Frage an Bärbel Bas von Jochen G. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Bas,
ich bin in der Photovoltaik Branche tätig.Die exorbitanten Kürzungen der Einspeisevergütung gefährdet meinen Arbeitsplatz.
Wie verhalten sich sich gegenüber Änderungen der Einspeisevergütung für PV Anlagen und gegenüber dem EEG im Ganzen?
mfg
J.Götzmann
Sehr geehrter Herr Götzmann,
die Kürzungen bei der Einspeisevergütung für Photovoltaikanlagen, die Sie ansprechen, gehen zurück auf das „Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ oder auch kurz „Photovoltaik-Novelle“. Auch wenn Ihnen dies als Experte für PV-Anlagen sicherlich bekannt ist, möchte ich Ihnen zunächst einige Hintergründe zu diesem Gesetzesvorhaben erläutern.
Anfang des Jahres 2012 verabschiedete die schwarz-gelbe Bundesregierung ihren Entwurf der PV-Novelle im Bundestag. Bereits hier kritisierte unsere SPD-Bundestagsfraktion, dass das Gesetz in dieser Form die deutsche Solarbranche an den Rand des Kollapses bringen würde. Der Gesetzesentwurf von CDU/CSU und FDP scheiterte dann auch im Bundesrat am massiven Widerstand der Bundesländer, der durch die SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat organisiert wurde. Die PV-Novelle musste deswegen in den sog. Vermittlungsausschuss. Dieses Gremium setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundestages und des Bundesrates und versucht, bei strittigen Vorhaben zwischen beiden Parlamentskammern zu vermitteln.
Unser Ziel in diesen Verhandlungen mit Union und FDP war, eine Balance zwischen Industrie- und Verbraucherpolitik zu finden: Die SPD sieht in der Solarbranche einen wichtigen Industriezweig, in dem mittlerweile über 130.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten und der allein 2012 ein Steueraufkommen von 1,5 Milliarden Euro erbrachte. Auch deswegen sehen wir die erst durch SPD und Grüne im Jahr 2000 mit dem EEG gelegte Grundlage für die Förderung der Solarbranche als sehr richtige Entscheidung an. Diesem berechtigen industriepolitischen Interesse steht auf der anderen Seite aber auch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber. Diese tragen durch die EEG-Umlage die Kosten für die Förderung der Erneuerbaren Energien. Das betrifft insbesondere wirtschaftlich Schwache, da diese besonders unter steigenden Energiepreisen leiden.
Wie Sie sehen, galt es aus unserer Sicht einen Ausgleich zwischen zwei berechtigten Interessen zu finden. Ich glaube, dass sich dies auch im Ergebnis der Verhandlungen widerspiegelt: Dort einigten sich alle beteiligten Parteien auf die Kürzung der Einspeisevergütung. Diese Kürzungen erwähnen Sie ja auch. Ich glaube aber, dass in den Verhandlungen einige Verbesserungen im Vergleich zum Ursprungsentwurf der PV-Novelle erreicht werden konnten. Während dieser noch vorsah, dass der Zubaukorridor von PV-Anlagen jährlich um 900 MW pro Jahr gesenkt werden sollte, bewegt sich der Korridor im endgültigen Gesetz in einem Rahmen von 2500 bis 3500 MW pro Jahr. Solange sich der Zubau zudem in diesem Korridor bewegt, wird die Einspeisevergütung nicht außerplanmäßig gekürzt. Das schafft stabile und verlässliche Vergütungsregelungen, die den Unternehmen der PV-Branche Planungssicherheit garantieren. Diese ist unerlässlich für zukünftige Investitionen. Durch die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss konnte zudem erreicht werden, dass der Bund erstmals rechtsverbindlich eine Ausbauperspektive für Photovoltaik von 52 Gigawatt anerkennt. Zum Vergleich: Im Jahr 2011 existierte eine installierte Leistung von 27,5 Gigawatt. Das bedeutet, dass die Unternehmen der PV-Branche mit einer Einspeisevergütung bis spätestens 2040 fest rechnen können. Und auch nach Erreichen der 52 Gigawatt-Grenze bleibt der Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien erhalten. Zudem beauftragt das Gesetz die dann amtierende Bundesregierung, rechtzeitig vor Erreichen der Grenze, vorzuschlagen, wie sie die gesetzlichen Regelungen neugestalten will. Auch hier geht es darum, dass PV-Investoren langfristig planen können.
Sehr geehrter Herr Götzmann, sicherlich handelt es sich bei den Ergebnissen des Vermittlungsausschusses um einen Kompromiss, der versucht sowohl die industrie- als auch die verbraucherpolitischen Interesse zu berücksichtigen. Ich glaube aber, dass dieser Kompromiss tragfähig ist, weil er sowohl Investoren als auch Verbrauchern Zuverlässigkeit gibt, was auf sie zukommt – nach Jahren massiver Verunsicherung. Sie haben natürlich völlig Recht, dass diese Kürzungen trotzdem mitunter schmerzhaft sein können. Leider sind diese schmerzhaften Einschnitte auch deswegen notwendig geworden, weil Schwarz-Gelb notwendige Reformen lange verschlafen hat. Denn erst unter Schwarz-Gelb ist die EEG-Umlage in vier Jahren stärker angestiegen als im gesamten Jahrzehnt zuvor. Gegenüber dem Jahr 2009 hat sie sich vervierfacht – das entspricht einem Anstieg der Umlage von 5,27 auf 20,3 Milliarden Euro.
Eng verknüpft damit ist der zweite Teil Ihrer Frage, was unsere Pläne für das EEG sind. Denn natürlich war dieser Kompromiss nur ein erster Schritt hin zu einer wirklichen Strukturreform des EEG. Wir brauchen eine grundlegende Reform des EEG, die Erneuerbare Energien langfristig und berechenbar ausbaut, die die Kosten begrenzt und die Strompreise im Blick hat. Deshalb muss das EEG so ausgerichtet werden, dass eine Fehlsteuerung – wie sie in den letzten Jahr aufgetreten ist und eine Reform des EEG erst nötig macht – zukünftig ausgeschlossen ist. Dabei bleibt der Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien natürlich immer die Grundlage. Das rot-grüne EEG hat die erneuerbaren Energien aus der Nische geholt. Was wir jetzt brauchen, ist eine grundlegende Weiterentwicklung des Gesetzes. Unsere detaillierten Pläne zum EEG finden Sie in unserem SPD-Regierungsprogramm unter www.spd.de/linkableblob/96686/data
Mit freundlichen Grüßen nach Angerhausen
Bärbel Bas