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Frage von Jens S. •

Frage an Bernd Neumann von Jens S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Neumann,

wie ich grade in einem Artikel lass, setzten Sie sich für das Sperren des Internet-Zugangs bei UrhG-Verletzungen ein.
http://www.heise.de/newsticker/CDU-CSU-Wahlprogramm-Internetsperren-nach-Urheberrechtsverstoessen--/meldung/140959

Wie ist dieses mit dem Grundprinzipien eines Rechtsstaates unter einem Hut zu bringen, dass ohne Verurteilung und Schuldspruch dem Beschuldigten ggf. ohne jede Grundlage Sanktionen drohen, die allein durch die Musik-, Film-, oder Pornoindustrie veranlasst werden können? Grade Letztgenannten ging in der Vergangenheit am schärfsten gegen UrhG-Verletzungen an ihren Werken vor, siehe
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2008/03/25/porno-abmahnungen-kosten-millionen/
Sollte jemand UrhG-Verletzungen im Netz begehen, bestehen für den Rechteinhaber genügend formaljuristische Mittel, um dieses zu belangen, bzw zu unterbinden.

Verstehe ich Sie also richtig, dass nichtverurteilte Personen, bei denen i.d.R. private "Schnüfflerfirmen" angebliche UrhG-Verstösse feststellten, die Leitung gesperrt werden könnte?

Ausserdem stellt sich mir die Frage, nach der Unschuldsvermtung.
Solange jemand nur beschuldigt wird, heisst es nicht, dass er schuldig ist, würde in diesem Fall aber dafür massiv bestraft.

Darf ich sie dazu dadran erinnern, dass in der Vergangenheit häufig Fehler auftraten, wenn es dadrum ging, IP-Adressen bzgl. angeblicher UrhG-Verletzungen zu ermitteln:
http://www.heise.de/newsticker/Falscher-Anschluss-unter-dieser-IP-Nummer--/meldung/97304

Wie soll, ihrer Ansicht nach, ein durchschnittlicher Bürger seinen normalen Aktivitäten und Pflichten nachkommen, wenn er weder sein Tefefon, welches in vielen Fällen über die Inet-Verbindung läuft, nutzen, noch seine Rechnungen bezahlen kann, da sein Giro-Konto bei einer sog. Onlinebank ist?

Viele Dank für Ihre Antwort

Mit freundlichem Gruss
J. Schirmer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schirmer,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich Ihnen sehr gern antworte und Ihnen mitteilen möchte, dass sie eine Meldung zitierten, welche auf einer nicht verabschiedeten Fassung des Wahlprogramms der CDU/CSU beruhte. Daher möchte ich mich zunächst erst einmal auf das verabschiedete Regierungsprogramm von CDU/CSU beziehen, woraus hervor geht, wofür wir uns einsetzen:

/"Dem zunehmenden Wert des geistigen Eigentums für die Kreativen muss durch die Sicherung der Rechtsstellung der Urheber im digitalen Zeitalter durch das Urheberrecht Rechnung getragen werden. CDU und CSU setzen sich für einen fairen Ausgleich der Interessen von Künstlern, der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem Verbraucher- und Datenschutz sowie der Technologieanbieter ein." (CDU/CSU 2009: Wir haben die Kraft - Gemeinsam für unser Land. Regierungsprogramm 2009 - 2013, S. 36)

"Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Wo es angesichts der geringen Schwere von Straftaten vertretbar ist, soll eine Selbstregulierung greifen. Wir wollen Rechtsverletzungen effektiv unterbinden." (ebd. S. 55)/

Unabhängig vom Regierungsprogramm der CDU/CSU möchte ich an dieser Stelle zum Ausdruck bringen, dass mir die Belange der Kreativen sehr wichtig sind und werbe daher um Verständnis. Allzu oft gerät das Urheberrecht, welches in Artikel 14 des Grundgesetzes gewährleistet wird, aus dem Blickfeld der Betrachtung, wenn es um das Recht der informationellen Selbstbestimmung geht. Diese verfassungsrechtlichen Grundsätze gelten auch im digitalen Umfeld. Hier stehen einerseits die Rechte der Nutzer im Mittelpunkt, andererseits aber auch die der Kreativen, denen die wirtschaftliche Existenzgrundlage vielfach vorenthalten wird. Betroffen ist demnach nämlich nicht nur die "Industrie".

Natürlich muss die jeweilige Gesetzeslage auf Anpassungen an technologische Entwicklungen überprüft werden. Hierzu ist für die Durchsetzung der Rechte vor allem aber auch der Einsatz der richtigen Instrumentarien zu prüfen. Die in dieser Hinsicht angestellten Überlegungen in Frankreich werden mitunter - bewusst oder unbewusst - nicht zutreffend dargestellt. Mitnichten ist es so, dass jemand geradezu "versehentlich" eine Urheberrechtsverletzung im Internet begeht und diese Tatsache eine Unterbrechung des Internet-Zugangs zur Folge hätte. Vorgesehen ist dann zunächst ein Warnhinweis per Mail. Kommt es dann zu einem weiteren Verstoß, folgt ein Hinweis per Einschreiben. Erst beim dritten Verstoß ist eine Unterbrechung des Internet-Zugangs vorgesehen. Diese Internet-Sperrung kann aber durch die jüngste Entscheidung des französischen Verfassungsrats nur durch einen richterlichen Beschluss ergehen. Die französische Regierung kündigte bereits an, hier nachzubessern.

Für weiterführende Diskussionen in Deutschland - auf der Suche nach ausgewogenen Lösungen für das Problem des illegalen Verhaltens im Internet - halte ich es für richtig, auf den Erfahrungen anderer Länder aufzubauen. Daher werden wir den Umgang mit Rechtsverletzungen und einhergehende Erfahrungen auf diesem Gebiet in anderen Ländern aufmerksam beobachten und auswerten.

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Neumann