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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Ina W. •

Unterstützen Sie den CDU-BT-Abgeordneten Marco Wanderwitz in seinem Vorhaben, einen AfD-Verbotsantrag im BT einzubringen?

Seit langem fordert der sächsische CDU-Abgeordnete Wanderwitz ein Verbot der AfD. Dazu will er einen Antrag in den Bundestag einbringen.
Marco Wanderwitz hat nun einen AfD-Verbotsantrag formuliert und sucht parteiübergreifend nach Unterstützern. In dem Antrag wird der Bundestag aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen, die AfD für verfassungswidrig zu erklären, aufzulösen und ihr Vermögen zugunsten von gemeinnützigen Zwecken einzuziehen.
Die AfD und andere rechtsextreme Parteien treten immer unverholener auf. Man zeigt sich zunehmend selbsbewusst offen rassistisch, menschenverachtend, rechtsextremistisch. Eine sog. Brandmauer nach rechts existiert nicht mehr, in meinem BL, dem Freistaat Sachsen, schon länger. Mit einem Verbot könnten der AfD sämtliche finanzielle Mittel entzogen werden. Dies würde der gesamten Neuen Rechten einen schweren Schlag versetzen und unsere Demokratie stärken. Die AfD lediglich vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, reicht nicht mehr.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Ich kann Ihnen versichern, dass meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion wie auch ich Ihre Sorgen teilen. Auch ich persönlich beobachte eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD. 

Was Ihre Forderung nach einem Verbot der Partei der AfD betrifft: Gegen Verfassungsfeinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhängerinnen und Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig.

Stellt das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit einer Partei fest, ordnet es deren Auflösung an, verbietet die Gründung einer Ersatzorganisation und kann die Einziehung des Parteivermögens zu gemeinnützigen Zwecken aussprechen (§ 46 Absatz 3 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Weiterhin verlieren Mitglieder des Deutschen Bundestages, die dieser Partei angehören, nach § 46 Absatz 1 Nummer 5 des Bundeswahlgesetzes ihr Mandat. Aufgrund dieser drastischen Folgen sind die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie, die maßgeblich durch den parteipolitischen Diskurs lebt, hoch. Eine Haltung, durch die oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden, genügt nicht. Eine Partei kann durch das Bundesverfassungsgericht nur dann verboten werden, wenn sie vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann.

Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an die Beweisführung erhebliche Ansprüche. Hierfür sind die Antragsberechtigten auch auf die Ermittlungen hierzu berufener staatlicher Institutionen angewiesen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Ich setze großes Vertrauen in die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Entscheidend ist auch, dass rechtsextremes Gedankengut nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. Mit einem Parteiverbot wird dieses menschenverachtende Gedankengut nicht automatisch aus den Köpfen der Menschen verschwinden. Wenn wir die Demokratie vor den Gefahren von rechtsextremem Gedankengut, Verschwörungserzählungen sowie Desinformation schützen wollen, brauchen wir gut informierte Bürgerinnen und Bürger. Die politische Bildung ist dabei von zentraler Bedeutung, um das Vertrauen in unsere Demokratie und unsere demokratischen Institutionen zu stärken, aber auch um der zunehmenden Demokratiefeindlichkeit und dem erstarkenden Rechtsextremismus entgegenzuwirken sowie Desinformation erkennen zu können. Darum machen wir uns als SPD-Bundestagsfraktion stets für die Förderung der politischen Bildung stark.

Für mich ist ganz klar, dass Demokratie und politische Bildung von klein auf erlernt werden müssen. Deshalb bin ich u.a. regelmäßig zu Besuch in Schulen, um mich direkt mit Schülerinnen und Schülern über unsere Demokratie und zu aktuellen gesellschaftlichen Themen auszutauschen.

Demokratie lebt vom Vertrauen der Menschen. Vertrauen kann aber nur wachsen, wenn die Menschen die Politik auch wirklich nachvollziehen können. Deshalb sehe ich in einer offeneren und klareren Kommunikation zwischen Bürgerinnen, Bürgern und der Politik einen weiteren Lösungsansatz im Kampf gegen Extremismus und Politikverdrossenheit. Die Politik muss sich wieder in einen stärkeren Dialog mit den Wählerinnen und Wählern begeben, denn meine Erfahrung zeigt, dass Gespräche und der Austausch über politische Entscheidungen es wert sind, geführt zu werden. Um die Bürgerinnen und Bürger wieder mehr für den demokratischen Prozess begeistern, setze ich mich für eine Stärkung der politischen Beteiligung ein, u. a. für eine stärkere Einbindung von Bürgerräten in den parlamentarischen Prozess. Damit können wir die Beteilung der Bürgerinnen und Bürgern am politischen Prozess erhöhen und so mehr Verständnis für die Arbeit politischer Gremien und die teilweise schwierige Kompromissfindung schaffen. Die Menschen müssen spüren: Meine Stimme wird gehört. Dann werden sie ihre Demokratie verteidigen.

Ich kann Ihnen versichern, dass es mir als Bundestagspräsidentin, aber vor allem als Sozialdemokratin ein Herzensanliegen ist, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft gerade in diesen Zeiten zu stärken, unsere Demokratie mit Leben zu füllen und sie so sattelfest für die Zukunft zu machen. Dafür werde ich mich weiterhin einsetzen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

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