Könnte das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren von 2003 der AFD aktuell als Blaupause dienen, um ein potentielles Verbotsverfahren abzuwenden?
Das angestrebte NPD-Verbotsverfahren 2003 ist bekanntlich unter anderem an der V-Mann-Affäre gescheitert. Ich kann mir vorstellen, dass die AFD auf dieser Erfahrungsgrundlage aktuell ein Netzwerk von Personen an strategisch wichtigen Positionen installiert hat, die im Falle eines Verbotsverfahrens als potentielle V-Leute hervortreten, um ein Verbotsverfahren auf ähnlicher weise zu Fall zu bringen. Die politische Gesinnung von Herrn Maaßen an ehemals taktisch wichtiger Position war solchen taktischen Überlegungen gegenüber doch eher förderlich und erzeugt bei mit die Angst, dass die Feinde der Demokratie sich viel tiefer ins System eingenistet haben, als weitläufig gefühlt. Am Ende geht es um Erlangung und Erhalt von Macht, und dafür werden leider auch im Verborgenem unglaubliche Dinge getan.
Sehr geehrter Herr L.,
wir, Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Deutschen Bundestag, teilen Ihre Sorgen und beobachten eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. Wir erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird an einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei deutlich.
Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.
Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat.
Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann.
Wie in jedem anderen gerichtlichen Verfahren müssen in einem Parteiverbotsverfahren eindeutige Beweise vorgebracht werden. Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an diese Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung, wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt.
Wir setzen großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Wir werden deshalb die weiteren Erkenntnisse aus dieser weitergehenden Beobachtung abwarten, bevor wir als Fraktion entscheiden, ob wir uns für die Beantragung eines Verbots der AfD einsetzen.
Entscheidend ist auch, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. Unsere Demokratie wird nicht alleine von einzelnen Akteuren oder Verfahren, sondern von vielen wehrhaften Demokratinnen und Demokraten verteidigt. Wir appellieren an alle, die nicht damit einverstanden sind, dass die AfD Millionen von Menschen vertreiben will, die unsere Freundinnen und Freunde sind, unsere Arbeitskollegen, unsere Mannschaftskameraden, jetzt laut zu werden. Gemeinsam mit uns. Jeder kann und muss jetzt seinen Beitrag leisten, um unsere Demokratie zu schützen.
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Bernhard Daldrup