Frage an Bernhard Daldrup von Werner S. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Daldrup,
der Bundesrat hat mehrheitlich (mit den Stimmen der SPD Finanzministerinnen von Hamburg und Thüringen) den Bundestag aufgefordert, §20 Abs.6 Satz 5 EStG ersatzlos zu streichen. In der Begründung heißt es u.a.:
"Die Verlustverrechnungsbeschränkungen sind so restriktiv, dass sie in der Fachliteratur als ein klarer Verstoß gegen das verfassungsrechtlich maßgebende Nettoprinzip bewertet werden."
Wenn man die Funktionsweise von Termingeschäften kennt, dann weiß man, dass die Begrenzung praktisch einem Verbot entspricht.
Auf 2 kleine Anfragen hin hat das BMF erklärt, dass es ihm nicht möglich ist, die Auswirkungen von § 20 Abs. 6 Satz 5 auf die Gesamtsteuereinnahmen zu beziffern. Der Derivatehandel findet vielfach im Ausland statt (z.B. USA). Die Kontrahenten sind daher zumeist Nichtdeutsche. Gewinne von erfolgreichen deutschen Anlegern (weniger erfolgreiche geben ihre Aktivitäten nach kurzer Zeit wieder auf) führen also zu einem Kapitalzufluss nach Deutschland und zu Kapitalertragssteuerzahlungen.
Termingeschäfte durch die Verwendung des Wortes 'Zocker' in die Ecke von Spielhöllen zu stellen, ist eine Diffamierung. Wenn man langfristig hier tätig ist hat man i.d.R. betriebswirts. und mathematische Kenntnisse.
Der Rat, die Tätigkeit in den gewerblichen Bereich zu verlagern, führt absehbar in die Irre. Der wiss. Dienst hat in einem Gutachten festgestellt, dass §20 Abs. 6 Satz 5 zu einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung von privaten und gewerblichen Anlegern führt und schlägt als Konsequenz vor, dass auch die gewerbl. Anleger einer Verrechnungsbeschr. unterworfen werden.
Raucher und Alkoholiker dürfen im privaten Bereich ihre Gesundheit schädigen und damit das Gesundheitssystem belasten. Kein Gesetz verbietet Ihnen das. Aber mir und vielen anderen wird faktisch verboten, als Nebenverdienst Kapital aus dem Ausland zu holen und Steuern dafür zu zahlen. Wie passt denn das zusammen? Braucht der Staat mein Geld nicht?
MfG
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Diese Regelung wurde im Dezember 2019 beschlossen und bezieht sich alleine auf den Handel im Privatvermögen. Sollten Sie davon betroffen sein, steht Ihnen leicht der Weg in das Betriebsvermögen offen. Wenn Sie betriebswirtschaftliche und mathematische Kenntnisse besitzen und langfristig tätig sind, sollten Sie dies meines Erachtens erst recht tun.
Termingeschäfte werden von privaten Anlegern im Regelfall nicht nur zur Absicherung von Fremdwährungsrisiken, Marktrisiken oder zur Absicherung von Zins-, Preis- oder Kursniveaus getätigt, wie es bei Unternehmen aus realwirtschaftlichen Motiven die Regel ist. Deshalb ist eine unterjährige Begrenzung der steuerlichen Verlustberücksichtigung gerechtfertigt. Denn die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten schmälert die Bemessungsgrundlage der Steuer und somit die Steuerzahlung an die Gemeinschaft. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinschaft eine weitgehendere Verlustverrechnung von so risikoreichen Geschäften mitfinanzieren sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup