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Bärbel Bas
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Frage von Alexander S. •

Im Herbst soll CETA ratifiziert werden. Warum, wenn es hier um weitere Nachteile für die Bevölkerung geht, ist diese Handelsabkommen für Deutschland wichtig?

Bei CETA geht es um die Verhinderung von Verbraucherschutzklagen gegen Konzerne, die Einrichtung von undemokratischen Ausschüssen, die ohne Rücksicht auf Verbraucher entscheiden werden.
Diese ermöglichen es ausländischen Investoren, nationale Gerichte zu umgehen und Staaten vor einem internationalen Schiedsgericht zu verklagen, wenn z.B. ein neues Klimaschutzgesetz ihre Gewinne schmälern könnte.
Schon die Androhung einer Klage ausländischer Unternehmen kann Klimaschutz, Gesundheit oder andere sinnvolle nationale Maßnahmen blockieren oder deutlich verteuern.
2016 wurde die größte Verfassungsbeschwerde der BRD gegen den demokratiegefährdenden Teil von CETA eingereicht.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-022.html
Das Gericht hält zentrale Argumente der Verfassungsklage für berechtigt, wie es vor wenigen Monaten entschied.
Werden Sie für CETA stimmen?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die Volkswirtschaften der Europäischen Union (EU) und Kanadas sind durch vielfältige Investitions- und Handelsbeziehungen eng miteinander verflochten. Davon profitieren beide Seiten. Denn die Intensivierung dieser Handels- und Investitionsbeziehungen macht Lieferketten krisenresistenter, erweitert den Zugang zu kritischen Rohstoffen und erleichtert Investitionen in klimafreundliche Technologien. Den Rahmen für die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und der EU soll das Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) festlegen. Ziel des Abkommens ist die Stärkung des regelbasierten Handels und der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Kanada auf der Basis gemeinsamer Werte und Interessen.

Am 15. Februar 2017 wurde CETA vom Europäischen Parlament ratifiziert. Seit dem 21. September 2017 werden die Teile des Abkommens angewendet, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union fallen (sogenannte „vorläufige Anwendung“). Voraussetzung für das endgültige und vollständige Inkrafttreten des Abkommens, insbesondere der Regelungen zum Investitionsschutz, ist die Ratifizierung durch Kanada auf der einen und durch die EU und ihre Mitgliedstaaten auf der anderen Seite. Die Ratifizierung ist in 15 EU-Mitgliedstaaten erfolgt, in 12 Ländern steht sie noch aus, darunter in Deutschland.

SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag festgelegt, über die Ratifizierung des Abkommens nach Abschluss der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden. Im Februar 2022 hat das Bundesverfassungsgericht nun alle Klagen gegen die vorläufige Anwendung von CETA abgewiesen. Des Weiteren haben die Ampel-Koalitionäre vereinbart, zusätzlich zum Ratifizierungsgesetz eine Interpretationserklärung zu einigen Rechtsbegriffen des Investitionsschutzkapitels im sogenannten Joint Committee zu verabschieden. Das Joint Committee ist der Gemeinsame Ausschuss innerhalb des CETA-Vertrages. Dort sind neben der EU-Kommission und Kanada auch alle Mitgliedstaaten vertreten. In diesem Ausschuss werden Fragen der Auslegung und der Weiterentwicklung des CETA-Vertrages besprochen. Durch die Verabschiedung der Interpretationserklärung werden einzelne Rechtsbegriffe wie die so genannte „indirekte Enteignung” klar definiert.

Was das Abkommen regelt: CETA enthält u.a. umfassende Regelungen zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen der EU und Kanada. Diese betreffen u.a. den Zollabbau, Erleichterungen des Handels mit Waren und Dienstleistungen, das Wettbewerbsrecht, den Informationsaustausch zu bestimmten handelsrelevanten Fragen (etwa über Zollformalitäten sowie die Vergabe von Subventionen), die öffentliche Beschaffung sowie die Behandlung von Investoren aus dem Gebiet des Vertragspartners. Darüber hinaus enthält CETA umfassende Kapitel über die Bereiche Handel und nachhaltige Entwicklung, Handel und Arbeit sowie Handel und Umwelt. Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Verpflichtungen aus multilateralen Übereinkünften im Bereich Arbeit und Umwelt.

