgabengesetz aufgenommen, die es den Kommunen erlaubt, Straßenausbaubeiträge zu verrenten und damit auf mehrere Raten zu verteilen. Hierfür wurde ein sehr günstiger Zinssatz von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz festgelegt.
Zuvor hatte der Arbeitskreis für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport der CSU-Landtagsfraktion verschiedene Gespräche mit dem StMI, den Kommunalen Spitzenverbänden und Bürgerinitiativen zum Thema Straßenausbaubeiträge geführt. Im Ergebnis bestand Einigkeit, dass beim Straßenausbaubeitragsrecht auch nach Einführung der Verrentungsmöglichkeit weiterer Verbesserungsbedarf besteht.
Dies hat auch die Expertenanhörung des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Bayerischen Landtags am 15.07.2015 bestätigt. An der Beitragsfinanzierung der kommunalen Infrastruktur soll jedoch festgehalten werden. Wir wollen durch unsere Änderungen zur Befriedung des umstrittenen Themas beitragen und die berechtigten Interessen der Anlieger und der Gemeinden in einen gerechten Ausgleich bringen, es handelt sich daher um eine Evolution, nicht eine Revolution.

3. Was wurde durch den am 1. April 2016 in Kraft getretenen Gesetzentwurf geändert?
· Die Gemeinden erhalten die Möglichkeit, alternativ zu den bisherigen Einmalbeiträgen jährlich wiederkehrende Beiträge nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz zu erheben.
In diesem Modell werden die jährlich im Gemeindegebiet anfallenden Ausbauaufwendungen gleichmäßig auf alle Grundstückseigentümer in der Gemeinde oder in einem Gemeindeteil verteilt. Es handelt sich nicht um ein „Ansparmodell“, sondern es werden konkret zu berechnende Kosten umgelegt. Damit werden sehr hohe und mitunter für die an einer einzelnen auszubauenden Straße anliegenden Grundstückseigentümer kaum finanzierbare Beiträge vermieden. Nach den Erfahrungen aus anderen Bundesländern belaufen sich die wiederkehrenden Beiträge auf wenige Hundert Euro pro Jahr.
· Für die Erhebung der für die Anlieger deutlich höheren Erschließungsbeiträge führen wir eine zeitliche Grenze von 25 Jahren ein, d.h. dass 25 Jahre nach Beginn der
erstmaligen technischen Herstellung einer Straße keine Erschließungsbeiträge, sondern nur noch Ausbaubeiträge gem. kommunaler Satzung erhoben werden können. Neben
den Anliegern werden damit auch die Kommunen von erheblichem Verwaltungsaufwand entlastet, der dadurch entsteht, dass viele Jahrzehnte zurückliegende Vorgänge rekonstruiert werden müssen.
· Im Gesetz ist zur Entlastung der Beitragszahler festgeschrieben, dass der Ausbauaufwand auf das Notwendige zu beschränken ist.
· Zur Meidung von Härtefällen können die Gemeinden künftig eine am Grundstückswert orientierte Höchstgrenze für einmalige Straßenausbaubeiträge einführen, um extrem hohe Beitragsforderungen auf ein erträgliches Maß zu beschränken. Das neue Gesetz schlägt vor, Beiträge insbesondere dann teilweise zu erlassen, wenn sie das 0,4fache
des Grundstückswerts übersteigen.
· Die Kommunen können künftig Eigenleistungen bei Planung und Durchführung von Straßenbauarbeiten auf die Anlieger umlegen. Dies führt zu einer Entlastung der Beitragszahler, weil die Kommune Leistungen mit eigenem Personal in der Regel günstiger erbringen kann, als externe Ingenieurbüros oder Baufirmen.

