Warum kriegt die Ampel nicht hin die Haufen an Probleme zu lösen? Warum passiert nichts? Wo ist die Zusammenarbeit? Wird es in der nächsten Wahl möglich werden, dass die Ersatzstimme eingeführt wird?
Sehr geehrte Frau Bas,
In Deutschland gibt es aktuell sehr viele Probleme. Das eine Problem greift teils ins andere Problem. Mehr Menschen sind mehr bereit die rechtsextreme Partei AfD zu wählen, wo potentielle keine stabile Regierung zustande käme.
Der Fall in Solingen hat es nochmals für die AfD gepusht. Und es kam bis jetzt nur eine schwache Reaktion.
Es gibt viele Probleme. Ich kann gerne eine Liste an Probleme mit möglichen Lösungen bei einer nächsten Frage stellen.
Bei der Ampel fühlt man auch keine ernsthafte Teamarbeit. Man hört nur Streit. Das ist auch der Grund, warum viele nicht mehr die Ampelparteien wählen und stattdessen zur AfD, BSW, CDU oder gar vermehrt Kleinparteien wechseln.
Vor allem wird in Zukunft mehrfach eine Dreierkoalition nötig sein werden. Diese Koalition zeigt, dass es nicht richtig handlungsfähig ist und viel Reiberei gibt. Das ist ein düsteres Bild.Zuletzt möchte ich die Frage stellen, ob die Ersatzstimme kommen könnte. Mehr Leute wählen Kleinparteien.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich stimme Ihnen zu, uns als demokratischen Kräften muss es gelingen, Probleme zu benennen und ihre Lösung anzugehen. Wir müssen das Leben für die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bezahlbar halten, mehr in unsere Infrastruktur und Bildung investieren und die Energiewende schneller voranbringen. Hierzu hat die Ampel-Koalition bereits viele Maßnahmen beschlossen und langfristige Verbesserungen in die Wege geleitet. Wir haben etwa einen höheren Mindestlohn erkämpft. Die Regierung arbeitet daran, die klimafreundliche Transformation der Wirtschaft, der Energie und der Gesellschaft sozial und gerecht voranzubringen. Mit dem Voranschreiten der Energiewende und der Nutzung erneuerbarer Energien werden langfristig auch die Preise für Strom und Wärme sinken. Um gegen den Fachkräftemangel anzugehen, arbeiten wir daran, die Hürden für die Erwerbstätigkeit von Frauen abzubauen, Weiterbildung zu stärken, mehr qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen und geflüchteten Menschen, die bereits hier sind, die Integration in unseren Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Auch in der Frage der Migration sind bereits Maßnahmen beschlossen worden: Im Februar wurde beispielsweise nach Beratungen zwischen Bund und Ländern das Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen. Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass Menschen ohne Bleiberecht Deutschland schneller verlassen. Die praktische Rückführung dieser Menschen wurde vereinfacht. Das ist richtig, notwendig und konsequent. Nur so stärken wir die gesellschaftliche Akzeptanz und den Rückhalt für die Aufnahme von wirklich schutzbedürftigen Geflüchteten in unserem Land. Mehr dazu finden Sie auch unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/DE/rueckfuehrungsverbesserungsgesetz.html. Als Reaktion auf den terroristischen Messerangriff in Solingen hat das Bundeskabinett am 29. August ein umfassendes Sicherheitspaket beschlossen. Dieses beinhaltet Änderungen im Waffenrecht und zusätzliche Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, um den gewalttätigen Islamismus zu bekämpfen. Darüber hinaus wird das Aufenthaltsrecht angepasst, um dafür zu sorgen, dass Abschiebungen in der Praxis effektiver und erfolgreicher umgesetzt werden können.
