Frage an Bernhard Daldrup von Alfons S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Daldrup,
Ihre Antwort auf die Frage vom 31.01.2014 verstehe ich nicht. Der so genannte Koalitionsvertrag ist rechtlich gesehen kein Vertrag, weil er keinen Anspruch gewährt, der vor Gericht durchgesetzt werden kann. Er ist lediglich eine politische Absichtserklärung, die bezüglich der Gentechnik sehr schwammig formuliert ist. Mir ist es deshalb ein Rätsel, wie Sie darauf Ihre Entscheidung stützen können. Weder die Koalitionsabsprache der Parteiführungen noch ein Fraktionsbeschluss haben Einfluss auf die Gewissensfreiheit der Abgeordneten. Sehen Sie das anders?
Laut Medienberichten wird sich die Bundesregierung bei der Abstimmung im EU-Ministerrat enthalten. Wenn das nicht in Ihrem Sinne ist, welche Konsequenzen werden Sie daraus ziehen?
Mit freundlichen Grüßen
Alfons Schwarzenböck
Sehr geehrter Herr Schwarzenböck,
zunächst muss ich mich dafür entschuldigen, dass Ihre Frage auf Grund eines Büroversehens nicht zeitnah beantwortet worden ist, die Verantwortung liegt bei mir. Auch wenn also schon einige Zeit vergangen ist, will ich dennoch die Antwort nicht schuldig bleiben.
Immer wieder werden Fragen an Abgeordnete gerichtet, die sich mit dem Verhältnis von Koalitionsvertrag, Abstimmungsverhalten und Gewissensfreiheit befassen. Die Gewissensfreiheit wird durch den Koalitionsvertrag nicht beeinträchtigt, das sehe ich so wie Sie. Dennoch erwarten Sie vermutlich auch, dass Abgeordnete sich an Wahlaussagen und Koalitionsabsprachen halten und sich nicht gänzlich anders verhalten als die Parteien, deren Vertreter Sie bei Wahlen unterstützt bzw. gewählt haben. Dieses Spannungsverhältnis lässt sich deshalb nicht generell auflösen, sondern muss im Einzelfall betrachtet werden.
Nachdem sich die Bundesregierung aufgrund der Auffassung mehrerer CDU-Ministerien und der Bundeskanzlerin, Genmais in der EU erlauben zu wollen, bei der entsprechenden Abstimmung im EU-Ministerrat enthalten hatte haben insbesondere die SPD und die CSU auf die Durchsetzung eines Verbotes zumindest in Deutschland gedrängt..
Wir haben uns mit der entstandenen Situation nicht abgefunden und meines Erachtens eine Regelung erreicht, die den Anbau von gentechnisch verändertem Mais weitergehend ausschließt als dies mit dem Ursprungsantrag im Deutschen Bundestag möglich gewesen wäre.
Wie Sie vermutlich wissen, hat der EU-Umweltministerrat am 12. Juni mit einer überwältigenden Mehrheit den Vorschlag der griechischen Ratspräsidentschaft angenommen, wonach die 28 EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen (Opt-out-Regelung).
Der Beschluss des EU-Umweltministerrats ist nach meiner Auffassung ein wichtiger Zwischenschritt, um grüne Gentechnik in Deutschland verbieten zu können. Wie im Koalitionsantrag vom Mai gefordert, werden damit die Sorgen und Vorbehalte der Menschen in Deutschland ernst genommen. Nach den Beschlüssen auf EU-Ebene muss die Opt-out-Regelung noch in Deutschland umgesetzt werden. Die SPD-Fraktion setzt sich mit Umweltministerin Barbara Hendricks innerhalb der Koalition für eine schnelle und effektive Regelung ein. Im Ergebnis ist aber gesichert, dass es auf absehbare Zeit keine Zulassung für den Anbau des genveränderten Mais‘ geben wird.
Der SPD ist es also gelungen, der CDU eine Opt-out-Regelung abzuringen, die es ermöglicht, gentechnisch veränderte Organismen in Deutschland zu verbieten - selbst wenn in Brüssel andere Beschlüsse gefasst werden..
Ohne auf die Regelung im Detail einzugehen, können Sie an diesem Thema hoffentlich erkennen, dass das Abstimmungsverhalten zu einem (sicher auch taktisch motivierten) Antrag der Opposition nichts an unserer Entschlossenheit in der Sache verändert hat.
Ich hoffe, Ihrem Anliegen entsprochen zu haben und bitte nochmals für die späte Antwort um Nachsicht.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup