Frage an Axel Knoerig von Klaus N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Knoerig,
Die Formulierung des Begriffs Organspendegesetz im Zusammenhang mit Widerpruchlösung ist meines Erachtens irreführend und benennt nicht den Kern der Ermächtigung. Es geht nicht um eine Spende (freiwillige, wohltätige Zuwendung unter Lebenden), sondern um eine Verpflichtung und nicht um ein Organ wie z.B. die Leber, sondern - nach den mir vorliegenden Informationen - um den ganzen Körper mit all seinen Gewebebestandteilen wie z.B. Knochenmehl.
Für Bürgerinnen und Bürger klar nachvollziehbar und verständlich wäre eine kurze und prägnante Formulierung wie: "Rechtliche Grundlage für das - auch vollständige - Zerlegen eines lebenden Körpers von Patientinnen und Patienten inklusive Portionierung in Einzelteile zum Zwecke der Verteilung an andere Patientinnen und Patienten, soweit kein Widerspruch den Explantationsärzten bekannt ist oder gefunden werden kann oder Angehörige ihre Zustimmung hierzu erteilen."
Meine Fragen:
Werden Sie diese begriffliche Aufklärung, zusammen mit Bildern und Beschreibungen der sogenannten Explantation z.B. https://www.welt.de/gesundheit/article161406539/Jemand-muss-sterben-damit-ein-anderer-leben-kann.html, in den Medien (Funk, Fernsehen, Print,..) vornehmen?
Werden Sie nachgelagert an diese Aufklärungskampagne in Ihrer Funktion als Mitglied des Gesundheitsausschusses, eine breite gesellschaftliche Diskussion zu dieser Aufklärung umfassend initiieren und persönlich in Ihrem Wahlkreis moderieren und begleiten?
Sehr geehrter Herr Nieder,
ich danke Ihnen für Ihre Mail vom 21. Dezember 2018, in der Sie kritisieren, dass der Begriff Organspendegesetz im Zusammenhang mit der Widerspruchslösung irreführend ist und nicht den Kern der Ermächtigung benennt.
Dazu möchte ich folgendes erläutern: Der Entwurf der Bundesregierung für das „Zweite Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ wird aktuell im Gesundheitsausschuss beraten. Es hat zum Ziel, durch veränderte Abläufe in Krankenhäusern die Organspendenpraxis effektiver zu gestalten. Dies soll dazu beitragen, dass potenzielle Organspender besser erkannt werden. Dazu wird vor allem die Rolle des Transplantationsbeauftragten in Kliniken gestärkt. Darüber hinaus sollen die Entnahmekrankenhäuser besser vergütet und kleine Entnahmekliniken durch qualifizierte Ärzte unterstützt werden.
Unabhängig zu der Debatte zum oben genannten Gesetzentwurf der Bundesregierung haben die Abgeordneten des Bundestag in einer zweieinhalbstündigen ergebnisoffenen Orientierungsdebatte über die Frage beraten, wie in der Bevölkerung mehr Menschen dazu gebracht werden können, sich nach ihrem Tod als Organspender zur Verfügung zu stellen und damit Leben zu retten. Der Fraktionszwang wurde für diese Debatte aufgehoben. Derzeit liegen noch keine Gesetzentwürfe oder Gruppenanträge offiziell vor. Eine Entscheidung in der Sache wird für dieses Jahr erwartet.
Wie Sie sicher wissen, gilt in Deutschland derzeit die sogenannte Entscheidungslösung. D.h. ohne Zustimmung der betreffenden Person zu Lebzeiten ist eine Organentnahme nicht zulässig. In zahlreichen anderen europäischen Ländern gilt die sogenannte Widerspruchslösung. Wer nicht will, dass nach seinem Tod Organe entnommen werden, muss dies zu Lebzeiten dokumentieren. Andernfalls können Organe entnommen werden. In einigen Ländern ist hier auch noch ein Einspruchsrecht der Angehörigen vorgesehen, falls die betreffende Person zu Lebzeiten keine Entscheidung dokumentiert hat.
Ich bin mir sicher, dass es in den nächsten Wochen und Monaten intensiv diskutiert wird, ob die Entscheidungslösung beibehalten oder die Widerspruchslösung, ggf. auch die doppelte Widerspruchslösung eingeführt wird. Auch ich werde mir zu diesem Thema eine Meinung bilden und diese mit anderen in meinem Wahlkreis diskutieren.
Unabhängig davon, muss die Bevölkerung noch besser über das Thema Organspende informiert werden. Ferner müssen wir dazu übergehen, den Menschen, die ihr Organ spenden, und ihren Familien den gebührenden Dank und Anerkennung entgegenzubringen. Denn durch eine breite politische und gesellschaftliche Anerkennung der Organspende kann das Thema noch besser in der Gesellschaft etabliert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Knoerig MdB