Frage an Bernd Rützel von Caroline K. bezüglich Recht
hallo Herr Rützel,
Sie sind "mein" abgeordneter....uhd ich schreibe Ihnen.
Ich bitte Sie inständig, die geplante Privatisierungs-möglichkeit per Verfassungsänderung im Bereich Autobahn, Kiita und Bildung zu vberhindern! das darf nicht passieren, diese Bereich MÜSSEN in Bürgerhand bleiben!!!!!!!es ist wirklich zum Verzweifeln zur Zeit.
Grüße aus Eisenbach
Caroline Knöbl
Sehr geehrte Frau Knöbl,
bei der von ihnen angesprochenen Thematik handelt es sich um ein mehrere Gesetze umfassendes Paket zur Neureglung der Bund-Länder-Finanzen. Neben diesen Finanzfragen stand politisch vor allem das Vorhaben im Fokus, mit der Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes den Bau, Planung und die Verwaltung der Autobahnen und weitere Bundesstraßen neu zu organisieren.
Das Ziel: Die bundeseigene Verwaltung in Form einer vollständig im Bundesbesitz befindlichen Gesellschaft mit beschränkter Haftung verspricht zügigere Baumaßnahmen und einen effizienteren Mitteleinsatz. Der Bund ist dann nämlich weniger abhängig von der Kooperationsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit der Landesstraßenbauverwaltungen, um seine Prioritäten bei den Verkehrsinvestitionen umzusetzen. Bisher sind sechzehn verschiedene Bundesländer für Planung und Bau der Autobahnen und Bundesstraßen zuständig. Es kommt zu Kompetenzwirrwarr unter den Ländern und mit dem Bund und so zu Reibungsverlusten. Das soll sich ändern.
Neben schnellerem Bauen, Planen, Erhalten und Betreiben verfolgten Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) und Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) einen weiteren Plan: Sie wären bereit gewesen, bis zu 49 Prozent dieser Gesellschaft an private Investoren zu verkaufen. Damit hätten sich Banken, Versicherungskonzerne und andere institutionelle Investoren umfangreich an den Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland beteiligen können.
Die SPD-Fraktion hatte diese Ursprungspläne schon in einem ersten Schritt im Gesetzentwurf der Bundesregierung gestoppt. Im Grundgesetz ist nun klargestellt worden, dass alle Bundesfernstraßen im vollständigen und unveräußerlichen Eigentum des Bundes bleiben und auch die neue Infrastrukturgesellschaft zu 100 Prozent in staatlicher Hand sein wird.
Rechtsexperten verwiesen jedoch darauf, dass es trotz der beiden Privatisierungsschranken verdeckte Möglichkeiten für den Zugriff privater Investoren auf die Bundesfernstraßen gäbe. Dem hat die SPD-Bundestagsfraktion während des Gesetzgebungsverfahrens im Deutschen Bundestag mehrere Riegel vorgeschoben. Mit zwei Grundgesetz-Änderungen und vielen einfachgesetzlichen Änderungen hat sie sichergestellt, dass der Regierungsentwurf hier weiter verbessert wurde, so dass auch theoretisch mögliche Hintertüren für eine Privatisierung fest verschlossen sind:
1. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Infrastrukturgesellschaft und deren Tochtergesellschaften wird in Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes ausgeschlossen. Damit ist klar: Auch stille Teilhaberschaften, Genussscheine oder andere Formen der verdeckten Beteiligung an der Gesellschaft sind ausgeschlossen.
2. Eingeschränkt (!) werden die (bisher bestehenden !) Möglichkeiten von sogenannten Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), bei denen die öffentliche Hand für einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren private Dritte mit dem Bau, Erhalt und Betrieb von Bundesfernstraßen beauftragt. In Artikel 90 Absatz 2 des Grundgesetzes wird dazu der Satz eingefügt: "Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen." Das bedeutet, dass nicht das ganze Bundesfernstraßennetz oder wesentliche Teile davon in einem Bundesland im Rahmen von ÖPP ausgebaut werden kann. Gesetzlich wird geregelt, dass Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebene von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Länge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbunden sein dürfen.
Manche Kritiker und manche Kampagne hat absurderweise gerade der SPD-Fraktion in den letzten Wochen unterstellt, mit den Grundgesetz-Änderungen würde sie die Türen für eine Privatisierung öffnen. Das Gegenteil ist richtig: Türen werden geschlossen, die bislang offen standen. Das bestätigt auch der Bundesrechnungshof, der das Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Berichten (aktuell vom 24. Mai 2017) begleitet hat.
Der Bildungsbereich hat damit ausdrücklich nichts zu tun, ist im Gesetzespaket aber insofern enthalten, als dass wir 3,5 Mrd. Euro für die Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung stellen. Dadurch können wir den teils massiven Sanierungsstau an deutschen Schulen - zumindest teilweise - abbauen und stärken gleichermaßen finanzschwache Kommunen. Möglich wird das dadurch, dass wir im Grundgesetz das Kooperationsverbot endlich aufbrechen. Das ist ein wichtiger Erfolg der SPD.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Rützel