Inwieweit halten Sie die gesetzliche Rentenversorgung für gerecht, insbesondere vor dem Hintergrund der Pensionen von Beamten und anderen Modellen wie bspw. in Österreich? Sehen Sie Handlungsbedarf?
Sehr geehrter Herr K.,
finden Sie die gesetzliche Rentenversorgung mit Blick auf Versorgung von Beamten gerecht?
Sehen Sie hier einen Handlungsbedarf?
Pensionsempfänger und privat Versicherte erhalten hierzulande eine deutlich bessere Versorgung im Vergleich zum Durchschnitt, zumal Beamte keine Abzüge für ihre Pension haben und ihre private Krankenversicherung zu 50% vom Staat bezahlt wird.
Dieses System ist weltweit einzigartig, daher stellt sich mir die Frage, ob dieses System einen solchen Mehrwert generiert, dass eine "solche Ungerechtigkeit" lohnt?
Andere Länder (auch Nachbarländer) wie Österreich haben eine einheitliche Rente für alle. Könnten Sie sich ein solches System auch für Deutschland vorstellen, halten Sie so etwas für umsetzbar?
Vielen Dank im Voraus.
Viele Grüße aus Diepholz.
Sehr geehrter Herr G.,
bei der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland und der Beamtenversorgung handelt es sich um zwei verschiedene Alterssicherungssysteme, die auf jahrzehntelangen Traditionen beruhen und unterschiedlichen Entwicklungen unterworfen waren.
Der Staat ist bei den Beamten dem Alimentationsprinzip verpflichtet, wonach der Staat im Gegenzug für die Treue des Beamten für diesen lebenslang amtsangemessen aufkommen muss. Dies hat zur Folge, dass die Pensionen eher der kombinierten Auszahlung der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge entsprechen als allein der der gesetzlichen. Ein Vergleich beider Systeme ist ohne Einbeziehung von Betriebsrenten, zusätzlichen Vergünstigungen auch auf beiden Seiten nur schwerlich möglich.
Zum Beispiel sind Pensionen seit jeher voll steuerpflichtig, während gesetzliche Renten erst seit 2005 in die Steuerpflicht hineinwachsen. Zudem müssen Beamte durch den Abschluss einer privaten Krankenversicherung selbst für den nicht durch die Beihilfe abgedeckten Anteil vorsorgen. Weil die Beiträge nicht einkommensabhängig, sondern risikobezogen sind, erreichen sie daher gerade im Alter oft eine enorme Höhe; dies mindert unterm Strich die Höhe der Bezüge.
Nun stellt sich die Frage, was geschehen würde, wenn die beiden verschiedenen Systeme vereinheitlicht würden.
Wer heute Beiträge an die Rentenversicherung zahlt, erwirbt einen Anspruch auf spätere Leistungen. Leistung und Gegenleistung stehen im direkten Zusammenhang: Jede Beitragszahlung führt zu höheren Ausgaben in der Zukunft. Diese Belastungen müssten vor allem die kommenden Generationen tragen.
Die öffentlichen Haushalte wären durch die Einbeziehung der Rentner so doppelt belastet: Einerseits müssten sie die bestehenden Pensionsansprüche finanzieren, andererseits Beiträge zur Rentenversicherung für die nun dort versicherten Beamten zahlen. Dadurch würden die Personalausgaben nicht sinken. Zudem müsste man die Bruttobezüge erhöhen und zusätzlich Mittel für die Absicherung der zweiten Versorgungssäule bereitstellen.
Sie sprechen das österreichische Steuersystem an. Es stimmt, dass dort Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen. Doch das erklärt den Unterschied der Auszahlungshöhen zwischen Österreich und Deutschland nur zu einem Teil. Ein wichtiger Aspekt ist: Während in Deutschland die Altersrente schon ab 5 Jahren Beitragszahlung gezahlt wird (Wartezeit) sind es in Österreich sogar 15. Das heißt: jemand, der vierzehn Jahre versichert war und Beiträge gezahlt hat, bekommt in Österreich überhaupt keine Rente. Ein weiterer Aspekt ist, dass die arbeitenden Österreicher höhere Beiträge in die Rentenversicherung entrichten und die Abschläge für früheren Renteneintritt größer sind.
Alles in allem ziehe ich daher in Zweifel, ob die Aufnahme der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung der Weisheit letzter Schluss ist und plädiere dafür, die verschiedenen Versorgungssysteme beizubehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Knoerig MdB