4. Warum können die Straßenausbaubeiträge nicht einfach abgeschafft werden?
Die vor allem von Bürgerinitiativen geforderte vollständige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge lehnen wir in Übereinstimmung mit den Kommunalen Spitzenverbänden ab. Auf die Städte und Gemeinden würden damit Beitragsausfälle in zweistelliger Millionenhöhe zukommen. Diese Summen können von den Kommunen aus allgemeinen Steuermitteln nicht finanziert werden.
Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge würde gerade finanzschwache Gemeinden besonders hart treffen. Viele Gemeinden haben bereits jetzt hohe Grundsteuerhebesätze. Um den Ausfall der Straßenausbaubeiträge zu kompensieren, wären teilweise Vervielfachungen dieser Hebesätze erforderlich. Viele Kommunen, die bereits jetzt unter den negativen Folgen des demographischen Wandels leiden, würden damit gerade für junge Familien auf der Suche nach einem bezahlbaren Eigenheim völlig unattraktiv. Infolge dessen würden gerade finanzschwache Gemeinden gezwungen, das Straßennetz immer weiter verfallen zu lassen.

5. Warum wird an der „Soll“-Regelung festgehalten?
Eine „Kann“-Regelung würde den Kommunen nur eine „Schein-Freiheit“ geben, weil aufgrund der Reihenfolge der Einnahmequellen in Art. 62 Abs. 2 Gemeindeordnung (Entgelte für erbrachte Leistungen vor Steuermitteln) die meisten Gemeinden weiterhin zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verpflichtet wären. Diese Erfahrung haben nach Auskunft des StMI auch diejenigen Bundesländer gemacht, die eine Kann-Regelung haben. Dort haben die Gerichte die mit der Änderung des KAG beabsichtigte größere Entscheidungsfreiheit für die Kommunen zeitnah wieder eingeschränkt. Eine Kann-Regelung dürfte daneben denjenigen Gemeinden, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Straßenausbaubeiträge angewiesen sind, die Beitragserhebung erschweren, wenn finanziell besser gestellte Nachbargemeinden darauf verzichten.

6. Was unterscheidet unseren Gesetzentwurf von denen der Oppositionsfraktionen?
Auch die anderen Fraktionen haben Gesetzesentwürfe eingebracht, die sich mit unserem Entwurf teilweise decken. So sehen alle Entwürfe die Einführung einer Möglichkeit zur
Erhebung wiederkehrender Beiträge inkl. Übergangsregelungen und Informationspflichten vor. Für den kommunalen Eigenanteil sind verschiedene Untergrenzen zwischen 20% und
30% vorgesehen. Die Tatsache, dass die Fraktionen nach der Anhörung im Landtag vom 15.07.2015 unabhängig voneinander in den entscheidenden Punkten zu deckungsgleichen
Bewertungen kamen, belegt, dass im Landtag bezüglich der Neureglungen hohe Übereinstimmung in der Sache besteht. Unser Gesetzesentwurf ist aber der umfassendste und rechtstechnisch präziseste, was wichtig ist, um auf diesem streitgeneigten Themenfeld für alle Beteiligten ein möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit zu bewirken. Deshalb wird er sich als der praxistauglichste erweisen:
• Lösung für Altanlagenproblematik (vgl. Ziffer 3, 2. Aufzählungspunkt),
• (teilw.) Übernahme des Erschließungsbeitragsrechts aus dem BauGB (einheitliche und vollzugsfreundlichere Regelung),
• Präzisere Differenzierung bei Ratenzahlung/Verrentung,
• Umfassende Übergangsregelungen für alle Fälle der Umstellung zwischen wiederkehrenden und einmaligen Beiträgen und der erstmaligen Beitragserhebung,
• Umfassende Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung zum Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht,
• Keine gesonderte Abrechnung von Teilstrecken, da dann vergleichsweise hohe Kosten auf vergleichsweise wenige Beitragspflichtige verteilt würden mit der Folge, dass sehr
hohe Beitragsforderungen im Einzelfall entstehen. Es würde also gerade der Effekt eintreten, der mit der Einführung wiederkehrender Beiträge abgemildert werden soll.

7. Wie geht es weiter?
Um von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen zu können, müssen die Städte und Gemeinden ihre Straßenausbaubeitragssatzungen anpassen. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat die Regierungen, Landratsämter und Gemeinden bereits über die Änderungen informiert. Auch der Bayerische Gemeindetag wird seine Mitglieder wieder in bewährter Weise unterstützen.

Bernhard Seidenath, MdL
Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit und Pflege
Vorsitzender des Arbeitskreises Gesundheit und Pflege der CSU-Landtagsfraktion
Maximilianeum

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