Wann werden die bisherigen nicht unterstützten 20 Millionen Haushalte in Deutschland entlastet?
Sehr geehrte Frau Bas,
nachdem nun mit (Zitat Minister Habeck) "Pauschalität und Geschwindigkeit" einfach mal die Hälfte der deutschen Haushalte zum Teil auch ungerechtfertigt unterstützt wird, möchte ich gern wissen, wann die 2. Hälfte mit Unterstützung in gleicher Höhe rechnen kann. Es ist nicht nachvollziehbar, daß Gut- und Bestverdiener von Steuerzahlern entlastet werden. Kann es sich eine Regierung wirklich leisten, die Hälfte der Deutschen einfach vor den Kopf zu stoßen? Und wo bleibt der vielgepriesene Gleichheitsgrundsatz? Würde dieses Verhalten einer gerichtlichen Prüfung standhalten? Fragen über Fragen. Je mehr ich darüber nachdenke, umso fassungsloser bin ich. Schade.
Mit freundlichen Grüßen
Karin H.
Sehr geehrter Frau H.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre Sorgen angesichts der insgesamt stark steigenden Energiepreise, kann ich sehr gut nachvollziehen. Für mich steht fest: Wir müssen die Herausforderungen, vor der Sie und andere stehen, grundsätzlich angehen: Als SPD wollen wir die Energiepreise insgesamt senken und insbesondere gezielt denjenigen helfen, die einen sehr hohen Anteil ihres Einkommens für Energie ausgeben. Dies setzen wir derzeit um.
Mit einem umfassenden finanziellen Abwehrschirm werden wir die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen abfedern. Dies wahrt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die ökonomische Leistungsfähigkeit unseres Landes. Dazu sollen mehr Kapazitäten bei Wärme und Strom in den Markt gebracht werden und die Abhängigkeit von Gas – und auch anderen fossilen Energieträgern – schneller reduziert werden. Für diesen Abwehrschirm stellen wir umfangreiche Finanzmittel in Höhe von bis zu 200 Milliarden Euro zur Verfügung.
Die von der Bundesregierung beauftragte Expertenkommission Gas und Wärme hat zur Entlastung von Gaskundinnen und -kunden in Privathaushalten und Gewerbe eine Einmalzahlung im Dezember vorgeschlagen sowie eine Preisbremse für ein Grundkontingent an Gas ab März für diese Gruppen. Für Großkunden in der Industrie soll den Vorschlägen zufolge ab Januar eine Gaspreisbremse greifen. Von der Gaspreisbremse sollen nicht nur private Haushalte, sondern auch Handwerksbetriebe sowie auch kommunale und soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Vereine gleichermaßen profitieren.
Zudem werden wir eine Strompreisbremse einführen, um die Kosten für den Basisverbrauch zu deckeln. Zur Finanzierung der Strompreisbremse werden wir auch Zufallsgewinne von solchen Unternehmen abschöpfen, die von den hohen Energiepreisen aktuell besonders profitieren. Das ist für uns eine Gerechtigkeitsfrage. Am 30. September haben sich die EU-Staaten auf die Abschöpfung von Krisengewinnen der Energieunternehmen geeinigt.
Was Ihre konkrete Frage nach den Entlastungen für Verbraucherinnen und Verbraucher anderer fossiler Energieträger als Gas betrifft: Der von der Expertenkommission Gas und Wärme am 10. Oktober vorgelegte Zwischenbericht „Sicher durch den Winter“ und die darin enthaltenen Vorschläge sind die Grundlage für die nun notwendigen Beratungen in Regierung und Parlament, die wir schnellstmöglich beginnen wollen. Der von Ihnen angesprochene Zielkonflikt zwischen schnellwirkenden Maßnahmen und der Frage der Zielgenauigkeit und sozialen Differenziertheit ist uns durchaus bewusst. Daher werden wir in den anstehenden Beratungen noch einmal zusätzliche Aspekte in den Blick nehmen und diskutieren – auch mit Blick auf mögliche zusätzliche Entlastungen für diejenigen, die mit Heizöl, Kohle und Holz heizen. Für uns in der SPD-Bundestagsfraktion ist dabei ganz klar: Die Entlastungen müssen in Bezug auf alle fossilen Energieträger und Versorgungsformen gerecht ausfallen. Es gilt dabei eine brennstoffübergreifende Preisdeckelung zu prüfen und die geplante Regelung für Gas (12ct/kWh für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs, Energiesparbonus, etc.) auch für andere Energieträger wie Heizöl, Pellets und für Bevorratungskunden (u.a. Flüssiggas) zu übernehmen. Zudem ist unser Ziel einen Härtefallfonds aufzulegen durch den starke soziale Härten abgefedert werden sollen, die weiterhin entstehen können.
Für die SPD-Bundestagsfraktion ist entscheidend, dass wir schnell für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Sicherheit bekommen und ihnen die Sorgen nehmen, die Energiekosten nicht mehr tragen zu können. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich Ihnen aufgrund der noch bevorstehenden Beratungen innerhalb der Bundesregierung und im Parlament keine konkretere Antwort auf Ihre Frage geben. Ihr Anliegen habe ich aber auch an meine zuständigen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion weitergegeben.
Um die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen angesichts der stark angestiegenen Energiepreise nicht zusätzlich zu belasten, wird zudem die für den 1. Januar 2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne im Brennstoffemissionshandel um ein Jahr auf den 1. Januar 2024 verschoben. Damit verschieben sich auch die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 entsprechend um ein Jahr. Das kommt auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern von Öl, Kohle und Holz zugute.
Des Weiteren möchte ich Sie gerne auf die geplante Wohngeldreform zum 1. Januar 2023 aufmerksam machen. Diese ist Teil des dritten Entlastungspakets und soll gezielt Haushalte mit geringen Einkommen entlasten. Das reformierte Wohngeld wird eine dauerhafte Klimakomponente und eine dauerhafte Heizkostenkomponente enthalten, um die steigenden Energiepreise stärker abzufedern. Zudem wird der Kreis der Wohngeldberechtigten auf zwei Millionen Bürgerinnen und Bürger erweitert, sodass mehr Bürgerinnen und Bürger in Zeiten stark steigender Energiekosten anspruchsberechtigt werden. Ich kann Ihnen daher nur empfehlen zu überprüfen, ob Sie einen Anspruch auf Wohngeld haben. Dazu ist es möglich online einen Wohngeldrechner zu nutzen: https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/wohnraumfoerderung/wohngeld/wohngeldrechner-2022-artikel.html. Ein Antrag auf Wohngeld kann bei der örtlichen Wohngeldbörde der Gemeinde-, Stadt-, Amts- oder Kreisverwaltung gestellt werden.
Derzeit ist offen, wie sich Inflation, Krieg und Energieversorgung weiter entwickeln. Für mich ist klar: Bei einem Fortschreiten der Krise müssen wir nochmal nachlegen und dabei noch gezielter diejenigen mit wenig Einkommen unterstützen. Insgesamt steht unser Land aufgrund verschiedener Krisen vor enormen finanziellen Herausforderungen. Die erneute Aussetzung der Schuldenbremse ist für den Abwehrschirm nötig. Dies belastet jedoch nachfolgende Generationen zusätzlich. Wir sollten daher darüber nachdenken, auch Vermögende stärker heranzuziehen und höher zu besteuern. Dafür werde ich mich einsetzen.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas