Warum werden für die Ukraine keine großen Bestellungen bei der Industrie beispiel Leopard Panzer getätigt. Der Krieg wird sich ja noch lange hinziehen.
Sehr geehrter Herr S.
zunächst einmal vielen Dank für Ihre Frage zu deutschen Panzer-Bestellungen für die langfristige Unterstützung der Ukraine. Gern möchte ich Ihnen eine zuversichtliche Antwort geben.
Die wichtigste Aufgabe jedes Staates, jeder Gesellschaft besteht darin, für die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Denn ohne Sicherheit kann es keine Freiheit und keinen Wohlstand geben. Russlands völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine führt uns diesen Zusammenhang auf besonders grausame Weise vor Augen. Wir haben darauf reagiert und weitreichende strategische Entscheidungen getroffen. Wir unterstützen die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf mit aller Kraft und vor allem so lange wie nötig. Wir übernehmen eine deutlich aktivere Rolle beim Schutz unseres Bündnisgebiets und unserer Freunde in der NATO. Wir legen die Grundlagen für ein geopolitisch handlungsfähiges Europa.
Sowohl die Europäische Union als auch das NATO-Bündnis sind geeint und gestärkt aus den vergangenen anderthalb Jahren seit Beginn des Überfalls auf die Ukraine hervorgegangen. Dazu hat unsere entschlossene Reaktion auf die Zeitenwende, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, ganz maßgeblich beigetragen. Als Europäische Union lassen wir keinen Zweifel daran, dass wir die Ukraine weiterhin und auf Dauer unterstützen. Allein die zivile und militärische Hilfe aus Deutschland beläuft sich seit Kriegsbeginn auf 16,8 Milliarden Euro. Damit sind wir der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine nach den USA.
Deutschland unterstützt die Ukraine mit Ausrüstungs- und Waffenlieferungen – aus Beständen der Bundeswehr und durch Lieferungen der Industrie, die aus Mitteln der Ertüchtigungshilfe der Bundesregierung finanziert werden. Die Mittel des Ertüchtigungstitels belaufen sich auf insgesamt rund 5,4 Milliarden Euro für das Jahr 2023 (nach 2 Milliarden Euro im Jahr 2022) zzgl. Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre in Höhe von rund 10,5 Milliarden Euro. Diese Mittel sollen vornehmlich für militärischen Unterstützung der Ukraine eingesetzt werden. Zugleich werden sie zur Finanzierung der Wiederbeschaffung von an die Ukraine aus Beständen der Bundeswehr abgegebenen militärischem Material für die Bundeswehr sowie der deutschen Beiträge an die Europäische Friedensfazilität (EPF) eingesetzt, aus der wiederum Kosten der EU-Mitgliedstaaten für Unterstützungsleistungen an die Ukraine erstattet werden können.
Zu der bisher geleisteten militärischen Unterstützung an die Ukraine zählen unter anderem:
20 Kampfpanzer des Typs Leopard, 28 Mehrzweckfahrzeuge mit Kette, 18 Kampfpanzer des Typs Leopard 2 A6, 40 Schützenpanzer des Typs Marder, 50 Allschutz-Transport-Fahrzeuge des Typs Dingo sowie 54 M113 gepanzerte Truppentransporter, 46 Gepard-Flakpanzer und 11 Biber-Brückenlegepanzer - um nur eine Auswahl zu nennen. Eine regelmäßig aktualisierte Übersicht über alle bisherigen militärischen Unterstützungsleistungen findet sich auf der Webseite der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514 Dort befindet sich auch eine Liste von militärischen Unterstützungsleistungen, die sich derzeit bereits in Vorbereitung befinden. Wann diese erfolgen werden, hält die Bundesregierung aus Sicherheitserwägungen bis zur erfolgten Übergabe geheim. Dafür haben Sie sicherlich Verständnis. Die Liste beinhaltet neben gepanzerten Gefechtsfahrzeugen unter anderem auch weitere Luftverteidigungssysteme, Artillerie, Drohnen, Schutz- und Spezialausrüstung und einiges mehr. Angesichts der Aktualität besonders hervorzuheben ist außerdem der gestern öffentlich gemachte Großauftrag an Rheinmetall über 40 weitere Schützenpanzer vom Typ "Marder". In den nächsten Monaten können dadurch bis zu zehn Schützenpanzer pro Monat an die Ukraine ausgeliefert werden. Mit der geplanten Auslieferung verdoppelt sich die Zahl der von Deutschland an die Ukraine gelieferten "Marder"-Panzer auf insgesamt 80.
Auch bei anderen Systemen sind die Lieferungen von Deutschlands größtem Rüstungskonzern wichtig für die Ukraine. So hat Rheinmetall bereits in der vergangenen Woche eine erste Charge von dringend benötigter Munition für den Flugabwehrpanzer "Gepard" produziert und geliefert. Insgesamt 40.000 Patronen sollen bis Jahresende gefertigt und bereitgestellt werden. Obwohl die Beschaffungsunterlagen verständlicherweise vertraulich sind, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt festhalten, dass weitere Schützenpanzer des Typs Puma, Kampfpanzer des Typs Leopard 2 und auch Panzerhaubitzen 2000 von der Bundesregierung bestellt wurden.
Was die zuletzt rege diskutierte Frage um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern betrifft, befinden wir uns gegenwärtig noch in einer kontrovers geführten Debatte. Einige Fraktions-Kolleg:innen, darunter Andreas Schwarz (MdB im Verteidigungsausschuss), Michael Roth und Nils Schmid (beide Außenpolitiker der SPD), sprachen sich bereits früh für Taurus-Lieferungen aus. Insgesamt mehren sich innerhalb der SPD die Stimmen, die eine Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine nicht mehr kategorisch ausschließen. Auf der anderen Seite zeigen die Reaktionen einiger anderer Abgeordneter, Partei-Mitglieder und -Anhänger, dass die Diskussion auch über die Parteigrenze hinaus noch in vollem Gange ist. Auch hier zeigt sich, dass die Bundesregierung bereits intensiv bemüht ist, der Ukraine das benötigte Material zukommen zu lassen und gleichzeitig die eigenen Lagerbestände vorausschauend wieder aufzufüllen.
Ich hoffe mit diesem Antwortschreiben Ihre Frage beantwortet und die aktuelle Situation verständlich dargelegt zu haben. Sollten Sie weitere Fragen oder Anregungen haben, kontaktieren Sie gern mein Team im Wahlkreis. Ich wünsche Ihnen alles Gute und Zuversicht.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auf meinen Newsletter hinweisen, der am Ende jeder Sitzungswoche erscheint. Bei Interesse können Sie diesen abonnieren unter: https://www.bernhard-daldrup.de/bundestag/update
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup