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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Uwe C. •

Ich habe Sie am 3.8.23 und nochmals am 10.9.23 nach den Gründen Ihrer Ablehnung von Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild gefragt. Warum haben Sie bis heute nicht geantwortet?

Sie und Ihre Partei lehnen Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild in Deutschland ab.
Damit verweigern Sie den Bürgern in Deutschland eine Demokratie von unten nach oben!

Warum tun Sie das?

Benötigen Sie die Bürger nur um gewählt zu werden um dann eine Legislaturperiode lang auch gegen den Bürgerwillen, wie z.B. beim "Heizungsgesetz", zu handeln?

Sie und die Mitglieder Ihrer Partei reden immer soviel von Demokratie, verweigern aber den Bürgern in diesem Land, eine Demokratie von unten nach oben!
Wie soll das zusammen passen?

Ist Ihnen bewußt, dass Sie mit Ihrer Antwortverweigerung (Begründung Ihrer Haltung) mit verantwortlich für die steigende Anzahl der Nichtwähler und/oder Protestwähler sind?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:

Bereits in der Vergangenheit habe ich mich immer wieder für mehr direkte Demokratie auf Bundesebene ausgesprochen. Daher sehe ich persönlich Volksentscheide positiv. Jedoch sieht das Grundgesetz Plebiszite auf Bundesebene nur bei der Neugliederung des Bundesgebietes (Art. 29 Abs. 2 GG) und im Fall einer neuen Verfassung (Art. 146 GG) vor. Daher wäre eine Änderung des Grundgesetzes nötig, um Volksabstimmungen auch in anderen Bereichen auf Bundesebene durchzuführen. Dies erfordert eine verfassungsändernde Mehrheit, was eine große Hürde darstellt.

Zu beachten ist auch, dass solche Verfahren klug ausgestaltet und verantwortungsvoll eingesetzt werden müssen. Beispiele wie die Abstimmung zum „Brexit“ haben gezeigt, dass auch die direkte Demokratie mit Risiken behaftet ist. Wer für die Folgen dann politische Verantwortung übernimmt, bleibt dabei offen.

Daher sehe ich vor allem Potential darin, die etablierten Verfahren unserer repräsentativen Demokratie zu ergänzen und Innovationen zu wagen. Deshalb habe ich mich für die Einführung von Bürgerräten eingesetzt. Ich bin der Überzeugung, dass Bürgerräte die parlamentarische Demokratie stärken und mehr Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen. Der Bürgerrat besteht aus 160 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Menschen, die Standpunkte austauschen, Lösungsvorschläge erarbeiten und Empfehlungen an die Politik formulieren. Der Bürgerrat erstellt ein Gutachten, das dem Bundestag dazu dient, eine direkte Rückmeldung aus der Mitte der Gesellschaft zu bekommen – jenseits von Meinungsumfragen und Lobbyismus.

Für die Auswahl des Themas des Bürgerrats hat der Ältestenrat eine Berichterstattergruppe Bürgerrat berufen, in der alle Fraktionen vertreten sind. In dieser hat man sich für den 1. Bürgerrat in dieser Wahlperiode mehrheitlich auf das Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ geeinigt. Welche Fragestellungen im Bürgerrat konkret behandelt werden sollen, wird durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst festgelegt.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de

Mit freundlichen Grüßen

Bärbel Bas

 

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