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Frage von Henning T. •

Frage an Bernd Neumann von Henning T. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Kirchhofs Steuerreform ist in aller Munde. Steuerreformen werden seit langer Zeit als das Allheilmittel betrachtet, obwohl sie nie einen Aufschwung gebracht haben und auch theoretisch nicht so einfach funktionieren können, wie Herr Flassbeck zeigt:
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/wirtschaft_und_boerse/wirtschaft/?cntq7382

Warum soll diese Steuerreform mehr Erfolg haben als ihre Vorgänger?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Thielemann,

für Ihre Email vom 01.09.2005 danke ich Ihnen. Die Vision eines Steuermodells von Prof. Kirchoff ist in den letzten Tagen oft Thema in der politischen Auseinandersetzung. Lassen Sie mich noch einmal festhalten, daß es sich bei dem Steuermodell von Herrn Kirchhoff um eine Vision handelt. Diese Vision bedarf eines längeren Prozesses, den wir mit unserem Regierungsprogramm 2005 - 2009 einleiten wollen.

Wie ist die Situation? Das deutsche Steuerrecht steht wie nirgendwo sonst auf der Welt für Komplexität, Unübersichtlichkeit, überhöhte Steuersätze und verfestigte Besitzstände. Es wirkt leistungshemmend und lenkt die wirtschaftliche Leistungskraft der Menschen fehl. Für in- und ausländische Investoren stellt es ein gravierendes Investitionshindernis dar. Seine Unübersichtlichkeit führt zu Ungerechtigkeit und Staatsverdrossenheit bei Bürgern und Betrieben, Arbeitnehmern und Unternehmern. Aus unserer Sicht ist das deutsche Steuerrecht ist nicht mehr reformierbar. Wir brauchen einen steuerpolitischen Neuanfang - einfach und gerecht.

Das Ergebnis von 7 Jahren Rot-Grün ist:

Durch handwerkliche Fehler der Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer so genannten Steuerreform sind im Jahr 2001 einerseits die Einnahmen aus der Körperschaftssteuer um 24 Mrd. Euro gegenüber dem Jahr 2000 eingebrochen. Unter dem Strich bekamen die Unternehmen in 2001 damit 0,5 Mrd. Euro Körperschaftsteuer erstattet. Andererseits ist die volkswirtschaftliche Steuerquote trotz der von der Bundesregierung propagierten "größten Steuerreform und -entlastung in der Geschichte der Bundesrepublik" lediglich von 23 Prozent auf 22 Prozent gesunken.

Das Steuersystem ist komplizierter denn je. Die tatsächliche Steuerlast ergibt sich immer weniger aus der finanziellen Leistungsfähigkeit von Bürgern und Unternehmen als vielmehr aus der Fähigkeit, Steuergestaltungsmöglichkeiten geschickt einzusetzen.

Deshalb lauten unsere Ziele: Wir werden den Umbau des Steuersystems in mehreren Schritten erreichen. Wir werden die Ausnahmen weitestgehend beseitigen und im Gegenzug die Grundfreibeträge erhöhen und die Steuersätze absenken. Für eine Netto-Entlastung besteht angesichts der Krise der öffentlichen Haushalte vorerst kein

Spielraum. Es gilt: Vereinfachung vor Entlastung.

Zum 1. 1. 2006 greifen erste steuerpolitische Maßnahmen, um schnell Arbeit und Beschäftigung zu fördern. Wir werden Steuerschlupflöcher schließen und Steuersparmodelle abbauen. Wir erhöhen die Besteuerung von Beteiligungsveräußerungen von Kapitalgesellschaften. Um den Generationenwechsel im Mittelstand zu erleichtern, wird die Erbschaftsteuer gestundet bzw. bei Unternehmensfortführung für mindestens 10 Jahre ganz gestrichen. Wir erhöhen die Ist-Besteuerungsgrenze im Umsatzsteuerrecht auf jährlich 1 Mio. Euro.

Zum 1. 1. 2007 tritt die Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Kraft. Bei der Lohn- und Einkommensteuer senken wir den Eingangssteuersatz auf 12 Prozent und den Spitzensteuersatz auf 39 Prozent. Im Gegenzug werden u. a. die Pendlerpauschale auf eine Höhe von 25 Cent bis max. 50 Entfernungskilometer gesenkt und der gleichmäßige Abbau der Steuerfreiheit von Sonn- Feiertags- und Nachtzuschlägen innerhalb von sechs Jahren realisiert. Die degressiven Abschreibungen werden durch lineare Abschreibungen ersetzt. _Wir werden einen einheitlichen Grundfreibetrag für jede Person von 8.000 Euro einführen. Das Ehegattensplitting bleibt erhalten. Wir werden eine Abgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte einführen. Wir senken die Körperschaftsteuer auf 22 Prozent. Es bleibt zunächst bei der Gewerbesteuer, bis wir im Einvernehmen mit den Kommunen und der Wirtschaft eine sinnvolle Alternative entwickelt haben.

Noch in dieser Legislaturperiode schaffen wir ein neues Steuergesetzbuch für Einkommensteuer und Unternehmensteuer. Ziel ist vor allem Vereinfachung, Transparenz und Gerechtigkeit.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Punkten Ihre Frage beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Neumann