Frage an Bernhard Daldrup von Pascal W. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Daldrup,
es gibt einen Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Tabaksteuergesetzes. Dieser Gesetzesentwurf sieht vor, dass die E-Zigarette, beziehungsweise ihre Nikotinhaltigen Liquids, so hart besteuert werden, dass sie sogar teurer werden als Feinschnitttabak. Die E-Zigarette ist nachweislich durch mehrere Studien und auch von der Bundesregierung (Drogen und Suchtbericht 2019, Seite 50) darin bestätigt worden, dass sie deutlich! weniger schädlich als die herkömmliche Zigarette ist und außerdem das wirksamste Rauchentwöhnungsprodukt ist.
Ich habe vorher 40 Feinschnittzigaretten geraucht. Das hat mich ungefähr 3,20 € pro Tag gekostet. Nach meinem Umstieg auf die E-Zigarette lagen die Kosten für 10ml Liquid mit 18mg/ml Nikotin auf den Tag umgerechnet bei ungefähr 2,45 €. Durch die geplante Steuer würde der Preis für die Zigaretten annähernd gleich bleiben, die Kosten für das Liquid aber auf 4,85€ pro Tag.
Eine Steuer ist vollkommen gerechtfertigt, die Höhe jedoch vollkommen inakzeptabel.
Wie stehen Sie dazu, dass man ein Produkt, welches nachweislich! deutlich! weniger schädlich ist und als der beste Ausweg vom Rauchen gilt, teurer macht als das deutlich! schädlichere Produkt?
Mit freundlichen Grüßen
Pascal Westphal
Sehr geehrter Herr Westphal,
vielen Dank für Ihre Nachricht zur Modernisierung des Tabaksteuergesetzes. Die damit einhergehende Erhöhung der Tabaksteuer sowohl für Feinschnitttabak wie auch für Heat-not-Burn-Produkte und Liquids für E-Zigaretten haben wir mittlerweile im Deutschen Bundestag beschlossen.
Angesicht von jährlich etwa 127.000 Todesfällen im Zusammenhang mit dem Rauchen (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/r/rauchen.html) sehen wir als SPD-Bundestagsfraktion einen großen Handlungsbedarf, proaktiv gegen erhöhten Tabakkonsum anzugehen. Die Tabaksteuer stellt dabei ein wichtiges Instrument dar: Denn durch eine Erhöhung des Tabakpreises erzeugen wir einen Lenkungseffekt, der den Tabakkonsum in Deutschland sinken lassen wird. Unserer Auffassung nach müsste die Tabaksteuer sogar auf ein noch höheres Niveau angehoben werden, um einen noch signifikanteren Lenkungseffekt zu erzeugen. Dies wurde uns im Rahmen einer Expertenanhörung des Deutschen Bundestages ebenfalls seitens der Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft empfohlen.
Darüber hinaus stärken wir durch die Reduzierung des Tabakkonsums nicht nur den Gesundheitsschutz, sondern verbessern auch die fiskalpolitische Situation. Denn durch den geringeren Tabakkonsum werden wir neben höheren Steuereinkünften auch eine Reduzierung der Kosten, etwa in den Krankenkassen, erreichen (https://www.bundestag.de/resource/blob/844892/56f42f2c1293819f65c9e5bace074bb0/Protokoll-data.pdf).
Wie Sie richtig ausführen, bescheinigen viele Studien, dass E-Zigaretten und Heat-Not-Burn-Produkte weniger schädlich sind, als herkömmliche nikotinhaltige Zigaretten (https://www.bundestag.de/resource/blob/844892/56f42f2c1293819f65c9e5bace074bb0/Protokoll-data.pdf (Prof. Dr. Martin Storck)). Trotzdem lassen sich gesundheitsschädliche und krebserregende Inhaltsstoffe in diesen Produkten nachweisen. Deshalb setzen auch diese Produkte Konsumenten einem Gesundheitsrisiko aus.
Der Vorwurf, dass E-Zigaretten stärker als traditionelle Zigaretten versteuert werden, beruht indes auf nicht ohne weiteres nachvollziehbarer Preisbildung der Hersteller und ihres Interessenverbandes. Das Ziel des Gesetzentwurfes aus dem Bundesfinanzministerium war es, die bisher von der Tabaksteuer nicht erfassten E-Zigaretten so zu besteuern, dass ihre Besteuerung etwa 70 % der Steuer auf klassische Zigaretten entspricht.
Hintergrund für die Abtstufung ist, dass die E-Zigarette (wie oben beschrieben) wohl tatsächlich weniger schädlich als die klassische Zigarette ist. Es fehlen aber verlässliche Langzeitstudien zu den gesundheitlichen Langzeitfolgen, um diesen Sachverhalt abschließend beurteilen zu können. Sie ist auch nicht nur Ausstiegs- und Umstiegsprodukt, sondern kann leider mit denselben Argumenten zum Einstiegsprodukt werden und damit die Grundlage für Sucht werden. Sehr häufig wird folgende Praxis beobachtet: „Dual Use“, also klassische Zigarette plus E-Zigarette. Auch hier ist strittig, inwieweit das wirklich gesünder ist. Es wird sogar der Standpunkt vertreten, dass diese vermeintlich „gesündere“ Praxis den wirklichen Ausstieg aus der Sucht eher behindert als fördert.
Im parlamentarischen Verfahren haben wir den Steuersatz auf Zigaretten und Feinschnitt gegenüber dem Gesetzentwurf noch einmal um ca. 8 %, den Satz auf E-Zigaretten um ca. 20 % gegenüber dem Gesetzentwurf abgesenkt. Die ursprüngliche "Spreizung" von 70 % fällt jetzt also noch einmal deutlich größer aus.
Aus Gründen der Gesundheitsprävention hat sich die Mehrheit des Deutschen Bundestags letztlich für die beschlossene Tabaksteuer auf E-Zigaretten entschieden - am Ende übrigens auf alle sog. Liquides - und nicht nur auf die nikotinhaltigen - so wie es auch die meisten EU-Nachbarn handhaben. Der Vorwurf, die E-Zigarette sei nun teurer als die klassische Zigarette, sollte sich demzufolge vielmehr an die Hersteller richten, als an die steuerlichen Beschlüsse des Bundes.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup