Ist die Energiewende bezahlbar? Nachfrage?
Sehr geehrte Frau Walter Rosenheimer,
danke, dass Sie sich die Mühe gemacht, meine Frage zu beantworten. Allerdings gehen Sie nicht wirklich auf meine Frage ein, sondern erklären für ein E-Auto einen höheren Wirkungsgrad als für einen Verbrenner. Das ist unbestritten, aber keine Antwort auf meine Frage. Bestenfalls impliziert Ihre Antwort, dass wir in einer 100 % EE-Welt weniger Energie benötigen, weil die Energieeffizienz steigt, und energieintensive Industrien in das Ausland abwandern. Der Rechner auf www.energiewende-rechner.de macht deutlich, dass Energie nur am Windkraftwerk günstig ist, aber sehr teuer wird, wenn er in Form von Wasserstoff zwischengespeichert wird, was die Bundesregierung plant. Hat Ihre Partei, Sie oder die Bundesregierung selbst einmal eine entsprechende Berechnung, wie ich sie vorgenommen habe, durchgeführt, um im Vorfeld dieses Generationenprojektes abzuschätzen, welche Preis je KWh erforderlich ist? ? Wenn ja, welche Zahlen sind dabei herausgekommen?
Sehr geehrter Herr S.,
ich versuche gern noch einmal konkreter auf Ihr Anliegen einzugehen. In Bezug auf Ihre Berechnungen und den möglichen Einfluss von Wasserstoffimporten möchte ich einige Aspekte ansprechen.
Gemäß der nationalen Wasserstoffstrategie, die unter https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-wirtschaften/nationale-wasserstoffstrategie/nationale-wasserstoffstrategie_node.html einsehbar ist, agiert Deutschland als Importeur von H2. Bedauerlicherweise konnte ich in Ihrem Rechner keine Berücksichtigung dieser Importaktivitäten feststellen. Es fehlen Regelungen, die den Importanteil und die Importpreise für Wasserstoff anzeigen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Länder mit reichlich Sonnenlicht Stromgestehungskosten im Centbereich aufweisen. Weitere Informationen zu verschiedenen Ländern finden Sie beispielsweise im Potenzialatlas unter https://www.h2atlas.de/de/ dargelegt. Diese Variable allein wird den Strompreis erheblich beeinflussen. Daher scheint Ihr Rechner den Strompreis nicht verlässlich vorherzusagen und stattdessen zu hoch anzugeben.
Zu den Bereitstellungskosten, die deutlich unter Ihren Annahmen liegen, können Sie hier beispielsweise eine Auswertung des Fraunhofer Instituts finden: https://www.ise.fraunhofer.de/de/presse-und-medien/presseinformationen/2023/fraunhofer_ise_studie_woher_deutschlands_importe_fuer_wasserstoff_und_power-to-x-produkte_kommen_koennten.html.
Generell lässt sich feststellen, dass die Stromgestehungskosten für erneuerbare Energien bereits jetzt unter den Kosten fossiler Brennstoffe liegen. Dieser Trend wird voraussichtlich anhalten und sich sogar verstärken. Daher ist eine umfassende Elektrifizierung grundsätzlich und langfristig anzustreben, wo dies sinnvoll möglich ist.
Es ist zu betonen, dass direkt verbrauchter Strom kostengünstiger ist als die Zwischenspeicherung in Derivaten, was diesen Ansatz effizienter macht. Zahlreiche Bereiche, wie Mobilität und Heizung, ermöglichen eine Elektrifizierung ohne den Einsatz von Derivaten (vgl. auch https://www.irena.org/Publications/2022/Jan/Geopolitics-of-the-Energy-Transformation-Hydrogen).
Dennoch gibt es Situationen, in denen die Zwischenspeicherung Sinn macht, beispielsweise wenn mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. In solchen Fällen kann der Strom als Derivat zwischengespeichert werden. Auch gibt es Bereiche, die teilweise elektrifiziert werden können, aber dennoch andere Energieträger benötigen, wie Langstrecken-LKW, Fähren oder Industrien mit hohen Temperaturanforderungen. Hier ist es notwendig, andere Energieträger, z. B. Wasserstoff, einzubeziehen.
Es ist zu erwarten, dass die Preise für Wasserstoff weiter sinken werden, ähnlich wie bei anderen Technologien wie Solarenergie, wo zwischen 2009 und 2019 weltweit eine Kostensenkung von 89% zu verzeichnen war (https://ourworldindata.org/cheap-renewables-growth bzw. https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/2023/presseinfo-02-nachfrage-preise-wasserstoff-2045.html für Deutschland).
Viele Grüße
Beate Walter-Rosenheimer