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Bärbel Bas
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Frage von Katharina Z. •

Frage an Bärbel Bas von Katharina Z. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bas,

als Elternverband stehen wir an der Seite der Eltern und Familien und setzen uns für eine wohnortnahe und qualitativ gute medizinische Versorgung für alle Kinder und Jugendliche ein. Die Entwicklung im Gesundheitswesen in den letzten Jahren erfüllt uns jedoch mit großer Sorge. In diesem Zusammenhang haben wir zwei Fragen an Sie:

1) Mit Einführung der DRG’s (Fallpauschalen) hat sich das Finanzierungssystem für Krankenhäuser grundlegend geändert. Der Mehraufwand für die Behandlung und Pflege von Kindern und Jugendlichen wird in diesem System nicht ausreichend berücksichtigt. Die Folge ist eine zunehmende Unterfinanzierung der Kinderklinken- und abteilungen und personelle Einsparungen, die sogar zu Schließungen von Kinderstationen, wie z.B. an der Mainzer Kinderklinik führen.

Wie beurteilen Sie diesen Missstand und welche Schritte werden Sie bzw. ihre Partei unternehmen um die Unter-Finanzierung von Kinderkliniken und –abteilungen zu beseitigen?

2) Ihre Partei formuliert in ihrem Wahlprogramm, dass Ihnen eine gut erreichbare medizinische und pflegerische Versorgung vor allem in ländlichen Regionen, aber auch in strukturschwachen Stadtteilen wichtig ist.

Wir fordern eine wohnortnahe und flächendeckende kindermedizinische Grundversorgung für alle Kinder und Jugendliche. Im Notfall muss eine Kinderklinik oder ein entsprechendes kindermedizinischen Versorgungszentrum (MVZ)innerhalb von 40 Minuten erreichbar sein.

Inwieweit unterstützen Sie unsere Forderung und was muss Ihrer Meinung nach getan werden, um dieser Forderung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen nachzukommen?

Katharina Zelies
Bundesvorsitzende AKIK e.V.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Zelies,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich als Berichterstatterin für Kinder- und Jugendgesundheit meiner SPD-Bundestagsfraktion natürlich gerne beantworte. Wie Ihr Elternverband haben auch wir das Ziel, eine wohnortnahe und qualitativ gute medizinische Versorgung für alle Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Ich befinde mich in regem Austausch mit dem Berufsverband und der Fachgesellschaft für Kindermedizin. In Kürze werde ich zudem gemeinsam mit den Vorständen eine Kinderstation besuchen. Neben den fachlichen Versorgungsfragen und den Anliegen der Pflegerinnen und Pfleger werde ich mich auch zur Vergütungssituation informieren.

Krankenhäuser erhalten für die Behandlung von Kinder und Jugendlichen eine, nach dem Alter der Patienten gestaffelte, Fallpauschale. Bei Kindern und Jugendlichen ist diese höher als bei Erwachsenen. Hinzu kommen Zusatzentgelte, die ebenfalls bei jungen Patienten höher liegen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei der medizinischen Versorgung von Kindern nicht einfach kleine Erwachsene behandelt werden, sondern Kinder anders erkranken und behandelt werden als Erwachsene. Dem Umstand, dass auch die Pflege von kranken Kindern anders und aufwändiger ist, wird bei den Pflegekomplexmaßnahmen-Score Rechnung getragen. Auch hier können die Krankenhäuser zusätzliche Entgelte abrechnen. Dass Kinderkliniken trotz dem nicht immer kostendeckend arbeiten, ist nicht abzustreiten. Vor allem, wenn dort viele so genannte Extremkostenfälle behandelt werden. Diese im DRG-System nicht sachgerecht abgebildeten Leistungen müssen identifiziert und ein Lösungsansatz im DRG-System gefunden werden. Auch der aktuelle Abschlussbericht des Instituts für das Entgeltesystem im Krankenhaus (InEK) zur Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2013 zeigt, dass dieses Problem erkannt ist. Ich höre immer wieder den Satz: „Das DRG-System ist ein lernendes System.“ Dann sollten wir auch daraus lernen.

In unserem Antrag "Kinder- und Jugendgesundheit: Ungleichheiten beseitigen – Versorgungslücken schließen" (Bundestagsdrucksache 17/9059) fordern wir eine Neuaufstellung der Versorgungskonzepte für Kinder und Jugendliche (unseren Antrag finden Sie hier: http://www.baerbelbas.de/themen/politische-schwerpunkte.html ). In diesem Zusammenhang werden wir auch überprüfen, ob das G-DRG-System weiterhin in der Lage sein wird, den notwendigen Bestand an Kinderkliniken zu unterhalten. Aus langjähriger beruflicher Erfahrung im Gesundheitswesen und in der Kommunalpolitik kann ich Ihnen aber auch sagen, dass die Schließung von Kliniken und Abteilungen häufig auf mehr als eine Ursache zurückgeführt werden. Neben der Finanzierung spielen dabei häufig auch strukturelle und regionale Ursachen eine Rolle. Ich sehe diese Entwicklung aber genau wie Sie mit großer Sorge, weil sie nicht nur die tägliche medizinische Versorgung gefährdet, sondern auch über Jahrzehnte aufgebaute Strukturen.

Im oben genannten Antrag fordern wir zudem eine grundsätzliche Stärkung der pädiatrischen Fachrichtungen in der Primärversorgung von Kindern und Jugendlichen. Kinderärzte – in Krankenhäusern, Versorgungszentren und Kinderarztpraxen – müssen flächendeckend erster Ansprechpartner für Eltern und Jugendliche bleiben, oder werden. Ihrer Forderung, dass im Notfall eine Kinderklinik oder ein entsprechendes kindermedizinischen Versorgungszentrum (MVZ) innerhalb von 40 Minuten erreichbar sein muss, schließe ich mich an. Wir sollten aber immer die regionalen Strukturen einbeziehen. Wo zum Beispiel ambulante und stationäre Strukturen parallel existieren, halte ich es für sinnvoller, die sektorenübergreifende Zusammenarbeit zu fördern. Anstatt Sektorengrenzen zu zementieren. Für die von Ihnen genannten Notfälle sind wir aber einer Meinung: Eine maximale Entfernung von 40 Kilometern ist absolut sinnvoll.

Neben der Erreichbarkeit der Notfallversorgung und der stationären Behandlung geht es vor allem um den Ausbau der erfolgreichen Präventionsarbeit, zeitgemäße Instrumente der Früherkennung der so genannten „neuen Morbidität“ und eine Anpassung der Versorgungsstrukturen, Ausbildung und Vergütung an das sich wandelnde Krankheitsspektrum in der Pädiatrie. Als zentrales Instrument zur Sicherstellung einer flächendeckenden pädiatrischen Versorgung sehen wir in der Stärkung der Position der Kinderärztinnen und Kinderärzte als Erstversorger von Kindern und Jugendlichen. Erreichen wollen wir dies durch ihre Integration der Pädiater in bestehende Verträge der hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V.

Sehr geehrte Frau Zelies, auch in meinem Wahlkreis Duisburg I, laut KV eigentlich überversorgt, finden sich Stadtteile, in denen es nur noch einen oder gar keinen Kinderarzt mehr gibt. Hier zeigt sich auf engem Raum, welche Probleme Versorgungsgebiete haben, die aus Sicht der heutigen Versorgungs- und Honorarlogik unattraktiv sind, haben oder bekommen werden. Was wir dagegen tun wollen, können Sie in unserem Positionspapier zur Zukunft der ambulanten Versorgung nachlesen.

Mit freundlichen Grüßen nach Frankfurt

Bärbel Bas

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