Insgesamt stehen wir als Land vor vielen großen Herausforderungen zur gleichen Zeit. Die Pandemie, die Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und des Terrorangriffs der Hamas auf Israel haben Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen. Ich kann gut verstehen, dass viele müde und erschöpft sind. Denn diese Ereignisse sind nicht abstrakt. Sie haben spürbare Folgen im Alltag. Hinzu kommen Versäumnisse der Vergangenheit, etwa die mangelnden Investitionen in unsere Infrastruktur, und die historische Aufgabe, den menschengemachten Klimawandel zu stoppen.
In vielen Bereichen gibt es nicht die einzige, einfache Antwort – so wie es uns Populistinnen und Populisten glauben machen wollen. Ich bin überzeugt, dass die Ampel-Koalition viele Erfolge erzielt hat, die unser Land voranbringen werden. Aber natürlich müssen wir entschieden daran arbeiten, weiter bestehende Probleme ebenfalls zu lösen.
Aber Sie haben recht: Um die Menschen von unserer Arbeit zu überzeugen, spielt auch die Zusammenarbeit untereinander eine zentrale Rolle. Inhalte dürfen nicht durch andauernde Streitigkeiten innerhalb der Regierung überlagert werden. Sie können sicher sein, mir geht es wie vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern. Auch ich würde mir in der Kommunikation der Ampel-Koalition und im Miteinander oftmals ein anderes Auftreten wünschen. Viele Menschen haben gerade dadurch viel an Vertrauen in die Arbeit der gesamten Politik verloren. Ich hoffe, dass dies endlich auch allen handelnden Akteurinnen und Akteuren in der Regierung bewusst ist. Ich bin sicher, wenn die einzelnen Regierungsparteien parteipolitisches Kleinklein hintenanstellen und sichtbar gemeinsam für unser Land an einem Strang ziehen, werden das auch die Wählerinnen und Wähler wieder stärker honorieren. Die Ampel-Koalition muss dafür in den nächsten Monaten klarmachen, dass wir die Themen angehen, die die Menschen wirklich umtreiben: Migration, bezahlbares Wohnen, sichere Jobs, Bürokratieabbau.
Das von Ihnen genannte Konzept der Ersatzstimme gehört zu den vielen Überlegungen, die im Vorfeld der Wahlrechtsreform durch die Wahlrechtskommission des Deutschen Bundestages diskutiert und geprüft wurden. Die Grundidee geht auf einen Reformvorschlag der Ampel-Koalition zurück. Für die Ersatzstimme spricht unter anderem, dass die Folgen des fehlenden Erfolgswertes bei der Erststimme in gewisser Weise abgemildert werden.
Allerdings gibt es nach Meinung der Expertinnen und Experten auch Nachteile: Die Einführung einer Ersatzstimme könnte gegen den in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz verankerten Grundsatz der unmittelbaren Wahl sowie der Gleichheit der Wahl verstoßen. Eine solche Ersatzstimme würde nur bei den Wählerinnen und Wählern ihre Wirkung entfalten, die mit der Erststimme einer Kandidatin oder einen Kandidaten gewählt haben, der mangels Zweitstimmendeckung nicht in den Bundestag einziehen würde. Außerdem würde dieses Instrument die schon erhebliche Komplexität des Wahlvorgangs weiter erhöhen. Deshalb müsste bei einer Einführung damit gerechnet werden, dass Wahlenthaltungen und ungültige Stimmen zunehmen.
All das hat dazu beigetragen, dass bei der am 17. März 2023 mit 399 Ja- bei 261 Nein-Stimmen und 23 Enthaltungen beschlossenen Wahlrechtsreform dieses Instrument nicht berücksichtigt wurde. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Zuge immer möglicher Wahlrechtsanpassungen in der Zukunft eine Ersatzstimmenregelung beschlossen wird.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de. Ein passender erster Ansprechpartner für Ihre Anliegen ist auch stets Ihre Bundestagsabgeordnete bzw. Ihr Bundestagsabgeordneter vor Ort. Diese bzw. diesen finden Sie über https://www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas