Warum wird zuwenig in die Qualifizierung des Handwerksnachwuchses investiert? Wir brauchen dringend spezialisierte Fachkräfte für die Energiewende im Strom- und Wärmemarkt
Als BS-Lehrer engagiere ich mich seit über 40 Jahren für die Energiewende und den Klimaschutz in Theorie und Praxis. Dabei erhalte ich kaum Unterstützung von den verantwortlichen Politiken. Ich bin immer noch national und international dafür engagiert und würde mit meiner erfahrung auch Sie gerne unterstützen.
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage zu diesem wichtigen Thema.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass wir für den Energie- und Klimawandel in der Wirtschaft viele zusätzliche Fachkräfte im Handwerk brauchen. Eine von unserer Fraktion in Auftrag gegebene Studie sieht einen Mehrbedarf an handwerklichen Kompetenzen vor allem im energetischen Gebäudesektor, bei alternativen Technologien in der Strom- und Wärmeproduktion, in der Verkehrswende und in der Landwirtschaft.
Dafür muss eine Tätigkeit im Handwerk attraktiv sein und bleiben. Das betrifft nicht nur die Arbeitsbedingungen, sondern auch die Karrierechancen und vor allem die Vergütung.
Gerade im Handwerk war der Widerstand gegen eine Mindestausbildungsvergütung hoch, die wir Grüne bei knapp 700 Euro im ersten Ausbildungsjahr verorten. Stattdessen hat sich das Handwerk für einen deutlich geringeren Betrag stark gemacht, so dass wir letztlich bei 515 Euro angekommen sind. Das ist bedauerlich - und das wollen wir Grüne ändern.
In Hinblick auf Karrierechancen muss die berufliche Bildung mit der akademischen selbstverständlich mithalten können. Es geht hier um echte Gleichwertigkeit. Wir wollen, dass sich bei der Aufstiegsfortbildung was tut, um die Kompetenzen in einem gesetzlich verankerten Deutschen Qualitätsrahmen (DQR) abzubilden. Wir wollen dann aber, dass sich das auch im Portemonnaie abbildet. Noch immer liegt die Vergütung bei akademischen Qualifikationen erheblich höher, manchmal doppelt so hoch, wie im beruflichen Bereich. Und noch immer werden Stellenangebote – auch und gerade in der Landes- und Bundesverwaltung – so verfasst, dass sie sich gar nicht erst an Menschen mit beruflichen Qualifikationen richten.
Auch das wollen wir Grüne ändern. Eine Ausbildungsgarantie, die wir seit Jahren fordern, ist der erste und wichtigste Schritt: Wir wollen, dass alle jungen Menschen ohne Durchlaufen des sogenannten "Übergangssystems", in dem derzeit jährlich gut eine Viertelmillion landen, den direkten Weg in Ausbildung gehen können. Das ist ein wichtiger Schritt in die Attraktivität der beruflichen Bildung, die dann bei den praktischen Kompetenzen nicht allein auf den Schultern der Betriebe lastet.
Parallel müssen wir die Aufstiegsmöglichkeiten in der beruflichen Bildung mit einem Recht auf Weiterbildung bei attraktiven Weiterbildungs-BaföG-Möglichkeiten unterstützen, um Fortbildung für alle zu ermöglichen.
Denn wir brauchen handwerkliche Fachkräfte, wie wir eben auch akademischen Nachwuchs brauchen, um gemeinsam den wirtschaftlichen Wandel zu bewerkstelligen.
Dafür und für die berufliche Bildung - auch für Zugewanderte - muss deutlich mehr getan und dann dafür auch geworben werden.
Viele Grüße
Beate Walter-Rosenheimer