Sehr geehrte Frau Walter-Rosenheimer, ich stimme Ihren Ausführungen zum Selbstbestimmungsgesetz zu. Aber haben Sie nicht Sorge, dass Minderjährige es zu ihrem eigenen Schaden missbrauchen könnten?
Denn laut Gesetz dürften sie es notfalls gegen den Willen ihrer Eltern über das Familiengericht einklagen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie verwirrend, auch in Bezug auf meine Sexualität, die Zeit ab dem 12. Lebensjahr war, auch dass ich wenig ausgelassen habe, um gegen meine Eltern zu rebellieren. Hätte ich damals so ein Angebot bekommen, wer weiß, ob ich es nicht genutzt hätte. Und später dann bereut. In so einer Situation sind doch die Eltern diejenigen, die am ehesten entscheiden können, was zumindest bis zur Volljährigkeit das Richtige für ihr Kind ist. Finden Sie nicht? Grüße
Sehr geehrter Herr K.,
wie ich Ihnen in meiner Antwort auf Ihre erste Frage bereits geschrieben habe: Das Selbstbestimmungsgesetz regelt lediglich die Korrektur des Geschlechtseintrags und die Änderung der Vornamen im Personenstand neu. Es ist klar zu unterscheiden zwischen dem juristischen Weg einer Personenstandsänderung und dem medizinischen Weg einer Geschlechtsangleichung. Über geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen entscheiden weiterhin die betroffenen Personen zusammen mit ihren Ärzt*innen anhand bestehender fachärztlicher Leitlinien.
Insofern hätte eine Personenstandsänderung aus Rebellion, wie Sie es insinuieren, zunächst einmal aus medizinischer Sicht keine Folgen. Die Personenstandsänderung wäre übrigens auch nach einem Jahr wieder änderbar bzw. korrigierbar.
Darüber hinaus -und das ist wichtig- dürfen Kinder nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz ihren Geschlechtseintrag sowieso nicht eigenständig ändern. Für Kinder und Jugendliche bis zum 14. Geburtstag können nur die Eltern/Sorgeberechtigten eine entsprechende Erklärung abgeben. Minderjährige ab 14 Jahren können den Antrag zwar selbst stellen, die Zustimmung der Sorgeberechtigten bleibt auch dann erforderlich.
Können sich die Eltern nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils diesem die alleinige Entscheidung übertragen. Ausschlaggebender Maßstab ist hier natürlich das Kindeswohl, wie auch in anderen familiären Streitfällen.
Viele Grüße
Beate Walter-Rosenheimer