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Bernhard Seidenath
CSU
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Frage von Michael B. •

Frage an Bernhard Seidenath von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Seidenath,

mit dem bekanntwerden des Wahltermins für die Landtags- (in Bayern) und die Bundestagswahl 2013 drängen sich mir folgende Fragen auf:

Wie vertragen sich 2 Abstimmungen innerhalb von einer Woche mit dem Sparwillen und dem finanziellenKonsolidierungskurs der bayrischen Landesregierung? Wahlen und die damit verbundene Infrastruktur bedeuten einen finanziellen Aufwand den der Steuerzahler aufbringen muss. Kann es sein dass bei diesen beiden Wahlen parteipolitische Gesichtspunkte im Vordergrund standen und nicht der vernünftige Umgang mit finanziellen Mitteln?

Mit freundlichen Grüßen
Michael Boehm

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Böhm,

herzlich danke ich Ihnen für Ihre Anfrage zum Termin für die Landtags-, Bezirkstags- und Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres. Korrekt ist, dass die christlich-liberale Koalition in Bayern sich auf den 15. September 2013 als Termin für die Landtags- und Bezirkstagswahlen geeinigt hat. Noch nicht fest steht dagegen, wann die Bundestagswahl stattfindet. Hier ist der 22. September im Gespräch - dieses Datum ist aber von Herrn Bundespräsidenten noch nicht bestätigt. Unklar ist deshalb bisher, ob es tatsächlich zwei getrennte Wahltermine für die Landtags- und Bezirkstagswahl auf der einen und die Bundestagswahl auf der anderen Seite gibt.

Allerdings mache ich keinen Hehl daraus, dass ich persönlich zwei getrennten Wahlterminen zuneige. Und dies hat vor allem fünf Gründe:

Zunächst das bayerische Selbstverständnis: Der Freistaat Bayern muss als ein bedeutendes Land Deutschlands das Selbstverständnis haben, einen eigenen Wahltermin anzustreben. Ein eigener Wahltermin ist ein Beitrag zur Identifikation und
Verbundenheit der bayerischen Bevölkerung mit ihrem Freistaat Bayern. Zudem verdient Landespolitik und Bundespolitik eine klare Unterscheidung, die sich auch in einem unterschiedlichen Wahltermin widerspiegeln muss. Bei einem einheitlichen Termin droht die wahlverzerrende Gefahr einer Vermengung von bundes- und landespolitischen Themen. Die bayerische Landtagswahl ist aber kein Anhängsel einer Bundestagswahl.

Der zweite Grund ist, dass es - entgegen der in Ihrer Frage zum Ausdruck kommenden Einschätzung - kaum finanzielles Einsparpotential durch einen einheitlichen Wahltermin gibt. Der Großteil der Wahlkosten bleibt ohnehin bestehen: Für die Bundestags- und Landtagswahl müssen jeweils getrennte Wählerlisten erfasst und getrennte Wahlunterlagen versendet werden. Ein gemeinsamer Wahltermin würde daran nichts ändern. Die Vorbereitung für Wahlhelfer fiele bei einem Termin zudem weitaus aufwändiger aus. Die einzige Einsparung bestünde darin, dass Wahlhelfer - anstatt einer zweifachen Auszahlung bei zwei Wahlterminen - bei einem einheitlichen Termin lediglich ein Viertel mehr an Aufwandsentschädigung erhielten. Dies aber würde nur zusätzlich das Problem verschärfen, überhaupt eine ausreichende Anzahl an ehrenamtlichen Wahlhelfern zu finden. Bei einem
gemeinsamen Wahltermin würden wegen der höheren Anzahl an Wahlen und Entscheidungen aber ohnehin mehr Wahlhelfer benötigt. Nach Expertenmeinung sind deshalb durch einen gemeinsamen Termin größere Einsparungseffekte nicht zu erwarten. Dies bestätigen im Übrigen auch die Aussagen der Wahlamtsleiter von München und Nürnberg.

Der dritte Grund gegen einen gemeinsamen Wahltermin besteht in einer Überfrachtung des Wahltages: Bis zu elf Entscheidungen wären bei einem einzigen Wahltermin zeitgleich zu treffen. Das Prozedere in der Wahlkabine würde daher sehr lange dauern - Warteschlangen vor den Wahllokalen wären unvermeidbar, insbesondere in den Stoßzeiten. Wähler wären mit zu vielen Stimmzetteln auf einmal konfrontiert, ein transparenter Wählerwille wäre dann wegen einer erhöhten Verwechslungsgefahr nicht zu 100 Prozent garantiert. Die Wählerinnen und Wähler würden sich möglicherweise nicht ausreichend lang mit den Wahlzetteln beschäftigen können, da sich viele gedrängt fühlen. Vereinzelte Wähler könnten aufgrund der Wartezeiten gänzlich auf ihre Wahl verzichten. Bei Briefwählern könnten Stimmzettel in den falschen Umschlägen eine Stimme ungültig machen.

Viertens wäre der zu erwartende Auszählmarathon von Nachteil: Ein gemeinsamer Wahltermin würde bis zu elf Auszählungen nach
Schließung der Wahllokale bedeuten - die Bundestags-, Landtags- und Bezirkstagswahl mit je zwei Stimmen sowie voraussichtlich fünf Volksabstimmungen, etwa zur Änderung der Bayerischen Verfassung. Ein zweitägiger Auszählmarathon würde den Wahlhelfern bevorstehen. Neben zusätzlichen Wahlhelfern und Wahlkabinen selbst wären deshalb auch weitere Räume für die Auszählungen nötig. Die Ergebnisse der Landtagswahl würden womöglich erst spät in der Nacht feststehen, was dem Selbstverständnis Bayerns per se zuwiderläuft, die Ergebnisse der Bezirkstagswahl erst frühestens am nächsten Tag. Wenn Auszählungen in manchen Fällen erst am nächsten Tag fortgesetzt werden können, würde es zu Problemen mit Räumlichkeiten, die ja nicht selten in Schulen situiert sind, und mit dem Wahlhelferpersonal kommen.

Fünftens und schließlich spricht das Demokratieverständnis für getrennte Wahltermine: Bundestags-, Landtags- und Bezirkstagswahlrecht unterscheiden sich ganz erheblich voneinander. Alle drei Wahlen haben unterschiedliche Wahlsysteme, Vorschriften und Begrifflichkeiten, die es im Vorfeld der Wahl gründlich zu erläutern gilt. Mehrere Wahlen erschweren dieses Vorhaben der politischen Bildung. Besonders eklatant ist der Unterschied beim Erst- und Zweitstimmenprinzip: Für das Endergebnis einer Partei zählt im Bund nur die Zweitstimme, in Bayern aber werden Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt. Bei der Bundestagswahl sind die Erststimmen für unterlegene Direktkandidaten wertlos, in Bayern hingegen kommen sie der Partei zugute, selbst wenn ein Direktkandidat nicht in den Landtag gewählt wird.

So hoffe ich, Ihnen mit diesen Erläuterungen etwas weiter geholfen zu haben. Aus diesen fünf Gründen mögen Sie, sehr geehrter Herr Boehm, jedenfalls ersehen, dass es mitnichten parteipolitische Gesichtspunkte sind, die im Vordergrund stehen, sollte es tatsächlich zu zwei getrennten Wahlterminen kommen. Und auch, dass es eine Mär ist, dass ein einheitlicher Wahltermin zu hohen Einsparungen führen würde.

Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen verbleibe ich

Ihr
Bernhard Seidenath

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