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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Michael K. •

Wann werden die Menschenrechte in Deutschland wieder hergestellt?

Das Bundesverfassungsgericht hat am 05.11.2019 ein Urteil zu „Hartz4“ verkündet. Hiernach verstoßen Teile von „Hartz4“ gegen die Art. 1 Abs 1 (Die Würde des Menschen ist unantastbar...) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 (Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.)
Bisher hat keine Partei gegen dieses Urteil etwas Konkretes, Nachhaltiges unternommen. Der Schuldspruch besteht seit über drei Jahren.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die neue Bundesregierung unter der Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz ist mit dem Ziel angetreten, einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen, hin zu einer Gesellschaft des respektvollen Miteinanders und der Solidarität. Für uns ist klar: Auch der Staat hat Bürgerinnen und Bürgern mit Respekt zu begegnen. Darum wollen wir als SPD in der Regierung dafür sorgen, dass der Staat wieder mehr Unterstützer und Förderer ist, der den Menschen Vertrauen entgegen bringt.

In Reaktion auf das von Ihnen genannte Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition am 19. Mai eine Aussetzung der Hartz-IV-Sanktionen bis Ende 2022 beschlossen. Damit gehen wir einen wichtigen ersten Schritt.

Dem wollen wir einen weiteren Schritt folgen lassen. Wie meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion freue auch ich mich sehr, dass wir in der neuen Koalition endlich die lange überfällige grundlegende Reform der Grundsicherung hin zu einem sozialen Bürgergeld angehen. In diesem Zusammenhang soll auch die vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2019 geforderte gesetzliche Neuregelung der Sanktionen gemäß Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) dauerhaft erfolgen. Dieser Neuregelung geht eine Evaluation voraus. Die Neuregelung selbst soll bis Ende 2022 erfolgen.

Für uns ist klar: Die Grundsicherung soll ein soziales Bürgergeld werden, für das sich niemand schämen muss, der es braucht. Das Bürgergeld soll die Würde der und des Einzelnen achten und zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen. Dabei soll es digital und unkompliziert zugänglich sein. Damit wollen wir das System „Hartz IV“ endgültig überwinden.  

Ganz konkret sollen mit dem neuen Bürgergeld in den ersten beiden Jahren des Leistungsbezugs die Anrechnung des Vermögens sowie die Prüfung der Angemessenheit der Wohnung entfallen. Damit haben wir bereits in den zurückliegenden Monaten in der Pandemie gute Erfahrungen gemacht. Zudem wollen wir das Schonvermögen erhöhen und dessen Überprüfung entbürokratisieren, digitalisieren und pragmatisch vereinfachen. Diese Reformen sind dringend notwendig, um Menschen, die viele Jahre berufstätig waren, künftig besser vor Altersarmut zu bewahren.

Für die Erstattung der Unterkunftskosten wollen wir einen verbesserten gesetzlichen Rahmen für die Anwendung der kommunalen Angemessenheitsgrenzen schaffen, der jährlich überprüft und entsprechend angepasst werden soll, wenn nötig. Durch diesen Rahmen soll es den Kommunen erleichtert werden, die Unterkunfts- und Heizkosten als regionalspezifische Pauschale auszuzahlen.

Ich bin überzeugt, dass mit der Schwerpunktsetzung des neuen Bürgergeldes auf die Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe der und des Einzelnen auch ein kultureller Wandel innerhalb der Jobcenter einhergehen wird.

Denn mit dem neuen Bürgergeld sollen die Stärken und Fähigkeiten der Menschen sowie Hilfen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt gestellt werden. Dazu wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen so verändern, dass künftig eine Beratung auf Augenhöhe möglich ist und eine größere Vertrauensbeziehung mit der Sachbearbeiterin oder dem Sachbearbeiter im Jobcenter entstehen kann. Konkret bedeutet das, dass künftig die Stärken und Entwicklungsbedarfe individuell ermittelt werden sollen und dann dementsprechend die Angebote und Maßnahmen im Rahmen einer Teilhabevereinbarung in einfacher Sprache formuliert mit der oder dem Bürgergeldbeziehenden gemeinsam vereinbart werden sollen. Diese Teilhabevereinbarung soll die bisherige Eingliederungsvereinbarung ersetzen. Dabei soll fortan eine sechsmonatige Vertrauenszeit gelten. Zudem wollen wir für Konfliktfälle einen unabhängigen Schlichtungsmechanismus schaffen. 

Für mich und meine Partei steht fest, dass wir auf die Fähigkeiten und den Erfahrungsschatz älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt nicht verzichten können. Darum wollen wir mit dem neuen Bürgergeld auch stärker berufliche Weiterbildungen fördern. Dazu zählen auch vollqualifizierende Ausbildungen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung unabhängig von Dauer und Grundkompetenzen, auch im Umgang mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien. Ziel ist es, dass Bürgergeldberechtigten im Rahmen der Teilhabevereinbarung für die Teilnahme an der Eingliederung dienenden Förder- oder Unterstützungsmaßnahmen ein befristeter Bonus gezahlt werden kann.

Und auch die Zuverdienstmöglichkeiten sollen durch das neue Bürgergeld in bestimmten Fällen durch das Wegfallen der Anrechnung und eine Erhöhung des Freibetrags verbessert werden, so ist beispielsweise vorgesehen, die Anrechnung von Schüler- und Studentenjobs von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II zu streichen. 

Zudem setzt sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil dafür ein, dass Menschen mit kleinen Einkommen oder jene, die auf Grundsicherung angewiesen sind mit dem geplanten Bürgergeld auch höhere Leistungen bekommen.

Damit diese von uns beabsichtigte passgenaue und ganzheitliche Unterstützung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jobcentern geleistet werden kann, wollen wir für mehr und gut qualifiziertes Personal in den Jobcentern sorgen und entsprechend mehr Geld im Haushalt bereitstellen.

Ich kann Ihnen versichern, dass die umfangreiche Reform der Grundsicherung zu einem sozialen Bürgergeld bei unserem Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, in guten Händen liegt. Er wird den Gesetzentwurf sehr sorgfältig vorbereiten und voraussichtlich im Sommer ins Parlament einbringen. Den Gesetzgebungsprozess werden wir in der SPD-Bundestagsfraktion sehr eng begleiten.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

 

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