Ates Gürpinar
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DIE LINKE
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Frage von Robert W. •

Frage an Ates Gürpinar von Robert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gürpinar,

meine Recherchen haben ergeben, dass Sie sich mit Katja Kipping und Nicole Gohlke, mit Aktionen wie "Partei in Bewegung" und "Bewegungslinke", vehement gegen Sahra Wagenknecht und auch die Idee einer Sammlungsbewegung positionieren. Nun zeigt aber das Bild einer Veranstaltungsankündigung, der Veranstaltung mit Sahra Wagenknecht auf dem Marienplatz in München am 13. September 2018, wie Sie Sahra Wagenknecht quasi "aus der Schulter wachsen".

Haben Sie Ihre Positionierung gegenüber Sahra Wagenknecht und auch gegenüber der Idee einer Sammlungsbewegung geändert, oder nutzen Sie nur opportunistisch oder wahlstrategisch den Windschatten einer sehr populären Politikerin wie Sarah Wagenknecht?

Wenn Sie in den Bayerischen Landtag gewählt werden sollten, positionieren Sie sich dann eher differenziert wie eine Sarah Wagenknecht, oder eher wie die "No borders, no nation"-Fraktion in Ihrer Partei?

Besten Dank im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen.

R. W.

Ates Gürpinar
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihre Frage, vielen Dank aber vor allem an Ihrem offensichtlichen Interesse für unsere Partei. Es ehrt mich, dass Sie das Geschehen so direkt verfolgen.
In den Details helfe ich gerne. Ich trete als Spitzenkandidat der bayerischen LINKEN selbstverständlich mit der bundesweiten Prominenz auf. Und ich bin dankbar dafür, dass mit Bernd Riexinger, Bodo Ramelow, Dietmar Bartsch, Gregor Gysi, Katja Kipping, Klaus Ernst und Sahra Wagenknecht unsere Prominenz verstärkt nach Bayern kommt. Ich trete erstens nicht nur in München mit Frau Wagenknecht auf – auch in Aschaffenburg und Passau freue ich mich auf sie –, zweitens kommt beispielsweise auch Herr Gysi nach München – und zwar am 3. Oktober. Auch hier bin ich dabei. Selbstverständlich nutzen wir auch seine Prominenz – das begreife ich nun nicht als opportunistisch, sondern als sehr opportun. Unsere ‚Bundespromis‘ wissen: Ein Einzug der LINKEN in den bayerischen Landtag ist in Zeiten des Rechtsrucks der Beginn einer wirklichen Veränderung in der Gesellschaft – und das 100 Jahre nach Ausrufung des Freistaates Bayern durch einen Sozialisten, durch Kurt Eisner. Welch ein Zeichen, wenn eine Partei in den Landtag einzieht, die ‚Mehr für die Mehrheit‘ fordert. Daher haben sich alle Zeit genommen, um zu uns nach Bayern zu kommen.
Und dies eröffnet auch das zweite Detail: In der LINKEN gibt es unterschiedlichste Strömungen, die diverse Strategien entwickeln, wie die Mehrheit in dieser Gesellschaft profitiert. Während das Projekt von Frau Wagenknecht insbesondere enttäuschte und abgetauchte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ansprechen möchte, gehen andere auf die Straße oder in die Betriebe: Mir ist es daher sehr wichtig, mit dem Volksbegehren ‚Stoppt den Pflegenotstand an Bayerns Krankenhäusern‘ genau dort zu wirken. Alle diese Strömungen machen für DIE LINKE Wahlkampf in Bayern.
Sie irren sich in einem dritten Detail: Die von Ihnen angesprochene Differenz ‚Partei in Bewegung‘ war keine, im Gegenteil: Dies war der Titel des verabschiedeten Leitantrags unseres Parteitages 2018, der durch alle Strömungen hinweg breiten Anklang fand. Hierin enthalten war auch eine einmütig beschlossene Passage zu Geflüchteten, der ich mich anschließe. Sie finden diesen und weitere Anträge hier: https://www.die-linke.de/partei/parteistruktur/parteitag/leipziger-parteitag-2018/
Leider führen Sie nicht aus, was sie als differenziert begreifen. Im Gegensatz zu anderen Parteien haben wir weite Einigkeit in der gegenwärtigen Debatte – siehe unser Beschluss: Wir wollen nicht, dass Menschen fliehen müssen, da sie das aber müssen, muss ihnen geholfen werden. Also halten wir es erstens für sehr realistisch und menschlich geboten, Menschen zu helfen, die zu uns fliehen. Wir halte es zweitens für realistisch und notwendig, Fluchtursachen zu bekämpfen, also Waffenexporte zu verbieten und verbrecherische Handelsabkommen abzuschließen. Wir halten es für drittens realistisch, allen Menschen in dieser reichen Gesellschaft eine soziale Sicherheit zu geben, unabhängig davon, ob sie schon immer hier leben oder gerade erst zu uns gekommen sind – übrigens nicht nur hier, sondern auch in anderen Gegenden auf der Welt.
Realistisch ist es dann, wenn wir alle uns dafür stark machen.
Wir haben darüber hinaus viele Debatten innerhalb der Partei, die ich für sehr differenziert halte und die auf höchstem Niveau stattfinden. Falls Sie undifferenzierte Meinungsäußerungen suchen, empfehle ich Ihnen Herrn Palmer von den Grünen oder Herrn Sarrazin von der SPD – oder die anderen Parteien rechts davon.
Für Linke sehr unrealistisch und gleichzeitig unmoralisch empfinde ich den Versuch, Menschen mit allen Mitteln aufzuhalten, die zu uns fliehen wollen. Es ist fernab der Realität für mich deswegen, weil diese Menschen es dennoch versuchen werden – die Not ist dafür vor Ort zu groß. Sie sterben auf dem Weg oder werden mit unmoralischen Abkommen wie beispielsweise der Türkei zu unmenschlichen Bedingungen festgehalten. Wir LINKE wollen das nicht – und auch hier sind sich übrigens alle sehr einig in unserer Partei.
Abschließend möchte ich Ihnen dann noch den Hinweis geben, dass es schwierig bis unmöglich ist, als LINKER in Bayern opportunistisch zu sein – da werden Sie fündig bei den Mitgliedern der CSU oder bei denen, die im Zweifel mit der CSU koalieren.

Es grüßt herzlich,
Ates Gürpinar

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