Frage an Astrid Mannes von Stefan N. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Sehr geehrte Frau Mannes,
zwei Fragen zur Transparenz:
1) warum kann ich nicht transparent einsehen, ob mein Arzt Zuwendungen von der Pharma-Industrie erhält? Soweit ich informiert bin, passiert das nur auf Freiwilligkeit der Ärzte. Das macht für mich keinen Sinn. Können Sie mir das bitte erklären?
2) Warum ist nicht transparent, wann wo und wieviel Pestizide ein Landwirt sprüht? In Kalifornien stehen diese Daten der Forschung zur Verfügung. So können Zusammenhänge erkannt werden, zum Beispiel zu einer höheren Rate von Missgeburten.
Ich würde gerne wissen, was auf dem Feld neben meinem Haus versprüht wird. Bitte um Ihre persönliche Stellungsnahme.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Stefan Neufeld
Sehr geehrter Herr Neufeld,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch.de
Zahlungen von Pharmaunternehmen an Mediziner sind in der Tat sehr umstritten. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass Ärzte, die Gelder von den Pharmakonzernen annehmen oder sich einladen lassen zu Kongressen und anderem, häufiger zum Rezeptblock greifen und zudem teurere Medikamente verordnen.
Es gibt daher inzwischen eine öffentliche Datenbank von Correctiv, in die sich die Ärzte mit den Angaben zu ihren "Pharma-Honoraren" eintragen lassen können.
Bei Ärzten, die nicht in der Datenbank stehen, kann dies bedeuten, dass der entsprechende Arzt bzw. die Ärztin kein Geld erhalten hat. Es kann aber auch bedeuten, dass er/sie keine Interesse an dem Bekanntwerden seiner/ihrer Pharma-Honorare hat und einer Veröffentlichung widersprochen hat. Damit weiß ein Außenstehender also nicht, ob er oder sie keine finanziellen Beziehungen zur Pharmaindustrie hat, oder ob seine/ihre finanziellen Vorteile nur nicht bekannt werden sollen.
Viele Ärzte lassen sich inzwischen sehr gerne mit dem Eintrag "null Euro" in die Datenbank aufnehmen, will ihnen die Transparenz wichtig ist und sie mit ihrem Verhalten, kein Geld von Pharmakonzernen anzunehmen, gerne werben.
Der Bürger bzw. der Patient hat also die Möglichkeit, über die Datenbank die Angaben zu seinem Arzt einzusehen oder bei seinem Arzt/seiner Ärztin direkt nachzufragen. Er kann auch seinen Arzt danach aussuchen, ob dieser freiwillig Angaben veröffentlich oder auf Anfrage des Patienten Auskunft erteilt.
Es gibt zudem einen Transparenzkodex, zu dem sich die Mitgliedsunternehmen des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller (vfa) und des Vereins Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie (FSA) verpflichtet haben. Durch diesen Kodex sind die Mitgliedsunternehmen von vfa und FSA verpflichtet, ihre Gesamtleistungen an Ärzte und medizinische Einrichtungen bis zum 30. Juni eines Jahres zu veröffentlichen. Wenn Ärzte einverstanden sind, werden Fortbildungsleistungen dabei namentlich veröffentlicht.
Eine Namensnennung von Ärzten ohne deren Zustimmung ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.
Zur zweiten Frage:
Der Landwirt ist an die Düngemittelverordnung gehalten.
So darf z.B. Gülle nicht zu jeder Zeit auf die Flächen ausgebracht werden. Es gibt eine Sperrfrist. Die Komme hat die Möglichkeit, in einer Ortssatzung einen zusätzlicher Rahmen zu schaffen und beispielsweise die Ausbringungszeiten der Gülle zu beschränken.
Vor der Ausbringung von Gülle oder anderen Stoffen ermittelt der Landwirt, welche Nährstoffe noch im Boden sind und welche nachgedüngt werden müssen. Das, was die Düngebedarfermittlung ergibt, wird gedüngt.
In Regionen mit erhöhten Auflagen muss ab August 2019 vor dem Aufbringen der Gülle zudem eine Nährstoffanalyse durchgeführt werden.
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Bereits im Jahr 2013 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) beschlossen. Dieser enthält Ziele, Maßnahmen und Indikatoren, mit denen die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verbundenen möglichen Risiken weiter reduziert werden.
Das der NAP Wirkung zeigt, kann man dem im August 2020 veröffentlichten Jahresbericht zur Absatzmenge von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland entnehmen. So ist die Absatzmengen für Pflanzenschutzmittel im Jahr 2019 noch einmal niedriger ausgefallen als in den Vorjahren. Im Vergleich zum Jahr 2018 sank die Menge an verkauften Pflanzenschutzmitteln um 6,7 Prozent Das ist der niedrigste Wert bezogen auf die vergangenen 20 Jahre. Auch die Absatzmenge für den Wirkstoff Glyphosat ging im Jahr 2019 noch einmal zurück - um 11,3 Prozent. Damit wird der generelle Abwärtstrend seit 2011 bei Herbizide im Allgemeinen und bei Glyphosat im Speziellen bestätigt.
Unabhängig davon gilt festzuhalten, dass die Hauptaufgabe der Landwirtschaft die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren, qualitativ hochwertigen, vielfältigen und bezahlbaren Nahrungsmitteln ist. Dies geht nur mit innovativen Pflanzenschutzmitteln.
Nutzen Sie doch die Gelegenheit, den Bauern in ihrer Nachbarschaft einmal aufzusuchen und über die Frage, wie viele Pestizide er ausbringt, ins Gespräch zu kommen.
Mit freundlichem Gruß
Astrid Mannes