Warum haben Sie 2020 gegen eine Verkleinerung des Bundestags gestimmt? Wäre dies nicht eine Parlamentsreform, die viel dringender ist als eine Verlängerung der Wahlperiode?
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:
Ich stimmte Ihnen zu: Eine Reform des Wahlrechts, die auch das Parlament effektiv verkleinert, ist überfällig. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass das Parlament arbeitsfähig bleibt und nicht weiter anwächst.
Am Freitag, den 27. Januar, hat der Deutsche Bundestag über verschiedene Vorschläge diskutiert, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Unter anderem stellten die Koalitionsfraktionen ihren Gesetzentwurf „zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes" (https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf) vor. Er sieht vor, das Zweistimmenwahlrecht so weiterzuentwickeln, dass Ausgleichs- und Überhangmandate entfallen und die 598 Mandate nach dem Verhältnis der „Hauptstimmen" verteilt werden. Wer den Zuschlag für ein Mandat bekommt, richtet sich dann nach dem Anteil der erhaltenen „Wahlkreisstimmen".
Zu Ihrer konkreten Frage: Ich gehe davon aus, dass Sie sich dabei auf mein Abstimmungsverhalten in der Bundestagssitzung vom 3. Juli 2020 beziehen. Damals stand ein Vorschlag der damaligen Opposition zur Debatte (https://dserver.bundestag.de/btd/19/146/1914672.pdf), der 49 von 299 Wahlkreisen abschaffen sollte. Das hätte bedeutet, dass die verbleibenden Wahlkreise größer zugeschnitten werden müssen. Gerade für Abgeordnete aus ländlichen Regionen wäre es damit wesentlich schwieriger geworden, in ihrem Wahlkreis persönlich präsent zu sein. Ich halte den direkten Kontakt der Abgeordneten mit den Menschen in ihrem Wahlkreis aber für sehr wichtig. Dieser Kontakt hilft, Vertrauen zu schaffen und die Anliegen direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern zu erörtern. Insofern fand ich es in der Sache richtig, dieses Konzept nicht weiter zu verfolgen.
Der Form halber weise ich darauf hin, dass die namentliche Abstimmung sich seinerzeit lediglich auf den Wunsch der antragstellenden Fraktionen bezog, sofort in die zweite Beratung ihres Vorhabens einzusteigen. Das erschien mir damals nicht zielführend. Ich finde es gerade bei der Wahlrechtsreform besonders wichtig, ausführlich und gründlich zu beraten.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas