Frage an Bernhard Daldrup von Jörg L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Daldrup,
warum werden gemäß aktuellem Lohnnachweis bzw. den bekannten Daten in Deutschland ausschließlich die ArbeitnehmerInnen auf Facharbeiter- bzw. Angestelltenbasis (im Vergleich zu den Beamten, Selbstständigen z.B. Apothekern, Anwälten, Ärzten ect. und Vermögenden) überdurchschnittlich hoch mit den zu zahlenden Steuern sowie Abgaben real! belastet ?
In der Lohnsteuerklasse zum Beispiel mit immerhin bis zu ca. 66 Prozent an Steuern und Abgaben, wenn ich hierbei die direkten und indirekten Steuern/ Abgaben incl. AG-Anteil, Mehrarbeit sehe.
Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Lindeholz
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
vielen Dank für Ihre Frage!
Zunächst einmal möchte ich klar stellen, dass wir in Deutschland einen progressiven Steuertarif haben, d. h. höhere Einkommen werden stärker besteuert. Dies gilt sowohl für abhängig Beschäftigte als auch für Selbstständige.
Man muss in diesem Zusammenhang auch bedenken, dass Selbstständige bei den Sozialausgaben stärker belastet werden. So müssen Selbstständige ihre Krankenversicherung und Altersversorgung in vollem Umfang selbst finanzieren. Zudem sind die Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in einigen Branchen stark konjunkturabhängig. Damit ist auch das Risiko des Einnahmeneinbruchs entsprechend höher. Oft greifen dann die Mechanismen der staatlichen sozialen Absicherung nicht in vollem Ausmaß, da Selbstständige nicht der gesetzlichen Sozialversicherungspflicht unterliegen.
Anders sieht es bei Einkünften aus Kapitalerträgen aus. Diese werden aus meiner und aus Sicht der SPD zu niedrig besteuert. Langfristig streben wir Sozialdemokraten deshalb eine höhere Besteuerung von Kapitalerträgen an. Es ist in der Tat schwer vermittelbar, dass Einkünfte aus Arbeit höher besteuert werden als solche aus Kapital. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Wert von Arbeit zu stärken. Mit der historischen Einführung des Mindestlohns sind wir diesem Ziel einen großen Schritt entgegengekommen. Die Besteuerung von Kapitalerträgen mit dem progressiven Steuertarif wäre ein weiterer konsequenter Schritt in diese Richtung.
Der aktuelle Koalitionsvertrag bietet nicht den nötigen Gestaltungsspielraum, um diese Korrekturen hin zu mehr Steuergerechtigkeit noch in dieser Legislaturperiode vorzunehmen. An anderer Stelle haben wir hingegen bereits wichtige Schritte unternommen, um das Steuersystem fairer zu machen. Die Bedingungen der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung wurden deutlich verschärft. In der Koalition herrscht zudem Konsens darüber, dass die Steuervermeidung von internationalen Unternehmen entschiedener bekämpft werden muss. Dazu wird die Umsetzung entsprechender Pläne der OECD geprüft. Großkonzerne, die ihre Gewinne in Deutschland erzielen, müssen stärker als bisher zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beitragen, indem sie ihre Gewinne auch hier versteuern und nicht etwa in Steueroasen verlagern. Es werden zudem Maßnahmen zum Abbau der sogenannten „kalten Progression“ in Erwägung gezogen, um die Arbeitnehmer nicht noch stärker zu belasten.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup