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Bärbel Bas
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Frage von Guido L. •

Warum bekommen viele Jesiden kein Asyl in Deutschland?

Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin Bas,
kürzlich entschied der Bundestag einstimmig, dass die Verfolgung der Jesiden in Syrien und im Irak durch den " Islamischen Staat" (IS; Terrormiliz) als Völkermord eingestuft wird. Mit großem Unverständnis habe ich danach folgenden SZ-Beitrag gelesen: https://www.sueddeutsche.de/politik/jesiden-asyl-voelkermord-1.5744547
Meine Fragen:
- Warum wurde 1339 anerkannten jesidischen Flüchtlingen der Schutzstatus wieder entzogen?
- Wie entgegnen Sie meiner Feststellung, dass man im Lichte des SZ-Berichts das reale Handeln der Behörden (bis zum Bundesinnenministerium und der Bundesregierung) nur als heuchlerisch bezeichnen kann?
- Gehen Sie mit mir konform, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser diesbezüglich ein Glaubwürdigkeitsproblem haben?
- Was tun Sie konkret, um von Abschiebung bedrohnten Jesiden zu helfen?

In gespannter Erwartung Ihrer baldigen, selbstverständlich ehrlichen Antwort verbleibe ich
mfG
Guido L.

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Sehr geehrter Herr L.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:

Zu den eindringlichsten Begegnungen des vergangenen Jahres gehörte mein Gespräch mit der Friedensnobelpreisträgerin Nadja Murad, die sich als jesidische Überlebende des IS-Terrors für die Opfer sexueller Gewalt in Konflikten weltweit engagiert.

Die einstimmige Verabschiedung des Antrages (Drucksache 20/5228), die – insbesondere 2014 – an den Jesidinnen und Jesiden begangenen Verbrechen des so genannten „Islamischen Staates“ als Völkermord anzuerkennen, war ein wichtiges und richtiges Zeichen des Parlaments.

Das gilt auch für die darin enthaltene Forderung, Jesidinnen und Jesiden „weiterhin unter Berücksichtigung ihrer nach wie vor andauernden Verfolgung und Diskriminierung im Rahmen des Asylverfahrens Schutz zu gewähren und anzuerkennen“.

Zugleich bitte ich um Verständnis, dass ich in meinem Amt als Bundestagspräsidentin Zurückhaltung wahre, das konkrete Behördenhandeln im Geschäftsbereich einzelner Bundesministerien zu kommentieren. Die Bundesregierung hat ihre Haltung dazu in der Fragestunde vom 8. Februar 2023 (Frage 36) erläutert. Sie verweist darauf, dass sie – angesichts der Verbesserung der Lage in den Wohngebieten der Jesidinnen und Jesiden – im Nordirak nicht mehr von Gruppenverfolgung ausgeht, sondern seit Ende 2017 wieder dazu übergegangen ist, über Schutzgesuche im Einzelfall „anhand der aktuellen Situation in Irak und der vorhandenen Erkenntnissen zur individuellen Person“ zu entscheiden: https://dserver.bundestag.de/btp/20/20084.pdf#page=113

Der Deutsche Bundestag steht zu seinen Beschlüssen und Forderungen zur Anerkennung und zum Gedenken an den Völkermord an den Jesidinnen und Jesiden. Das gilt nicht zuletzt für die Wahrnehmung seiner parlamentarischen Kontrollfunktionen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

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