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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Benedikt R. •

Frage an Bärbel Bas von Benedikt R. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Bas,

nach dem überraschenden Richtungswechsel von Bundesjustizminister Maas soll noch vor der Sommerpause auf Drängen von Innenminister de Maizière die umstrittene Vorratsdatenspeicherung beschlossen werden.

Bereits das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof haben ähnliche Gesetzte für unvereinbar mit den bürerlichen Grundrechten erklärt. Es gibt eine breite Ablehnung dieser Überwachungsmaßnahme in der Bevölkerung und auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz sowie Ihr Dortmunder Fraktionskollege Marco Bülow sehen das Vorhaben kritisch.

Ich befürchte die Maßnahme wird 1. keinen nennenswerten Sicherheitsgewinn erbringen (dies bestätigen Erfahrungen aus Ländern mit Vorratsdatenspeicherung, z.B. Frankreich) und 2. durch die Generalüberwachung des Bürgers wesentliche Grundrechte aushöhlen. Die anlasslose und unverhältnismässige Datensammlung inkl. Standortdaten ist zudem nicht vor Mißbrauch (durch staatliche oder private Akteure) geschützt.

Die praktische Umkehrung der Unschuldsvermutung ist letzten Endes ein weiterer Schritt in Richtung Überwachungsstaat. Überwachung erzeugt Angst und konformes Verhalten - eine Demokratie jedoch ist angewiesen auf freie und kritische Kommunikation ihrer Bürger.

Wie werden Sie zum Thema Vorratsdatenspeicherung abstimmen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Roth,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich stimme Ihnen zu: Eine Demokratie ist angewiesen auf die freie und kritische Kommunikation ihrer Bürgerinnen und Bürger. Deshalb setzen wir Sozialdemokraten uns gegenüber unserem Koalitionspartner dafür ein, dass Deutschland die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten in ganz Europa bekommt.

Die Einführung einer solchen Regelung ist kein Anliegen der SPD, aber auch hier gilt: Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition und in den vergangenen Monaten im Deutschen Bundestag konnten viele wichtige politische Forderungen der SPD umgesetzt werden. Beispielsweise der gesetzliche Mindestlohn, die Rente mit 63 oder die Frauenquote. Auf der anderen Seite stehen Projekte wie die Speicherung von Verkehrsdaten als Projekt des Koalitionspartners oder wie Sie es schreiben: "auf Drängen von Innenminister de Maizière".

Bundesjustizminister Heiko Maas hat am 15. April Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vorgelegt. Mit diesem Vorschlag wird eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau bezeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also E-Mail – eingeführt.

Oberste Richtschnur aller Regelungen sind für uns die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes, die Sie ja auch in Ihrer Frage klar benennen. Die von Bundesjustizminister Maas vorgelegten Leitlinien sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver als CDU/CSU es wollen:

- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.

- Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.

- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.

- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.

- Die Leitlinien enthalten zudem eine datenschutzrechtliche Verbesserung zur geltenden Rechtslage: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein TK-Anbieter die Daten über den verpflichtend vorgegebenen Zeitraum auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 bzw. 4 Wochen untersagt.

- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.

Diese Leitlinien sind aus meiner Sicht eine akzeptable Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren. Ich möchte ebenso wenig wie Sie in einem Überwachungsstaat leben. Die SPD-Bundestagsfraktion wird dafür Sorge tragen, dass sich die obigen Grundsätze ohne Ausnahmen und Abstriche auch in den gesetzlichen Detailregelungen wiederfinden. Wir sind uns sicher, dass am Ende ein ausgewogener Kompromiss stehen wird, der auch Ihren drei Hauptkritikpunkten Rechnung trägt.

Mit freundlichen Grüßen nach Buchholz

Bärbel Bas

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