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Frage von Thomas S. •

Frage an Bela Bach von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag Frau Bach,

in Ihrer Antwort auf eine Fragstellung betreffs des bedingungslosen Grundeinkommens behaupten Sie, dass ein solches unbezahlbar wäre. Alternativen wollen Sie in in einem Grundeinkommensjahr und einem deutlich höheren Mindestlohn erkennen. Der letztere würde im kommenden Jahr umgesetzt, wenn der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland bis zum 1. Juli 2022 in vier Stufen von derzeit 9,35 Euro auf 10,45 Euro steigen wird.

https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/bela-bach/fragen-antworten/557622

Ich sehe Ihre Rede fern der Realität der Menschen, die im reichen Deutschland mit Niedriglöhnen abgespeist werden, zu denen ich auch den Mindestlohn zähle. Die Partei "Die Linke" erkennt erst ab einem Mindestlohn von 13 Euro/h eine Chance, dass Vollzeitarbeit unabhängig von staatlichen Leistungen die Existenz eines Alleinstehenden sichern kann und Beschäftigte im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen sind.

https://www.die-linke.de/themen/arbeit/mindestlohn-fuer-alle/

Frage 1:

Halten Sie angesichts dieser Aussage den ab 1.07.2022 gültigen Mindestlohn von 10,45 €/h für einen ausreichenden Lohn?

Frage 2:

Wird die Einhaltung des Mindestlohns ausreichend kontrolliert?

Sie bekommen als MdB eine Diät von monatlich 10.083,47 Euro brutto.

Frage 3:

a) Wie viele Stunden arbeiten Sie im Schnitt pro Monat für Ihr Mandat?
b) Wie hoch würden Sie Ihren eigenen Stundenlohn in etwa einschätzen?

Wer 200 h im Monat zum aktuell gültigen Mindestlohn von 9,35 €/h arbeitet kommt auf 1870 € brutto/Monat. Der Unterschied zwischen diesen 1870 Euro und Ihrer monatlichen Diät von 10.083,47 Euro beträgt 8383,47 Euro, Sie bekommen also rund brutto 5,4 mal so viel Gehalt wie ein zum Mindestlohn hart arbeitender Mensch.

Frage 4:

Sehen Sie diese Differenz als gerecht?

Frage 5:

Sie behaupten in Ihrer Antwort, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen unbezahlbar wäre, begründen das aber nicht. Würden Sie eine Begründung bitte nach liefern?

Viele Grüße, Thomas Schüller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Fragen. Dazu möchte ich folgende Antworten geben:
Zu Frage 1: Nein, 10,45 Euro ist kein ausreichender Mindestlohn. Aber dass es ihn überhaupt gibt, ist auch ein Verdienst meiner Partei. Ebenso ist es das Ergebnis unserer Arbeit, dass er in dieser Höhe besteht und nicht mehr wie zu Anfang bei 8,50 Euro stagniert. Wir haben eine Kommission durchgesetzt, die die Höhe des Mindestlohnes anpassen soll. Perspektivisch werden dabei aber noch weitere Erhöhungen des Mindestlohnes durchzusetzen sein, um eine absolute Untergrenze für die Bezahlung aller Arbeitsgruppen so zu gestalten, dass Arbeitnehmer von ihrem Lohn auch leben können. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat etwa erklärt, dass er die möglichst zeitnahe Erreichung eines Mindestlohnes in Höhe von 12 Euro anstrebt. Allerdings hat allein eine moralische und persönliche Präferenz einer bestimmten Mindestlohnhöhe für Alle ebenso wenig politische Schlagkraft wie die Aussage, dass man 10,45 Euro als nicht ausreichend empfindet. Ob etwas als gerecht empfunden wird oder nicht, ist lediglich die Vorstufe zum Handeln. Das Handeln ist in der Politik aber vom Finden eines Kompromisses zwischen den Koalitionspartnern geprägt, sodass beispielsweise ein noch höherer Mindestlohn im Gesetzgebungsprozess eine Mehrheit finden kann. Meine Partei, die SPD, hat mit der Einführung des Mindestlohnes einen historischen Meilenstein gegen viele Widerstände von Wirtschaft und Arbeitgeberverbänden durchgesetzt. Darauf bin ich stolz. Um meine persönliche Überzeugung von einem höheren Mindestlohn aber durchsetzen zu können, braucht es parlamentarische Mehrheiten. Im September sind Wahlen.

Frage 2: Wird die Einhaltung des Mindestlohns ausreichend kontrolliert?
Da es offenbar immer wieder Firmen schaffen, ihn zu umgehen, reicht die Kontrolle nicht. Aber im Rahmen dessen, was der Staat leisten kann, sehe ich die Kontrollen für zumindest zufriedenstellend an. Zuständig für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohnes und die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls. Unerlässliches Hilfsmittel dafür sind die im Gesetz vorgesehenen Dokumentationspflichten. Im Juli 2019 wurden die Aufgaben und Befugnisse der Zollverwaltung nochmals erweitert. Für die Übernahme der Aufgaben nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) wurden der FKS daher zusätzliche 1.600 Planstellen zugewiesen, die erst im Jahr 2022 vollständig ausgebracht werden. Die FKS konnte im Jahr 2019 mit über 3.000 eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Nichtgewährung des gesetzlichen Mindestlohns nach dem MiLoG rund 10 Prozent mehr Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn aufdecken als noch im Jahr 2018. Die FKS führt anlassbezogene und verdachtsunabhängige Prüfungen durch, die auch vergangene Zeiträume umfassen können. Dabei überprüfen die Beschäftigten der FKS bei den Arbeitgebern die Geschäftsunterlagen, wie z. B. die Lohn-, Finanz- und Auftragsbuchhaltung sowie Arbeitszeitaufzeichnungen, und gleichen diese ab. Im Rahmen der Prüfungen werden auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer u. a. zur Tätigkeit, zum Beschäftigungsumfang und zum Arbeitsentgelt befragt.
Vor diesem Hintergrund finde ich, dass wir auf dem besten Weg sind, die Einhaltung des Mindestlohnes noch besser, flächendeckend und effizient kontrollieren zu können.

Frage 3a: Wie viele Stunden arbeiten Sie im Schnitt pro Monat für Ihr Mandat?
In Sitzungswochen bin ich in Berlin mindestens 14 Stunden am Tag als Abgeordnete tätig. Im
Im Wahlkreis besuche ich Firmen, Verbände, Ortsvereine, habe ebenso Sitzungen, Absprachen mit Mitarbeitern, muss E-Mails und Anfragen bearbeiten, außerhalb Corona-Zeiten auf Veranstaltungen gehen und Themen inhaltlich vorbereiten. Zum Berufsbild der Politikerin gehören ebenso Podiumsdiskussionen, Ortsvereinsbesuche und Treffen mit Einzelpersonen, Bürgermeistern, Vertretern von Bürgerinitiativen selbstverständlich dazu. Diese Termine fallen auch auf Wochenenden und Abendstunden. Auch in sitzungsfreien Wochen arbeite ich im Schnitt nie unter 12 Stunden am Tag.
a) Wie hoch würden Sie Ihren eigenen Stundenlohn in etwa einschätzen?
Wenn es mir ums Geld verdienen ginge, wäre ich in einem Wirtschaftsunternehmen besser aufgehoben. Da ich nicht die Stunden aufliste, die ich als Abgeordnete im Einsatz bin und arbeite, kann ich es nicht sagen. Ich verdiene ohne Zweifel solide, ich habe ein Team, das mich unterstützt und kann auf eine hervorragende Infrastruktur im Bundestag zugreifen. Dafür habe ich aber wenig Freizeit und bin eine öffentliche Person. Dies bringt tiefe Einschnitte für die Familie, Partnerschaft und Freunde mit sich. Ich über meinen Beruf aber aus vollster Überzeugung aus und möchte an meiner Leistung und nicht an Stundensätzen gemessen werden.
Damit meine Antwort zur Frage 4:
Ja, ich finde dies mit Verweis auf meine Antwort unter Frage 3 sowie die Koppelung der Diäten an die Reallohnentwicklung gerecht. Aber vielleicht möchten Sie mit Ihrer Frage etwas anderes implizieren: Dass gute Diäten Politiker davon abhalten, für andere ebenso eine faire Bezahlung zu fordern? Ich verspreche Ihnen: Dem ist nicht so. Wenn wir Abgeordnete uns wie Krösus auf unseren Diäten ausruhen würden, dann wäre die Bundesrepublik schon lange nicht mehr das, was sie heute ist: Ein stabiler, sicherer Sozialstaat. Die Funktion dieser Diäten ist immanenter Bestandteil ihrer Höhe: Sie sind für Abgeordnete nicht lediglich die Bezahlung von aufgebrachter Arbeitszeit, sondern sollen uns eine von Spenden oder etwa Bestechungsgeldern unabhängige Tätigkeit ermöglichen. Sie sollen uns eine gewisse finanzielle Freiheit sichern, damit wir uns ganz dem Mandat widmen können. Das stellt das rechtsstaatliche Funktionieren des Parlaments sicher. Ferner möchte ich betonen, dass mir bewusst ist, dass es ein hohes Gehalt ist. Dieser wird aber für wichtige Arbeit für jeden nachprüfbar und transparent gezahlt. Im Gegensatz dazu steht die freie Wirtschaft mit ihren Vorstandsgehältern. Ein leitender Richter am Landgericht wird zudem etwa besser bezahlt. Damit eine Gegenfrage: Sollen diejenigen, die den Staat mit der Gesetzgebung leiten, wirklich schlechter bezahlt werden, als diejenigen, die die Gesetze prüfen oder diejenigen, die für riesige Wirtschaftskonzerne arbeiten? Tür und Tor wäre geöffnet für Korruption. Die Entlohnung einer Tätigkeit geht oft mit ihrem Wert für die Gesellschaft einher. Wenn wir also schlecht bezahlte Abgeordnete wollen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir schlechte Gesetze haben werden. Und wenn wir gute Erziehung für unsere Kinder, eine gute Pflege für ältere Menschen und Kranke wollen, dann müssen wir auch diese Berufe endlich anständig bezahlen. Dafür setze ich mich als Abgeordnete mit vollster Überzeugung ein!

Ihr Frage 5: Sie behaupten in Ihrer Antwort, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen unbezahlbar wäre, begründen das aber nicht. Würden Sie eine Begründung bitte nach liefern?
Ob Erwachsene oder Kinder, alle sollen monatlich je 1.000 Euro Grundeinkommen erhalten. Das sind bei beispielsweise 80 Millionen Bewohnern in Deutschland 960 Milliarden Euro jährliche Ausgaben. Derzeit liegen die ungefähren Sozialausgaben bundesweit für Altersabsicherung (250 Milliarden), Arbeitslosigkeit (40 Milliarden), Kindergeld (80 Milliarden), Invalidität (60 Milliarden), Hinterbliebenenrenten (50 Milliarden) und Krankheit (250 Milliarden) bei insgesamt bei 730 Milliarden Euro. Das bedingungslose Grundeinkommen bedeutet also nochmals rund 230 Milliarden Euro, also ein Drittel Mehrausgabe. Mit den 1.000 Euro können all die Leistungen, vor allem Altersabsicherung und Krankenversicherung, aber lange noch nicht von der Einzelperson getragen werden. Statt dessen sollten vielmehr sinnvolle Alternativen gefördert werden, wie eine sozial gerechte Grundsicherung, Jobgarantie, kostenloser ÖPNV, kostenloses Internet oder der soziale Wohnungsbau.

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Büro MdB Bela Bach