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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Hennes Z. •

Ist die‌ AfD re‌chtse‌xtre‌m und sollte‌ ve‌rbote‌n we‌rde‌n?

Sehr geehrte Frau Bas,
ich schreibe momentan an meiner Seminarfacharbeit in der 12. klasse und frage mich, wie die Einschätzung der Präsidentin des deutschen Bundestages zur frage eines AfD Verbots ausfallen würde, besonders ihre persönliche Einschätzung fände ich daher besonders interessant.
Daher meine Frage: Stufen sie die AfD in Gänze als rechtsextrem ein und finden sie, dass ein Parteiverbot seitens der Bundesregierung angestrengt werden sollte. Wie schätzen sie darüber hinaus den Erfolg einer solchen Verfassungsbeschwerde ein?

Leibe Grüße,
Hennes Z.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Z.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:

Gegen Verfassungsfeindinnen und -feinde stellt das Grundgesetz mit dem Parteiverbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 das schärfste Schwert unserer wehrhaften Demokratie bereit. Danach sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhängerinnen und Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig. Die Anforderungen an das Verbot einer Partei in einer Demokratie sind hoch. Wir wissen aus vorherigen Verbotsverfahren, dass diese sehr lange dauern. Mit einem Urteil wäre auch vor den Bundestagswahlen im Jahr 2025 nicht zu rechnen.

Die hohen Voraussetzungen für ein Parteiverbot stellen auch an die Beweisführung erhebliche Ansprüche. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung wird die AfD als Gesamtpartei als Verdachtsfall geführt, die drei AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen sind als rechtsextremistisch eingestuft. Erst vor wenigen Tagen hat das Verwaltungsgericht Köln bestätigt, dass die „Junge Alternative“ vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert extremistische Bestrebung“ eingestuft und behandelt werden darf. 

Wichtig ist, rechtsextremes Gedankengut zu bekämpfen und politische Bildung zu stärken. Demokratie muss von klein auf erlernt werden. Deshalb bin ich u.a. regelmäßig zu Besuch in Schulen, um mich direkt mit Schülerinnen und Schülern über unsere Demokratie und zu aktuellen gesellschaftlichen Themen auszutauschen. Und deshalb freue ich mich in Ihrer Frage zu lesen, dass Sie sich in der 12. Klasse schon so aktiv mit aktueller Politik auseinandersetzen.

Natürlich sind wir aber auch als Politik gefordert, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dazu gehört es, die Unzufriedenheit ernst zu nehmen. Die Pandemie, der Klimawandel, die Transformation unserer Wirtschaft, die Folgen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine oder der Hamas-Terror auf Israel am 7. Oktober haben Spuren auch in unserer Gesellschaft hinterlassen. Ich kann gut verstehen, dass viele Menschen erschöpft sind und Ängste haben. Diese Ereignisse sind nicht abstrakt. Sie haben spürbare Folgen im Alltag. Ob in der Familie, in der Schule oder im Betrieb. Ob an der Kasse im Supermarkt oder an der Tankstelle. Wir müssen die Menschen wieder überzeugen, dass wir mit unserer Politik die konkreten Probleme lösen und die Herausforderungen unseres Landes bewältigen.

Die allermeisten meiner Bundestagskolleginnen und Bundestagskollegen leisten bereits engagierte Wahlkreisarbeit. Auch ich persönlich versuche so oft wie möglich, in meinem Duisburger Wahlkreis mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Diese Kommunikation zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Politik müssen wir jetzt noch verstärken. Wir brauchen einen konstruktiven und respektvollen Dialog.

Wir dürfen die Straßen, die Stammtische und das Netz nicht den Hetzern und Spaltern überlassen. Deshalb ist es so wichtig, dass die Menschen in diesen Wochen überall in Deutschland auf die Straße gehen. Das macht mich sehr zuversichtlich – besonders, weil auch viele junge Menschen für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz Flagge zeigen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de

Alles Gute für Ihre Seminarfacharbeit!

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

 

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