RKI-Tagesbericht (18.1.): Von 206.917 Omikron-Fällen sind nur 1.864 hospitalisiert. Das ist weniger als 1%. Wie kann eine Impfpflicht dann verhältnismäßig sein?
Sehr geehrte Frau V.,
im Bundestag wurde letzte Woche in einer Orientierungsdebatte über das Für und Wider einer Impfpflicht gegen das SARS-Cov2-Virus diskutiert. Hier wurden verschiedene Positionen erläutert und ausgetauscht. Soll angesichts unzureichender Impfquote eine Impfpflicht eingeführt werden? Wenn ja, für wen soll sie gelten? Auf diese Fragen müssen die richtigen Antworten gefunden werden, um Menschen bestmöglich vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen und in Zukunft weitere Lockdowns, womöglich sogar Schulschließungen, also Maßnahmen mit sehr hohen gesellschaftlichen Folgekosten, überflüssig zu machen. Unterschiedliche Gesetzentwürfe und Anträge werden von Abgeordneten aller Fraktionen erarbeitet. Noch im Frühjahr soll ohne Fraktionsbindung über diese Anträge entschieden werden. Das Thema ist wirklich sehr komplex und ich begrüße es sehr, dass der Bundestag keine überstürzte Entscheidung trifft, sondern sich die Zeit nimmt, um ausführlich alle Aspekte zu betrachten.
Fakt ist allerdings, dass die Impfung dabei hilft, das Infektionsgeschehen zu bremsen und schwere Krankheitsverläufe deutlich zu reduzieren. Hierzu gibt es mittlerweile viele wissenschaftlich valide Studien, die zu den gleichen Ergebnissen kommen. Bislang sind in Deutschland aber immer noch zu wenige Menschen geimpft, vor allem in den Altersgruppen mit besonders hohem Risiko.
Zwar führt die Omikron-Variante des Coronavirus oft zu milderen Verläufen, gleichzeitig verbreitet sich diese Variante aber schneller. Es steht daher zu befürchten, dass sich in der aktuellen Omikron-Welle noch mehr Menschen als bisher infizieren und trotz des individuell möglich milderen Verlaufs immer noch viele schwer erkranken und auf der Intensivstation behandelt oder gar beatmet werden müssen. Es gibt also keinen Grund zur Entwarnung.
Allerdings kommt eine Impfpflicht, falls sie denn eingeführt würde, viel zu spät um die aktuelle Welle zu brechen. Sie wäre viel mehr eine Vorsorgemaßnahme für den nächsten Herbst, für den die meisten Expert*innen neue Virusvarianten prognostizieren. Angesichts des Gesundheitsschutzes und auch der Unsicherheiten, wie die Pandemie sich weiterentwickelt, des besonderen Schutzes vulnerabler Gruppen sowie Kindern und Jugendlichen gilt es jetzt, vorauszuschauen und entsprechende Vorsorge zu treffen, damit wir nicht jeden Winter in immer gleiche Lockdowns gehen müssen und endlich wieder ein relativ normales gesellschaftliches Leben möglich wird. Die Impfpflicht kann eine solche Maßnahme sein.
Viele Grüße
Beate Walter-Rosenheimer