Frage an Bernhard Daldrup von Heinz-Willi S. bezüglich Wirtschaft
Warum hat die SPD erst jetzt erkannt, dass Banken und Konzerne mehr staatliche Kontrolle benötigen?
Wichtige Mitbestimmungsbereiche in den Schlüsselindustrien sind durch Zustimmung der SPD abgebaut worden.
Die Gewerkschaften sind bei wichtigen Fragen der Mitbestimmung nicht unterstützt, sondern bekämpft worden.
Sehr geehrter Herr Schrulle,
in den letzten Tagen des Wahlkampfes war ich ständig „auf Achse“, so dass ich Ihre Frage vom 19.09. (23:26) leider erst heute und nur kurz beantworten kann.
Es ist nicht zu bestreiten, dass die SPD - wie auch andere Parteien - zu spät mit konkreten Maßnahmen auf die notwendige stärkere Kontrolle der Banken und des internationalen Finanzsystems reagiert hat. Ich darf aber daran erinnern, dass es Franz Müntefering war, der bereits am 22. November 2004 in einer Rede vor der Friedrich-Ebert-Stiftung eine ausgesprochen kontroverse Diskussion durch seinen Vergleich internationaler Finanzinvestoren mit Heuschreckenplagen auslöste, die nach einem Interview in der Bild-Zeitung am 17. April 2005 zu heftiger Kritik konservativer Parteien, der Wirtschaft und auch großer Teile der Medien führte.
Die Kritik und die daraus zu ziehenden Konsequenzen haben ihre programmatischen Niederschlag bei der SPD gefunden und sind im Zuge der Finanzkrise, beginnend mit dem im Juni 2008 verabschiedeten Risikobegrenzungsgesetz und darauf folgenden zahlreichen weiteren Schritten in das Regierungshandeln gemündet. Die einzelnen Maßnahmen kann ich hier nicht auflisten, sondern darf sie dazu auf die Publikationen z. b. der SPD-Bundestagsfraktion („Handeln in der Krise - Maßnahmen und Ziele in der Finanz- und Wirtschaftskrise“). Weitergehende Positionen (z. b. beim Thema Managergehälter) sind an den Mehrheitsverhältnissen in der großen Koalition gescheitert.
Da ich selbst Mitglied einer Gewerkschaft (ver.di) bin, kann ich Ihre pauschale Kritik so nicht stehen lassen. Ich darf daran erinnern, dass die SPD den Erhalt des Kündigungsschutzes, der Mitbestimmung und der Tarifautonomie zur Bedingung für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen zur Bildung der Großen Koalition gemacht hat. Tatsächlich müssen wir uns aber gemeinsam um den Fortbestand dieser zentralen Elemente gewerkschaftlichen Handelns sorgen. Hier liegen die Risiken aber ganz sicher nicht bei der SPD. Ich empfehle Ihnen dringend die Lektüre des Regierungsprogramms der SPD. Sie werden dort gerade in den von Ihnen angesprochenen Themenbereichen wie der Tarifautonomie und der Tariftreue, der Mitbestimmung und ihrer Ausweitung, der Förderung und Unterstützung von Betriebsräten deutliche (Arbeitnehmer-)Positionen der SPD finden.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich die Positionen hier nicht im einzelnen aufzähle. Gerne biete ich Ihnen dazu ein Gespräch im Kreis Warendorf an, natürlich auch in Beckum, der Stadt , für die ich fast 14 Jahre lang gearbeitet habe.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Daldrup