Frage an Bernhard Daldrup von Gerd F. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Daldrup,
bezüglich Ihrer Antwort vom 05.02.2014 - Zitat: „..., so tat ich dies im Vertrauen darauf, dass diese Bundesregierung sich an den Koalitionsvertrag hält und insoweit die Haltung der SPD Ministerinnen auch von den CDU und CSU geführten Häusern sowie durch die Kanzlerin eingenommen wird, so dass eine einheitliche Haltung der Bundesregierung, die wahrscheinlich am 11. Februar in Brüssel verlangt wird, vorliegt.“ - stelle ich heute fest:
Weil Deutschland sich enthielt, brachten die EU-Agrarminister keine Mehrheit für ein Verbot zustande. Der EU-Agrarministerrat hat mit Hilfe Deutschlands den Weg für die Zulassung des umstrittenen Genmaises 1507 in der Europäischen Union freigemacht. In dem Gremium stimmten zwar 19 Staaten gegen eine Anbauerlaubnis, doch damit verfehlten sie die qualifizierte Mehrheit, die für eine Ablehnung nötig gewesen wäre. Deutschland enthielt sich. Die EU-Kommission hatte zuvor angekündigt, den Anbau zu erlauben, wenn der Ministerrat kein eindeutiges Verbot ausspricht. Damit wird der umstrittene Genmais 1507 wohl bald auf Feldern in Europa angebaut werden.
Ob Deutschland den Anbau in Deutschland nun noch verbieten kann ist strittig. Unstrittig ist aber, sobald genveränderte Pflanzen in Europa angebaut werden, verbreiten sich diese auch über territoriale Grenzen. Das wäre u.A. früher oder später auch das Ende der Bio-Landwirtschaft. Dies möchte eine übergroße Mehrheit der Deutschen aber nicht.
Deshalb nun meine Frage: „Wie sehen Sie heute Ihr oben zitiertes Vertrauen und wäre ein klares JA zum Antrag der Fraktion der GRÜNEN nicht ein eindeutigeres Zeichen gewesen?“
Mit freunlichen Grüßen
Gerd Friedrich
Sehr geehrter Herr Gerd Friedrich,
meine ablehnende Haltung zum Anbau von Gen-Mais habe ich dargestellt und zu Recht weisen Sie mich auf den Widerspruch hin, der durch die Enthaltung der Bundesregierung in der EU entstanden ist, also der Anbau des Gen-Mais nicht hat verhindern können.
Das ärgert mich ebenso wie Sie, allerdings bin ich mir bewusst, dass ich mit meinem Abstimmungsverhalten zum Antrag der Fraktion der Grünen im Bundestag diese Ablehnung nicht deutlich machen konnte.
Dem Antrag der Grünen habe ich nicht nur aus Gründen der Koalitionsraison nicht zugestimmt. Die Initiative der Grünen sollte eine Haltung zum Ausdruck bringen, die die SPD bereits festgelegt hatte. Natürlich war den Antragstellern klar, dass damit eine taktische Überlegung verbunden war, sollte doch die Zusammenarbeit der Koalitionsfraktionen auf die Probe gestellt werden.
Um diese Problematik zu unterstreichen haben viele Abgeordnete der SPD-Fraktion zeitgleich einen Antrag nach § 31 GO BT abgegeben, in dem deutlich gemacht wurde, dass sich an unserer Position gegen Zulassung, Anbau und Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen nichts ändert.
Zum damaligen Zeitpunkt ging ich auch davon aus, dass die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung im Europäischen Rat gegen die Zulassung des Gen-Mais stimmen würde, da ich dies als konsequente Umsetzung unseres Koalitionsvertrages erwartet habe.
Nachdem bekannt wurde, dass sich die Bundesregierung bei der Abstimmung enthalten hat, gab es eine sehr lebhafte Debatte, in der die Haltung der Bundesregierung auf deutliche Kritik stieß. Schließlich hat auch das Europäische Parlament am 16.01.2014 mit breiter Mehrheit eine Entschließung gegen die Zulassung des Gen Mais verabschiedet, was der einhelligen Meinung der SPD entspricht.
Das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung im Europäischen Rat wird jedoch im Bundeskabinett entschieden, in dem die Bundeskanzlerin den Vorsitz innehat. Alle SPD und der CSU-geführten Ressorts haben sich gegen die Zulassung der Maislinie in der EU ausgesprochen.
Die durch die CDU geführten Ministerien der Gesundheit (Bundesminister Gröhe) und der Forschung (Bundesministerin Wanka) befürworteten die Grüne Gentechnik ebenso wie das durch die CDU geführte Bundeskanzleramt. Insbesondere die Bundeskanzlerin prägt im Kabinett – so will es unsere Verfassung – die Richtlinien der Politik. In dieser Situation war die Enthaltung der Bundesregierung im Rat leider der geringste gemeinsame Nenner, der infolge der ablehnenden Haltung der SPD Ministerien und des CSU-geführten Landwirtschaftsministeriums immerhin möglich gewesen ist.
Bei der entscheidenden Aussprache des Europäischen Rates am 11. Februar kam es übrigens auf die deutschen Stimmen nicht an. Fünf Staaten haben sich für die Zulassung des Anbaus ausgesprochen, vier Staaten haben sich enthalten – darunter Deutschland. Auch ein „Nein“ Deutschlands hätte keine qualifizierte Mehrheit für den Verbot erwirkt.
Wie ärgerlich dies auch ist: Bei der Bundestagswahl hat keine Partei die absolute Mehrheit bekommen, so dass es notwendig war, eine Koalition zu bilden. Die SPD hat diese Verantwortung übernommen, um eine soziale, gerechte und auch umwelt- sowie verbraucherfreundliche Politik so weit wie eben möglich zu gestalten.
Ich will nicht verhehlen, dass ich vom Abstimmungsverhalten der Bundesregierung im Europäischen Rat enttäuscht bin Konkret setze ich mich weiter, wie die SPD insgesamt, für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Ernährung ein.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup