Beate Walter-Rosenheimer
Beate Walter-Rosenheimer
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von KERSTIN V. •

Wann steht eine echte Überarbeitung des Tierschutzgesetzes auf der Agenda des Bundestages?

Sehr geehrte Frau Walter-Rosenheimer, eine erneute (und tatsächlich im Sinne des Tierschutzes gestaltete) Überarbeitung des Tierschutzgesetzes ist dringend geboten. Es ist kaum zu ertragen, dass die aktuelle "Überarbeitung" nach wie vor Anbindehaltung und Langstreckentransporte lebender Tiere zulässt.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und beste Grüße,
Kerstin V.

Beate Walter-Rosenheimer
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau V.,

das Bundeskabinett hat mit der Novelle des Tierschutzgesetzes nun auch eine der umfangreichsten Reformen des Tierschutzrechts in Deutschland seit über 20 Jahren beschlossen.

Es wird grundsätzlich verboten, Tiere über längere Zeit angebunden fixiert zu halten. Dafür können in Einzelfällen aber Ausnahmen für einen bestimmten Zeitrahmen und für eine bestimmte Zweckbindung gewährt werden, zum Beispiel für die Anbindung von Greifvögeln bis Erlass einer Rechtsverordnung. 

Damit wird die ganzjährige Anbindehaltung für einen Großteil / eine Mehrheit von fast 70% der 1 Mio. in Anbindung gehaltenen Rinder in Deutschland nach einer 10-jährigen Übergangsfrist verboten. Für Bestandsbetriebe mit Anbindehaltung von Rindern ist eine unbefristete Ausnahme vorgesehen, die gemäß EU-Verordnung 2018/848 die Anbindung von Rindern in Betrieben mit maximal 50 Tieren über die Wintermonate weiterhin erlaubt, sofern die Tiere während der Weidezeit im Sommer Zugang zu Weideland und ganzjährig mindestens zweimal pro Woche Zugang zu Freigelände haben. 

Zusammen mit SPD und FDP haben wir vereinbart, die Anbindehaltung spätestens in zehn Jahren zu beenden. Für uns als Grüne Bundestagsfraktion schließt das sowohl die ganzjährige als auch die saisonale Anbindehaltung mit ein. In der Anbindehaltung können Milchkühe nur Liegen oder Stehen. Jegliche Bewegung darüber hinaus ist nur schwer möglich. Rechtlich ist festzustellen, dass es keine ausdrückliche Erlaubnis der Anbindehaltung gibt, diese lässt auch keine tiergerechte Bewegung im Sinne des Tierschutzgesetzes zu. Daher muss sie in absehbarer Zeit besseren Haltungsformen weichen. Mit einer Novelle des Tierschutzgesetzes wollen wir diese und weitere tierquälerischen Praktiken beenden.

Der Umbau der Tierhaltung ist insbesondere für kleinere Höfe mit Herausforderungen verbunden, welche für die Artenvielfalt und Pflege der Kulturlandschaften mit ihren traditionellen Nutzungsweisen von Grünland als Weiden und Wiesen wichtig sind. Deshalb müssen auch Perspektiven für die kleinsten Betriebe und die Familien mit ihren Höfen entwickelt werden. Betriebe, die ihre Ställe anpassen oder umbauen wollen, sollen unterstützt werden. Die Bundesregierung stellt in den nächsten Jahren eine Milliarde an Anschubfinanzierung für den klima- und tiergerechten Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung bereit (https://www.ble.de/DE/Projektfoerderung/Foerderungen-Auftraege/Bundesprogramm_Umbau_Tierhaltung/BUT_node.html). Diese Milliarde kann für uns Grüne jedoch nur der Anfang sein und geht mit der Erweiterung der Tierhaltungskennzeichnung auf Rinder einher. Im jüngst beschlossenen Agrarpaket (https://www.gruene-bundestag.de/themen/agrar/zukunftspaket-fuer-die-landwirtschaft) honorieren wir über eine bessere GAP-Förderung ökologische Leistungen von Landwirtschaftsbetrieben. Das ist eine wichtige Maßnahme, um mehr Rinder auf die Weide zu bringen und die gesellschaftlich gewollte Weidehaltung zu stärken. Wer mehr für Klimaschutz, den Artenerhalt und die Bewirtschaftung von Grünland macht, soll künftig durch eine Weideprämie stärker gefördert werden. Damit schaffen wir positive Anreize dafür Rinder nicht angebunden zu halten. 

Zum Thema Tiertransporte: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat diese Wahlperiode bereits Tiertransporte aus Deutschland in Länder außerhalb der EU deutlich eingeschränkt. Durch das Zurückziehen von Veterinärbescheinigungen wurden nach aktuellen Transportzahlen deutlich weniger Tiere direkt aus Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU transportiert. In den anstehenden parlamentarischen Beratungen über das von der Bundesregierung eingebrachte Tierschutzgesetz wird auch geprüft werden, inwiefern Regelungen für ein umfassendes Verbot von Tiertransporten in Drittländer in das Gesetz aufgenommen werden können. Damit nationale Beschränkungen nicht umgangen werden, brauchen wir aber auch dringend bessere gemeinsame Regeln in Europa. Auf EU-Ebene hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir bereits 2022 Vorschläge eingebracht, um strengere EU-weite Regelungen für Tiertransporte einzuführen. Die EU-Kommission hat Ende 2023 einen Vorschlag für solche Regelungen bei Tiertransporten vorgelegt. Eine bündnisgrüne Einordnung dieses Entwurfes können Sie hier nachlesen: https://anna.deparnay-grunenberg.eu/mobilitaet/animal-transport/

Die Bundesregierung prüft diese Vorschläge und setzt sich im nun laufenden Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene in Brüssel für ambitionierte Regelungen ein. Auch wir Grüne und Europaabgeordnete der Grünen setzen sich für eine deutliche Reduzierung von Lebendtiertransporten, eine Begrenzung der Langstreckentransporte auf maximal acht Stunden und ein Ende von Tiertransporten in Drittstaaten außerhalb des Schengen-Raums ein. Mehr dazu lesen Sie hier: https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/148-tiertransporte.html"

Viele Grüße

Beate Walter-Rosemheimer

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