Wie stehen Sie zur Problematik einer möglichen Einschränkung der Messenger-App Telegram?
Sehr geehrter Herr Zorn,
Ihre SPD-Kollegin und Innenministerin Faeser fordert vor dem Hintergrund von Berichten über Hassnachrichten im Messengerdienst Telegram die Appstoreanbieter Google und Apple auf, Telegram nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Wie sehen Sie diese Forderung
a) als Digitalisierungsexperte einer Partei, die Telegram selbst nutzt und eigentlich für Datenschutz und digitale Vielfalt einsteht?
b) als Kenner der Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Politik, mit Blick auf die Bedeutung von Telegram für die Vernetzung z.B. der Opposition in Russland oder Belarus mit der jeweiligen Diaspora in Deutschland?
Wie bringen Sie Ihre Positionen in der SPD Fraktion sowie im Ausschuss für Digitales ein?
Mit besten Grüßen,
YM
Sehr geehrter Herr M.,
in der Tat sind mir sowohl digitale Vielfalt als auch Datenschutz sehr wichtig. So wie ich natürlich auch weiß, welche wichtige Rolle Telegram und soziale Medien generell, speziell in Ländern mit eingeschränkter Meinungs- und Pressefreiheit, spielen.
Auf der anderen Seite ist aber das Problem, welches die Bundesinnenministerin Nancy Faeser angesprochen hat, ebenfalls ein sehr wichtiges und drängendes Thema. Es ist leider eine Tatsache, dass gerade über Telegram in besonderem Maß Volksverhetzung, Hassreden, Falschinformationen, Beleidigungen und sogar Aufrufe zu Straftaten verbreitet werden. Diese Dinge sind offline strafrechtlich relevant und verboten, zurecht wie ich meine. Auch die online-Welt darf kein rechtsfreier Raum sein, in dem übelste Hasspropaganda verbreitet wird. Gerade das Beispiel Telegram zeigt ja, wie schwierig es ist, solchen Auswüchsen beizukommen: Der Sitz des Unternehmens ist in Dubai und es reagiert nicht einmal auf die Kontaktversuche deutscher Behörden, selbst wenn es sich um schwerste Fälle von Volksverhetzung, Rassismus und Aufrufe zu Gewaltverbrechen handelt.
Meiner Meinung nach brauchen wir dringend eine gesellschaftliche Debatte wie wir diesen Mißständen wirksam begegnen können. Daher bin ich der Bundesinnenministerin dankbar dafür, dass sie diese Debatte angestoßen hat und auch, dass sie gerade bei Rechtsradikalen, die ja für Dutzende von Morden in den letzten Jahren in Deutschland verantwortlich sind (ich erinnere nur an Hanau), eine sehr klare Haltung hat. Lassen Sie uns also nicht das Pferd von hinten aufsatteln, sondern jetzt erst einmal darüber diskutieren, wie wir auf rechtsstaatliche Weise etwas gegen die Mißstände, die es bei Telegram und ähnlichen Messengerdiensten ja gibt, tun können. Sollten Sie hier Vorschläge haben, sind wir im Bundestag und die Bundesregierung für jede Anregung dankbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Armand Zorn, MdB