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Awet Tesfaiesus
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Frage von Stefan K. •

Wie stehst Du zur Desiderius-Erasmus-Stiftung??

Sehr geehrte Frau Tesfaiesus, liebe Awet!
Einen lieben Gruss aus Kassel! Wir haben es nicht vergessen, dass Erika Steinbach noch vor dem Mord an Walter Lübcke in den Sozialen Medien Stimmung gegen den Kasseler Regierungspräsidenten machte.
Mein Frage: Wie stehst Du zur Desiderius-Erasmus-Stiftung??
Was kannst Du unternehmen, um diese zu verhindern??

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Vielen Dank für Ihre Frage.

Die Institution der politischen Stiftungen ist ein im internationalen Vergleich ungewöhnliches aber bewährtes Instrument zur politischen Bildungsarbeit, Entwicklungszusammenarbeit und Studierendenförderung. Die politischen Stiftungen sind zwar parteinah, aber dennoch unabhängig (siehe auch Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1986). Ihre Finanzierung besteht fast vollständig aus Haushaltsmitteln, insbesondere aus sog. Globalzuschüssen. Bisher gibt es kein eigenständiges Gesetz, um die Finanzierung langfristig zu regeln, aber nach gängiger Praxis ist eine politische Stiftung zuwendungsberechtigt, wenn die ihr nahestehende Partei zwei Mal in Folge in den deutschen Bundestag mit Fraktionsstärke eingezogen ist. Solange nur demokratische Parteien im Bundestag vertreten waren, war dies wenig problematisch. Beispielsweise, die uns nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung leistet wertvolle Arbeit.

Leider hat es die AfD nunmehr geschafft, zwei Mal in Folge in den Bundestag einzuziehen und macht Ansprüche auf die Gelder geltend. Auch wenn das Prinzip der Chancengleichheit der Parteien elementar ist, sehen wir diese Finanzierung äußerst kritisch.

Denn Maßgabe für die Arbeit der Stiftungen ist die aktive Unterstützung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Mit der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung haben wir es mit einer Stiftung zu tun, die unsere Grundordnung in Frage stellt und jetzt für ihren ideologischen Kampf gegen die Demokratie auch noch Steuergelder haben will. Teile der ihr nahestehende Partei werden nicht umsonst vom Verfassungsschutz beobachtet. Zahlreiche Stimmen aus der Zivilgesellschaft warnen vor dem Vernetzungsangebot für Rechtsradikale, das die Stiftung bietet. Sie arbeitet in rechtspopulistisch und rechtsextremistisch geprägten Kreisen. Die von Ihnen erwähnten Äußerungen von Erika Steinbach sollen genau diese Klientel ansprechen.

Wir haben jetzt bei den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2022 durchgesetzt, dass „Globalzuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit nur politischen Stiftungen gewährt werden, die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“.

Da bei der Desiderius-Erasmus-Stiftung begründete Zweifel an der Verfassungstreue von Organen und einzelnen Beschäftigten bestehen, dürfen diese Globalzuschüsse nun nicht ausgezahlt werden.

Wir haben der Desiderius-Erasmus-Stiftung damit einen temporären Riegel vorgeschoben. Als Rechtspolitikerin kann mich diese provisorische Lösung allerdings nicht zufrieden stellen. Uns demokratischen Parteien ist seit langen bekannt, dass die AfD einen Anspruch auf finanzielle Förderung ihrer parteinahen Stiftung haben könnte (siehe auch die „Kleine Anfrage“ an die Bundesregierung https://dserver.bundestag.btg/btd/19/326/1932651.pdf). Leider hat die große Koalition unter der Leitung des CSU-geführten Bundesinnenministeriums versäumt eine Rechtsgrundlage für die Stiftungsfinanzierung zu schaffen. Initiativen wie der Entwurf „Wehrhafte-Demokratie-Gesetz“ des ehemaligen Grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck fanden keine Unterstützung.

Da die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt hat, warten wir nun das Urteil ab, bevor wir weitere Schritte unternehmen. Unser Ziel ist dabei klar: Wir müssen verhindern, dass rechtsradikales Gedankengut mit Hilfe von Steuergeldern verbreitet wird.

Herzliche Grüße

Awet Tesfaiesus

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