Ganz klar ist: Die Daseinsvorsorge in den Mitgliedstaaten wird in besonderem Maße vor Privatisierung geschützt. Sie ist von den Regelungen des CETA-Abkommens ausgenommen.

Wichtig für deutsche Unternehmen ist, dass durch CETA die Zölle auf wichtige deutsche Exportgüter wie Maschinen und elektronische Geräte auf null gesenkt werden – für einige Produkte lagen diese zuvor noch bei neun Prozent. Deutsche Unternehmen erhalten außerdem Zugang zum kanadischen Beschaffungsmarkt: Sie können Angebote für die Lieferung von Waren und Dienstleistungen auf allen staatlichen Ebenen in Kanada (Bund, Provinzen und Kommunen) vorlegen.

Seit in Kraft treten hat sich das Handelsvolumen um 31 Prozent erhöht und liegt jetzt bei etwa 60 Milliarden Euro. Auch der Handel mit umweltfreundlichen Gütern, Technologien und Dienstleistungen hat sich um 21 Prozent erhöht.

Was Ihre Sorgen und Bedenken bezüglich der Schiedsgerichte im Zusammenhang mit CETA betrifft: Auf sozialdemokratischen Druck hin hat die EU-Kommission 2016 die bereits abgeschlossenen CETA-Verhandlungen noch einmal geöffnet und ein völlig neues Gerichtssystem entwickelt, mit dem private Schiedsgerichte ein- für allemal der Vergangenheit angehören werden. An die Stelle privater Schiedsgerichte tritt ein öffentlich-rechtlicher Investitionsgerichtshof mit Berufungsinstanz. Statt fallweise ernannter Richterinnen und Richter entscheiden unabhängige Richterinnen und Richter, die für einen längeren Zeitraum benannt werden und einem strengen Ethikkodex unterliegen. Außerdem werden die Urteile veröffentlicht: Damit schaffen wir endlich Transparenz und Rechtstaatlichkeit im Investitionsschutz.

Außerdem enthält das CETA-Abkommen auf sozialdemokratischen Druck hin auch ein klares Bekenntnis zu hohen Standards in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Nachhaltigkeit. Das Arbeitsrecht darf nicht gelockert werden, um Handel Impulse zu verleihen oder Investitionen anzuziehen. Das staatliche Regulierungsrecht wird bekräftigt. Das staatliche Regulierungsrecht (right to regulate) ist umfassend abgesichert – sowohl durch den CETA-Vertrag selbst als auch durch ein rechtlich verbindliches gemeinsames Auslegungsinstrument zwischen der EU und Kanada.

Der Gemischte CETA-Ausschuss hat eine umsetzende und empfehlende Funktion. Die Tagesordnungen sowie Berichte über die Ausschusssitzungen werden online veröffentlicht. Die Parlamente behalten ihre vollständige Entscheidungskompetenz. Denn in CETA ist klar geregelt: Beschlüsse des Gemischten CETA-Ausschusses gelten vorbehaltlich der Anforderungen der Vertragsparteien. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich darauf verständigt, dass sie nur Themen beschließen, die vorher einstimmig von allen Mitgliedstaaten beschlossen wurden.

Auch das Vorsorgeprinzip ist in den EU-Verträgen verankert und kann durch kein Abkommen der Welt außer Kraft gesetzt werden. Im Übrigen wird das Vorsorgeprinzip in einem rechtlich verbindlichen gemeinsamen Auslegungsinstrument zum CETA-Vertrag bekräftigt.

Insofern ermöglicht CETA faire und besser kontrollierte Handelsbeziehungen zwischen der EU und Kanada, die dabei die Rechte der europäischen Bürgerinnen und Bürger nicht mindert.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.

Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas

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